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Grenz-Gipfel: Zwischen Aufbruch und Resignation

Grenz-Gipfel: Zwischen Aufbruch und Resignation

Grenz-Gipfel: Zwischen Aufbruch und Resignation

Krusau/Kruså
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Jørgen Møllekær (links) und Gwyn Nissen moderierten das Gipfeltreffen an der Grenze. Foto: Karin Riggelsen

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Am Donnerstagabend hatten die beiden Minderheitenparteien SSW und SP zum „Gipfeltreffen an der Grenze“ geladen. Der Tenor: Die Grenzkontrollen müssen weg oder zumindest verändert werden, denn sie belasten Pendelnde und Grenzlandbewohnerinnen und -bewohner. Eine Frage blieb unbeantwortet.

„Die Grenzkontrollen sind altmodisch und gehören abgeschafft", sagte Rainer Naujeck, kommissarischer Chef der Schleswigschen Partei (SP), in seinen einleitenden Worten im Hotel des Nordens, wo sich gut 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer eingefunden hatten, um über die Kontrollen an der deutsch-dänischen Grenze zu sprechen. „Absurd“ nannte Stephan Kleinschmidt (SP), Vizebürgermeister von Sonderburg und Dezernent im Flensburger Rathaus, die „temporären permanenten“ Kontrollen. Dies sei ein Widerspruch in sich. Seiner Auffassung nach erzielen die Kontrollen keinen großen Effekt. Sybilla Nitsch vom Südschleswigschen Wählerverband (SSW), sprach im Hinblick auf die seit 2016 existierenden Grenzkontrollen vom „schlimmsten Sommer“ in diesem Jahr.

 

Stephan Kleinschmidt und Sybilla Nitsch unterschreiben die Erklärung. Foto: Helge Möller

Kleinschmidt, der berufsbedingt zwischen Sonderburg (Sønderborg) und Flensburg (Flensborg) pendelt, saß zusammen mit Henrik Frandsen, Parlamentsmitglied der Moderaten und Ex-Bürgermeister der Kommune Tondern, im Podium. Mit dabei: Sybilla Nitsch, Landtagsmitglied des SSW, Susanne Provstgaard, Vorsitzende des Transportcenters Pattburg, Jens Wistoft (Venstre), Vorsitzender des Ausschusses für deutsch-dänische Zusammenarbeit der Region Süddänemark, sowie Thomas Jepsen, Landtagsmitglied der CDU aus dem Wahlkreis Flensburg-Land, der auch die Grenzgemeinden Handewitt und Harrislee umfasst.

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Die Moderation lag in den Händen der beiden Chefredakteure Gwyn Nissen, „Der Nordschleswiger“ und Jørgen Møllekær, „Flensborg Avis“. Komplettiert wurde das Podium durch Karen Melchior, parteiloses dänisches EU-Parlamentsmitglied, und Jan Kristoffersen von den Alternativen auf Christiansborg. Am Ende unterschrieben SSW und SP eine gemeinsame Erklärung, die eine neue Regierung in Kopenhagen dazu auffordert, die stationären Grenzkontrollen einzustellen.

Es wurde noch einmal deutlich: Die Staus in den Sommermonaten, hervorgerufen durch die Kontrollen, belasten die Grenzgemeinden, teilweise lähmen sie Handewitt und Harrislee. Nachdem Jan Køpke Christensen (Neue Bürgerliche) die Kritik an den Kontrollen als „Hysterie“ bezeichnete, gab der Bürgermeister der Gemeinde Harrislee Kontra mit einem Beispiel. Weil alle Straßen voll waren, mussten die Feuerwehrleute der freiwilligen Feuerwehr in ihrem Dienstgebäude ihre Zelte aufschlagen, um alarmbereit zu sein. Der Weg von zu Hause durch die Blechkarawane wäre zu zeitaufwendig gewesen. „Das ist ein Sicherheitsproblem“, so Martin Ellermann. Die Busse aus Flensburg können in Stoßzeiten ihr Ziel an der Grenze nicht erreichen. Thiemo Koch (SSW) aus Ostholstein fragte laut, wie Dänemark sich die Sache eigentlich vorstelle, wenn der Fehmarnbelt-Tunnel fertig ist, der ja die Region zusammenbringen solle.

Die gemeinsame Erklärung von SSW und SP Foto: SSW/SP

Nüchtern fassten Thomas Jepsen von der CDU und Henrik Frandsen von den Moderaten die Situation zusammen. Er sei verärgert, dass er sich um ein Problem kümmern müsse, das nicht notwendig sei, so Jepsen. Doch sei klar, dass Politikerinnen und Politiker südlich der Grenze nur an die Regierung in Kopenhagen appellieren könnten. Mehr könne man nicht tun. Hendrik Frandsens Kopenhagener Beobachtung ist, dass die großen Parteien, Sozialdemokraten und Venstre, immer noch an den Grenzkontrollen hängen, einen Wegfall der Kontrollen sieht er nicht kommen. „Der Weg von Kopenhagen nach Nordschleswig ist länger als der von Nordschleswig nach Kopenhagen“, so Frandsen.

Das Gipfeltreffen an der Grenze fand im Hotel des Nordens statt. Foto: Karin Riggelsen

Jens Wistoft kann nicht recht erkennen, dass die Kontrollen notwendig sind. Für seinen Vorschlag, smartere Methoden und neue Technologie zu nutzen, bekam er viel Unterstützung aus dem Podium und sogar von Jan Køpke Christensen. Welche Technologien denn die Grenzkontrollen schneller machen könnten, darauf ging keiner der Diskutierenden ein. Karen Melchior sah dies als Einzige kritisch. Sie meinte, die Menschen sollten sich darüber Gedanken machen, in welchem Maße sie Überwachung eigentlich wünschten.

 

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