Frauenhandball

Von Hadersleben auf die internationale Handball-Bühne

Von Hadersleben auf die internationale Handball-Bühne

Von Hadersleben auf die internationale Handball-Bühne

Hadersleben/Bietigheim
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Annika Meyer ist für Bietigheim auch schon in der Champions League zum Einsatz gekommen. Foto: Imago/Marco Wolf/Ritzau Scanpix

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Annika Meyer ist mitten in ihrer Karriere bei einem der absoluten Top-Clubs Europas gelandet. In Bietigheim lernt sie von den Allerbesten – und bereitet sich auf eine Zukunft ohne Handball vor.

Die Haderslebenerin Annika Meyer spielt seit diesem Sommer Handball mit den ganz Großen. Die ehemalige Jugendspielerin von SønderjyskE stand bereits in der dänischen Nationalmannschaft, spielte für Kopenhagen und Aarhus in der dänischen Handballliga sowie dem Thüringer HC, Buxtehude und Oldenburg in der deutschen Bundesliga, doch nun ist die Kreisspielerin beim SG Bietigheim gelandet. Ein absoluter Top-Club im internationalen Handball.

Eigentlich hatte die 28-jährige Profi-Handballerin bereits im Kopf mit der Bundesliga abgeschlossen. Die Zeit beim Thüringer HC endete ein Jahr vor Vertragsende. Annika Meyer wollte weiter – entweder zu einem neuen, spannenden Club oder in eine interessante Stadt.

Spitzenclub meldete sich

Dass sich dann ausgerechnet einer der absoluten Spitzenclubs in Europa bei ihr meldete, kam auch für sie etwas überraschend. Dabei hatte sie Glück im Unglück.

„Bietigheim hatte wegen Verletzungen nur eine Kreisläuferin, und zu dem Zeitpunkt der Vorbereitung gab es nicht so viele freie Kreisspielerinnen auf dem Markt“, erklärt Annika Meyer ihr Glück.

Annika Meyer im Dress von Aarhus United, bevor sie zum Thüringer HC wechselte. Foto: Henning Bagger, Ritzau Scanpix

Unbesiegter Top-Club

Die SG Bietigheim dominiert nicht nur die deutsche Bundesliga, sondern ist auch in der laufenden Champions League Saison nach fünf Spielen noch unbesiegt.

„Ich kannte die Mannschaft als Gegner – die haben uns einfach überlaufen, wobei wir schon ein recht starkes Team waren. Bietigheim kann immer wieder einen Gang zulegen. Das macht die Mannschaft so stark“, erzählt Meyer von ihren Begegnungen zwischen dem Thüringer HC und ihrem neuen Verein.

Im Training gefordert

Bietigheim spielt in der Bundesliga, gewissermaßen in ihrer eigenen Liga, und das merkt die Haderslebenerin auch beim Training.

„Ich stehe jetzt internationalen Stars wie Karolina Kudlacz oder Kelly Dulfer gegenüber und werde daher im Training jedes Mal gefordert. Das ist schon ein riesiger Unterschied zu den Clubs, in denen ich bisher war, aber ich habe daraus gelernt und entwickle mich ständig weiter“, sagt die 28-jährige Kreisspielerin.

In der ersten Zeit musste sie sich erst zurechtfinden. Sowohl im Angriff als auch in der Abwehr spielt Bietigheim andere Systeme, als Meyer es gewohnt war. Da mussten Laufwege und Abstimmung gelernt werden.

In Bietigheim gut angekommen

„Ich fühle mich beim Verein sehr gut aufgenommen. Es ist alles sehr professionell und gut organisiert. Wir haben intelligente und sehr tüchtige Trainer, die dafür sorgen, dass wir vor jedem Spiel einen Plan haben und top vorbereitet sind“, sagt Annika Meyer.

Das Ergebnis sieht man in den Statistiken: Bietigheim ist derzeit seit 62 Spielen in der Bundesliga und im europäischen Handball unbesiegt.

Spielzeit in der Bundesliga

„Irgendwie bin ich schon sehr dankbar, dass ich das erleben darf. Es sind nur ganz wenige Handballerinnen, die in ihrer Karriere die Möglichkeit bekommen, in solchen Topklubs zu spielen. Aber ich hoffe auch, dass ich mit meinen Qualitäten beitragen kann“, sagt Meyer.

In den Bundesliga-Spielen teilen sich die Kreisspielerinnen meistens die Spielzeit, während Meyer in der Champions League nicht ganz so viel Spielzeit bekommen hat. Im Spiel gegen Ferencváros aus Ungarn erzielte sie allerdings drei Tore.

„Wenn ich Spielzeit in der Champions League bekomme, dann genieße ich meine Zeit auf dem Spielfeld und habe Spaß daran, denn natürlich will man nicht nur auf der Bank sitzen, sondern auch Handballspielen und zum Team beitragen können“, erklärt Meyer.

Ausbildung als Ausgleich

Mit ihren 28 Jahren steht Annika Meyer praktisch mitten in ihrer Karriere. Wie die meisten Profi-Sportlerinnen und Sportler denkt sie aber auch über die Zeit nach dem Handball nach. Die ausgebildete Physiotherapeutin hat im vergangenen Jahr eine Fern-Ausbildung als Betriebswissenschaftlerin (Handelsøkonomi) begonnen.

„Zum einen gibt mir das – kombiniert mit meinen Sprachen Deutsch, Dänisch und Englisch – eine Zukunftsperspektive. Es ist aber auch ein Ausgleich im Alltag, wo wir Sonntag, Mittwoch, Sonntag spielen und dazwischen trainieren oder reisen. Es ist wichtig, auch etwas anderes neben dem Handball zu haben“, so die Haderslebenerin.

Dänische Team-Kollegin

Pausen gibt es nur wenige im Laufe einer Handballsaison, und auch die Freizeit ist als Profi-Sportlerin mit mehreren täglichen Trainingseinheiten und Spielen mehr oder weniger getaktet.

„In der Freizeit trifft man sich mit seinen Mitspielerinnen, genießt die Stadt, die etwa so groß ist wie Hadersleben, oder bekommt gelegentlich Besuch von der Familie“, erzählt die Handballerin, die auch eine dänische Mitspielerin hat, die Nationalspielerin Trine Østergaard.

„Das ist ganz schön, dass man zwischendurch mit jemandem Dänisch reden kann“, sagt sie.

Ein weiteres Mal für Dänemark?

Bei Länderspiel-Wochen oder internationalen Meisterschaften bleibt ihr Zeit, Kräfte zu tanken. Die meisten ihrer Mitspielerinnen reisen dann zu ihren Nationalmannschaften zurück, während Annika Meyer mit einigen wenigen Spielerinnen in Bietigheim bleibt.

Meyer hat zwar schon für das dänische Nationalteam gespielt, doch im Augenblick sind die Plätze am Kreis durch starke Spielerinnen besetzt.

„Da gibt es gerade wenig Aussichten“, sagt Meyer, die allerdings noch eine Weile Handball auf hohem Niveau spielen möchte, bevor sie daran denkt, in die Heimat zurückzukehren.

Ihre Chance liegt daher darin, dass sie einige Jahre jünger ist als die jetzigen Nationalspielerinnen – vielleicht öffnet sich später ein Platz für sie.

„Ich würde nicht nein sagen, wenn der Nationaltrainer anruft“, sagt sie.

Wer weiß? Vielleicht wird noch ein Traum auf dem internationalen Parkett wahr für die 28-jährige Haderslebenerin.

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