Handball

Schiedsrichter mit Leib und Seele

Schiedsrichter mit Leib und Seele

Schiedsrichter mit Leib und Seele

Hadersleben/Haderslev
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Lasse Wahlstrøm in einem Frauen-Liga-Spiel zwischen SønderjyskE und Skanderborg. Foto: Karin Riggelsen

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Der aus Wilstrup stammende Lasse Wahlstrøm pfeift bereits im vierten Jahr in den beiden besten Handballligen Dänemarks. Der 26-Jährige investiert viel Zeit in seine Schiedsrichter-Karriere und träumt von internationalen Aufgaben.

Zehn Jahre lang hat er nur einen Steinwurf entfernt von „Næshallen“ in Kelstrup gewohnt und hat wie viele Kinder in der Nachbarschaft selbst Handball gespielt. Doch früh war ihm klar, dass eine andere Rolle auf dem Spielfeld für ihn noch faszinierender war.

„Als ich jünger war, habe ich selbst Handball gespielt, aber ich fand es immer schon fantastisch, dass da einer stand, der auf dem Spielfeld das Sagen hatte. Dazu hatte ich auch Lust, und ich bin nach einem Spiel in der Næshalle einfach zum Schiedsrichter gegangen und habe gefragt, wie man Schiedsrichter wird. Ich habe 2009 mit 13 Jahren den ersten Schiedsrichter-Kurs belegt, habe bei den U9- und U12-Mannschaften begonnen und bin dann schnell aufgestiegen“, sagt Lasse Wahlstrøm zum „Nordschleswiger“.

Internationale Träume

Der Aufstieg ist steil gewesen. Im Alter von 26 Jahren pfeift der aus Wilstrup (Vilstrup) stammende und in Hadersleben (Haderslev) lebende Schiedsrichter bereits in seiner vierten Saison in der dänischen Liga. Mit dem Erreichen des höchsten Niveaus auf nationaler Ebene soll aber keineswegs Schluss sein. Mit seinem festen Partner Jonas Primdahl peilt er internationale Aufgaben an.

„Das ist der nächste Schritt für uns. Wir sind als EHF-Schiedsrichter vorgeschlagen worden, und wir hoffen, dass es im Sommer klappt. Wenn wir in der restlichen Saison schlecht pfeifen, können wir es vergessen, aber es sieht vielversprechend aus. Das ist unser erstes Erfolgskriterium, und danach wollen wir uns auf der europäischen Bühne präsentieren“, so Lasse Wahlstrøm, der später auch vom Aufstieg zum IHF-Schiedsrichter und von Endrunden-Teilnahmen träumt.

Der 26-Jährige ist mit Leib und Seele Schiedsrichter und investiert schon seit Jahren sehr viel in seine Karriere. Bereits in seiner Jugend in der Næshalle ist er beim Training der verschiedenen Mannschaften aufgetaucht und hat gefragt, ob er in der letzten halben Stunde der Trainingseinheit die Schiedsrichter-Rolle übernehmen konnte.

 

 

 

 

Lasse Wahlstrøm pfeift schon seine vierte Saison in der Liga. Foto: Karin Riggelsen

„Ich habe mit 16 oder 17 Jahren mit dem Handballspielen aufgehört und hatte nur noch den Fokus auf die Schiedsrichter-Rolle. Ich bin sogar von meinen Jobs bei McDonalds und bei Sport24 entlassen worden, weil ich an den Tagen, wo ich Spiele leiten durfte, dann eben nicht arbeiten konnte. Das wäre eine miese Geschichte gewesen, wenn ich es als Schiedsrichter nicht weit gebracht hätte“, meint der Haderslebener.

Es ist weiterhin schwer, die Schiedsrichter-Karriere, Fulltime-Job und Familie unter einen Hut zu bekommen. Der 26-Jährige arbeitet Vollzeit bei „Tryg Forsikring“, als Schreibtischermittler in der Abteilung, die Versicherungsschwindel bekämpft.

Jeden Tag Training 

„Ich habe meine Frau in Aarhus kennengelernt, aber wir sind nach Hadersleben zurückgekehrt, wo auch sie herkommt. Wir haben noch keine Kinder, aber wenn sie kommen, ist es schön, die Großeltern in der Nähe zu haben“, sagt Lasse Wahlstrøm auch mit Blick auf die vielen Reiseaktivitäten, nicht nur bei nationalen, sondern auch bei internationalen Aufgaben.

„Viele denken, dass Schiedsrichter einmal am Wochenende zu einem Spiel fahren, dies leiten und dann wieder nach Hause fahren. Es werden weitaus mehr Stunden investiert. Ich trainiere jeden Tag eine bis eineinhalb Stunden, außer an Spieltagen, wo ich nur einen Spaziergang mache. Ansonsten laufe ich oder bin im Fitnessstudio“, so der Schiedsrichter: „Bei einem Liga-Spiel sind wir spätestens zwei Stunden vorher da, schauen uns einige Videoausschnitte an, die wir vorbereitet haben, damit wir unsere Aufmerksamkeit auf einige Sachen richten, die im Fokus stehen. Wir bereiten uns darauf vor, wie die Mannschaften in der Deckung stehen oder auch auf einige ,Unruhestifter’, die wir im Auge behalten müssen. Und nach den Spielen schauen wir wieder bis zu zwei Stunden Video.“

Für ihn hat sich der große Aufwand bislang gelohnt.

„Wir müssen auf vieles verzichten, sagen regelmäßig Hochzeiten und Geburtstage ab, aber ich habe es keineswegs bereut. Wir werden für die Spiele gut entlohnt, aber wenn man den Stundenlohn ausrechnet, ist es dann doch nicht so viel. Ich mag es aber und brenne dafür“, sagt Lasse Wahlstrøm.

Schwere Vorwürfe

Schiedsrichter sein ist oft ein undankbarer Job, doch unangenehm ist der Job eher selten gewesen.

„Trainer und Spieler dürfen sich beschweren und auch manchmal ein wenig zu weit gehen. Das ist Big Business, und hier stehen Jobs auf dem Spiel. Dafür habe ich Verständnis. Die dürfen gerne sagen, dass wir schlecht sind, und manchmal haben sie auch recht. Aber sie dürfen nie unsere Neutralität infrage stellen“, meint Wahlstrøm und zieht ein Beispiel aus der vergangenen Saison heran: „Wir haben es erst nach dem Spiel mitbekommen, dass ein Trainer in einem TV-Spiel während einer Auszeit gesagt hat, dass die Schiedsrichter uns bewusst verpfeifen. Das ist das Schlimmste, was man einem Schiedsrichter vorwerfen kann. Wir sind neutral. Es muss fairerweise gesagt werden, dass der Trainer sich nachher entschuldigt hat. Er war mit unseren Entscheidungen nicht einverstanden, aber er hat Größe gezeigt und sich dafür entschuldigt, dass er dieses Wort in den Mund genommen hat.“

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