Folketingswahl 2022

Henrik Frandsen und die Politik – eine wilde Geschichte

Henrik Frandsen und die Politik – eine wilde Geschichte

Henrik Frandsen und die Politik – eine wilde Geschichte

Kopenhagen/Tondern
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Henrik Frandsen kann in der Landespolitik vielleicht noch weitere Schritte machen. Foto: Liselotte Sabroe/Ritzau Scanpix

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Als früherer Bürgermeister in Tondern und frischgebackenes Folketingsmitglied hat Henrik Frandsen eine politische Achterbahnfahrt hinter sich. Vielleicht geht die wilde Fahrt aber noch weiter.

Henrik Frandsen hat schon immer mitmischen wollen – in der Politik und in der Landwirtschaft. In beiden Bereichen fühlt er sich gleichwohl zu Hause und sucht den Einfluss.

Es war dennoch eine Überraschung, dass er im Mai 2016 in Tondern Bürgermeister wurde, denn sein Parteikollege Laurids Rudebeck von Venstre war äußerst beliebt und sowohl von politischen Gegnern als auch Freunden hoch respektiert.

Doch Rudebeck stirbt unerwartet an einem Dienstagabend im Mai 2016 in seinem Zuhause, und plötzlich steht Henrik Frandsen an der Spitze seiner Kommune.

Henrik Frandsen
Henrik Frandsen wurde nach dem Tod von Laurids Rudebeck 2016 Bürgermeister in Tondern. Foto: André Thorup (JydskeVestkysten)

Landwirt mit Verantwortung

Der Landwirt aus Scherrebek (Skærbæk) im Norden der Kommune Tondern ist es gewohnt, Verantwortung zu übernehmen. In der Landwirtschaft hat er verschiedene Ehrenämter und bezahlte Posten inne.

„Ich habe Erfahrung aus der Wirtschaft, Organisationen und aus der Kommunalpolitik als Bürgermeister. Jetzt muss ich herausfinden, wie man im Folketing arbeitet. Darauf freue ich mich sehr“, sagte Frandsen am Mittwoch zum dänischen Fernsehen „DR“.

Frandsen ist kurz zuvor darin bestätigt worden, dass er für das dänische Folketing gewählt worden ist. Allerdings nicht für „seine“ Partei Venstre, denn Frandsen und die ehemals liberale Bauernpartei haben sich getrennt.

Showdown auf einem Feld in Aggerschau Foto: Jane Rahbek Ohlsen

Schwierige Trennung

Henrik Frandsen ist nun bei den Moderaten von Lars Løkke Rasmussen gemeinsam mit anderen Venstre-Abtrünnigen.

Wie sein Chef, der frühere Staatsminister, verlässt auch Henrik Frandsen Venstre im Streit. Intern gibt es bei Venstre an der Westküste nämlich den Wunsch, einen anderen Bürgermeister-Kandidaten für die Kommunalwahl 2021 zu finden – obwohl Frandsen vier Jahre zuvor die Wahl für Venstre gewonnen hatte.

Auf einem Feld in Aggerschau (Agerskov) kommt es im Sommer 2020 zum Showdown zwischen Frandsen und Martin Iversen. Wegen Corona ist es eine Drive-in-Veranstaltung für Venstre-Mitglieder. Frandsen geht schließlich geschlagen vom Feld, sitzt aber weiterhin als Bürgermeister im Stadtrat – und will die Macht nicht ohne Weiteres abgeben.

Wahlsieger für einen Abend bei der Kommunalwahl 2021. Doch als Henrik Frandsen am nächsten Morgen wieder aufwacht, ist er nicht mehr Bürgermeister in Tondern. Foto: Jane Rahbek Ohlsen

Frandsens neue Liste und neue Partei

Henrik Frandsen gründet stattdessen die Tønder Liste und stemmt sich bei der Kommunalwahl 2021 gegen seine alte Partei Venstre. Frandsen gewinnt auf den ersten Blick die Wahl mit 29 Prozent der Stimmen und einem überzeugenden persönlichen Wahlergebnis.

Doch eine Mehrheit in Tondern will den alten Bürgermeister nicht und entscheidet sich stattdessen für Jørgen Popp Petersen von der Schleswigschen Partei.

Zweimal innerhalb von 17 Monaten bekommt Henrik Frandsen den Dolchstoß – von Freunden und Feinden.

Henrik Frandsens neue politischen Freunde auf Christiansborg – unter anderem der frühere Regierungschef Lars Løkke Rasmussen Foto: Liselotte Sabroe/Ritzau Scanpix

Mit Wahlerfolg ins Folketing

Am Dienstagabend kandidierte er nun für die Moderaten und holte über 6.000 persönliche Stimmen.

„Das war ein wahnsinniges Erlebnis, mitten im Geschehen dabei zu sein. Es sah lange so aus, als würden wir die Königsmacher werden, aber am Ende wurde es dann doch spannend und hat leider nicht geklappt“, berichtet er „DR“, wie er den Sieg der Sozialdemokraten auf der Zielgeraden mitverfolgte.

 „Aber wir sind auch Gewinner. Wir haben als neue Partei 16 Mandate geholt – das ist ein riesiger Erfolg“, sagt Frandsen dem Sender.

Wie eine kommende Regierung aussehen soll, will „DR“ wissen, doch der Tonderaner wiegelt ab.

„Wir arbeiten an einer breiten Regierung über die politische Mitte hinweg“, wiederholt Henrik Frandsen das Mantra der Moderaten.

Wahlsieger Frandsen am Dienstabend vor der Kamera bei der Folketingswahl Foto: Walter Turnowsky

Breite Regierung mit Frandsen?

Er werde übrigens nicht nach Kopenhagen ziehen, sondern seine Arbeit für die Tønder Liste im Tonderner Stadtrat fortsetzen.

„Ich bin es gewohnt, viel zu arbeiten“, versichert Frandsen.

Vielleicht wird es mit dem lokalen Parlament aber nicht so klappen, wie er es geplant hat. Denn sollte es Lars Løkke Rasmussen gelingen, seine Moderaten als Regierungspartei zu positionieren, dann könnte Henrik Frandsen auch im Ministerwagen an die Westküste zurückkehren.

Das wäre wahrhaftig ein wildes Comeback für Frandsen – geschasst in der Kommunalpolitik, gefeiert in der Landespolitik.

 

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