Deutsche Minderheit

Abschieds-Bilanz: Was der Kontaktausschuss gebracht hat

Abschieds-Bilanz: Was der Kontaktausschuss gebracht hat

Abschieds-Bilanz: Was der Kontaktausschuss gebracht hat

Apenrade/Kopenhagen
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Mit dem Ende des bisherigen Kontaktausschusses schließt die Minderheit eine Tür und hofft, dass der neue Ausschuss im Folketing andere Türen öffnet. Foto: Karin Riggelsen

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Rund 60 Jahre Kontaktausschuss: Mehr als ein halbes Jahrhundert lang war der Kontaktausschuss für die Minderheit der eher lauwarme Draht in das Folketing. Die ein oder andere Errungenschaft kann er dennoch vorweisen. Sekretariatsleiter Harro Hallmann weiß, welche das sind.

Es ist fast ein wenig ironisch: Die Liste der Erfolge des Kontaktausschusses für die deutsche Minderheit endet mit der Errungenschaft, dass er sich selbst auflöst. 

Denn es wird ein neuer Kontaktausschuss ins Leben gerufen, der die Minderheit näher an das Folketing rücken soll, so zumindest die Hoffnung des Minderheitendachverbandes Bund Deutscher Nordschleswiger (BDN). Also noch mal: Der Kontaktausschuss wird abgeschafft, um einen Kontaktausschuss zu gründen, und das soll alles verändern? 

Genau, denn der neue sogenannte Unterausschuss für die deutsche Minderheit (Udvalg for det Tyske Mindretal) wird nicht mehr im Kulturministerium beheimatet sein, sondern ein eigener Ausschuss im Folketing.

Ohne uns würde ein Ausschuss für uns schließlich wenig Sinn ergeben.

Hinrich Jürgensen

Die Minderheit wird nicht mehr festes Mitglied des Ausschusses sein – denn das dürfen nur Abgeordnete. „Das sehen wir aber nicht als Problem, denn wir werden trotzdem konsultiert und zu Sitzungen eingeladen. Ohne uns würde ein Ausschuss für uns schließlich wenig Sinn ergeben“, erklärte BDN-Hauptvorsitzender Hinrich Jürgensen die Änderung Anfang September bei einer Sitzung des Nordschleswig-Gremiums in Kiel – dem Pendant zum dänischen Kontaktausschuss in Deutschland. 

Was der Kontaktausschuss gebracht hat

Effizienz wurde dem Kontaktausschuss nicht gerade nachgesagt. Der Kollege Walter Turnowsky bezeichnete das Ende dieses Gremiums als: Abschied vom schlafenden Kontaktausschuss.

Dass er der Minderheit aber nichts gebracht hat, wäre wiederum eine falsche Behauptung. Wie der Name nahelegt, war der Kontaktausschuss vor allem für eines gut: Kontakte. „Es ist nicht alles über den Ausschuss als solchen gelaufen, aber einige der Mitglieder sind wichtige Ansprechpartnerinnen und -partner für mich als Sekretariatsleiter“, erklärt Harro Hallmann. „Bei ihnen kann ich die unterschiedlichen Themen ansprechen, damit sie die im politischen System weitertragen können.“

Dementsprechend seien die Erfolge, die er dem Kontaktausschuss zuordnen kann, mehr auf die Kontakte zu den Mitgliedern zurückzuführen. Nicht auf den Ausschuss an sich – abgesehen von seiner letzten Handlung: seiner Auflösung. 

Aus seiner Zeit als Sekretariatsleiter kann Hallmann aber dennoch auf eine ganze Liste von Errungenschaften zurückblicken, die das Minderheiten-Leben in Nordschleswig maßgeblich beeinflussen. 

Existenziell: Gleichstellung der Schulen

Gemeinsam mit dem Kontaktausschuss konnte die Minderheit in mehreren Schritten die Gleichstellung ihrer Schulen mit denen der Mehrheitsbevölkerung erreichen.

  • Seit 2011: Die laufenden Kosten der Schulen der deutschen Minderheit sind fest im Haushalt verankert. 
  • Seit 2015: auch investive Mittel werden im Haushalt bereitgestellt, um dem Bedarf weiterer Ausgaben (beispielsweise von Sanierungs- und Renovierungsarbeiten an Gebäuden) gerecht zu werden. 
  • Seit 2024: Das Deutsche Gymnasium für Nordschleswig ist mit 3 Millionen Kronen im Haushalt den anderen privaten Gymnasien gleichgestellt.

Die Gleichstellung der Minderheitenschulen mit den staatlichen bedeutet quasi, dass sie staatlich finanzierte Privatschulen sind. Das ist eine für die Volksgruppe existenzielle Angelegenheit: Nur so kann sichergestellt werden, dass die Zugehörigkeit zur Minderheit keine Frage von Geld und damit nur stark privilegierten Familien vorbehalten ist. 

Weitere Erfolge

Darüber hinaus konnten die Minderheitenvertreterinnen und -vertreter über ihre Kontakte zum Ausschuss erreichen, dass aus Kopenhagen weitere Gelder nach Nordschleswig überwiesen werden: 

  • Die Arbeit des Sozialdienstes für Nordschleswig wird mit jährlich 400.000 Kronen gefördert.
  • Das Projekt Grenzgenial, das allen Schulen kostenlos Unterrichtsmaterial über die Geschichte Nordschleswigs, das Grenzland und die Minderheit zur Verfügung stellt, wird seit diesem Jahr mit 600.000 Kronen bezuschusst.
  • Der Minderheit werden seit 2022 Informationsmittel in Höhe von 2,4 Millionen Kronen überwiesen, um die Themen über die Minderheit und Neues aus der Volksgruppe nach außen zu kommunizieren.

Am Mittwoch, 18. September, laden der BDN und das Sekretariat der deutschen Minderheit in Kopenhagen zu einem kleinen Abschiedsempfang ein. Wehmütig blickt Hallmann nicht auf das Kapitel Kontaktausschuss im Kulturministerium zurück. „Es war mühsam, überhaupt Sitzungen zu bekommen, und wenn es überhaupt passierte, dann nur durch unser Zutun“, so der Sekretariatsleiter. Ob sich das mit dem neuen Unterausschuss für die deutsche Minderheit ändert, bleibt abzuwarten. Die BDN-Funktionäre sind optimistisch.

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