Generalversammlung

Toft: „Wir sind der Sozialdienst und nicht der Seniorendienst“

Toft: „Wir sind der Sozialdienst und nicht der Seniorendienst“

Toft: „Wir sind der Sozialdienst – nicht der Seniorendienst“

Tingleff/Nordschleswig
Zuletzt aktualisiert um:
Corona-bedingt war die Generalversammlung des Sozialdienstes Nordschleswig in der Deutschen Schule Tingleff anders als sonst. Foto: Karin Riggelsen

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Das Coronavirus überschattete den Jahresbericht des Sozialdienst-Vorsitzenden Gösta Toft. Aber es gab auch Erfreuliches im Rückblick.

Ehrung für Christa Schrøder

Christa Schrøder aus Uk/Uge wurde am Donnerstagabend auf der Generalversammlung des Sozialdienstes Nordschleswig für ihr ehrenamtliches Engagement mit der goldenen Ehrennadel des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Schleswig-Holstein geehrt.

Es war der Jahresbericht für 2019, aber nicht überraschend wurde das vergangene Geschäftsjahr von den Erlebnissen in 2020 überschattet. Die Covid-19-Pandemie hat vieles auf den Kopf gestellt, erklärte der Vorsitzende Gösta Toft am Donnerstagabend bei der Generalversammlung des Sozialdienstes Nordschleswig in der Deutschen Schule Tingleff.

„Dass wir aufgrund der Covid-19-Pandemie ab Mitte März im Haus Quickborn keine Veranstaltungen durchführen konnten, unsere Mitarbeiter in der Geschäftsstelle von zu Hause aus arbeiten mussten, die Reisen, Veranstaltungen vor Ort und viele Generalversammlungen einfach abgesagt wurden und die Familienberaterinnen statt Hausbesuche durchzuführen weitgehend auf Telefonkontakt angewiesen waren, war irgendwie unvorstellbar – und ist doch so gekommen“, sagte Gösta Toft.

Pandemie trifft Senioren

Dass die persönlichen Freiheitsrechte durch die Covid-Maßnahmen eingeschränkt wurden, traf vor allem viele Ältere schmerzhaft, so Toft – auch wenn Nordschleswig kaum Probleme mit dem Coronavirus gehabt habe.

„Der Alltag hat sich zwar geändert, aber viele Grundbedürfnisse konnten und können auch weiterhin problemlos zufriedengestellt werden. Aber die sozialen Kontakte fehlen vielen Menschen, man wurde trotz sozialer Medien sozial „ausgehungert“, sagte Toft.

Mitverantwortung für den Nachbarn

Im Sozialdienst habe man versucht, den Kontakt untereinander zu halten.

„Das hat an vielen Stellen geklappt. Daraus sind konkrete Hilfsangebote entstanden, und viele haben Mitverantwortung für den Nachbarn übernommen“, freute sich der Sozialdienst-Vorsitzende.

Es sei dennoch eine Befreiung gewesen, als die strikten Regeln wieder gelockert wurden, meinte Toft, aber trotz einer weiteren Normalisierung des Alltags forderte er dazu auf, weiterhin achtsam zu sein.

Heiko Frost überreichte Christa Schrøder die goldene Ehrennadel des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Foto: Karin Riggelsen

2019 mit Höhen und Tiefen

Die Zeit vor dem Coronavirus hatte Höhen und Tiefen für den Sozialdienst. Toft, der nach vier Jahren als Vorsitzender des Sozialdienstes aufhörte, freute sich über die gelungene Zusammenarbeit mit der Lokalbevölkerung, um beim Haus Quickborn einen Aktiv Spot einzurichten – ein Outdoor-Fitness-Platz. 

„Ich finde, wir haben damit auch den Sozialdienst ein Stück bewegt, und ich hoffe, dass diese Bewegung intern weitergeht“, sagte Gösta Toft.

Kampf ums Geld

Noch mehr Zeit musste er allerdings damit verbringen, für die staatlichen Mittel zu kämpfen, die von der Behörde „Socialstyrelsen“ für die Organisierung der ehrenamtlichen Arbeit im Sozialdienst gestrichen wurden – immerhin 350.000 Kronen.

„Von Socialstyrelsen wurde unter anderem kritisiert, dass wir uns nicht an die Gesamtbevölkerung wenden, sondern nur an die deutsche Minderheit. Das entspricht ganz und gar nicht der Wirklichkeit. Alle, die sich an uns wenden, werden mit offenen Armen aufgenommen", erklärte Toft, der in dem Zusammenhang ein dickes Lob an den Politiker Nils Sjøberg von Radikale Venstre richtete.

Der Folketingspolitiker hatte sich für den Sozialdienst eingesetzt und schließlich mitbewirkt, dass das Folketing 400.000 Kronen für die soziale Arbeit in der deutschen Minderheit bewilligt hat.

Harro Hallmann, Leiter des Sekretariats der Minderheit in Kopenhagen, ergänzte – ohne Sjøbergs Einsatz schmälern zu wollen – dass hinter den Kulissen auch die Folketingsmitglieder Christian Juhl (Einheitsliste), Jesper Petersen (Sozialdemokraten) und Ellen Thrane Nøbry (Venstre) für den Sozialdienst mitgekämpft hätten.

Der Sozialdienst der Zukunft

In seinem Abschieds-Bericht hob Toft eine Reihe von Punkten hervor, die für den Sozialdienst in Zukunft wichtig seien: Der Verband wolle mehr Mitglieder, neue Zielgruppen (die 50- bis 70-Jährigen), der Sozialdienst solle sichtbarer werden, und die Digitalisierung müsse auch im Verband Einzug halten.

„Wir sind nicht der Seniorendienst, sondern der Sozialdienst und wollen mit unserem Angebot Kinder und junge Menschen, Familien und Ältere ansprechen“, sagte Gösta Toft.

Die Familienberaterinnen des Sozialdienstes würden sich zu 27 Prozent mit Senioren, 38 Prozent mit Familien, Kindern und Jugendlichen und zu 29 Prozent mit Erwachsenen im arbeitsfähigen Alter beschäftigen.

Volles Haus bei der Generalversammlung des Sozialdienstes in der Deutschen Schule Tingleff Foto: Karin Riggelsen

Zufriedenstellende Zusammenarbeit

Zufrieden schloss er damit ab, dass der Sozialdienst weiterhin die Zusammenarbeit innerhalb der Minderheit suchen werde.

„Es gibt kaum einen Verband, mit dem wir nicht „gemeinsame Sache“ machen. Damit bin ich sehr zufrieden, denn es zeigt, dass der Sozialdienst einen ganz engen Bezug zur Basis der Minderheit hat. Wir sollten uns darum bemühen, diese Zusammenarbeit zu systematisieren und auszubauen. Wir können noch enger zusammenarbeiten und viele Maßnahmen können ausgebaut werden“, meint der scheidende Vorsitzende.

Kleines Plus – großes Minus

Der Sozialdienst Nordschleswig hat im täglichen Betrieb 2019 einen Überschuss von 102.000 Kronen erwirtschaftet. Im Jahr zuvor hatte es ein Minus gegeben.

Diese Rechnung ist allerdings ohne die Finanzen des Hauses Quickborn in Kollund. Die soziale Einrichtung des Verbandes landete im vergangenen Jahr bei einem Defizit in Höhe von 1,2 Millionen Kronen (Vorjahr: 878.000 Kronen).

Ein Problem für den Sozialdienst ist es in den vergangenen Jahren gewesen, dass die Stiftungen, die Zinsen abwerfen sollen, wegen der Zinslage kaum zu den Finanzen des Hauses Quickborn beitragen.

Großzügige Spende

Allerdings kann sich der Sozialdienst über eine weitere großzügige Spende freuen. Doris Petersen aus Apenrade/Aabenraa hat nach ihrem Tod dem Sozialdienst 6 Millionen Kronen für den Betrieb des Hauses Quickborn hinterlassen.

Das Geld wird über die nächsten fünf Jahre ausgezahlt, und davon werden unter anderem Darlehen und Zinsen getilgt, was die finanzielle Lage des Hauses in den kommenden Jahren erleichtert.

Die soziale Funktion des Hauses Quickborn werde allerdings immer bedeuten, dass das Haus an der Flensburger Förde nie einen Überschuss erwirtschaften werde, so der zweite Vorsitzende, Claus Tästensen.

Mehr lesen
Amelie Petry, Wencke Andresen

„Mojn Nordschleswig“

Jetzt im Podcast: Mit 18 nach Brüssel und die Trophäe aus Barcelona

Apenrade/Aabenraa Cornelius von Tiedemann begrüßt die Politik-Juniorinnen Amelie Petry und Wencke Andresen, die ihm von ihrer Reise nach Brüssel berichten – und Chefredakteur Gwyn Nissen, der aus Katalonien eine Überraschung mitgebracht hat. Walter Turnowsky befragt die Glaskugel nach dem Termin für die nächste Folketingswahl, und Helge Möller fordert Hannah Dobiaschowski in „Wer hat’s gesagt?“ heraus.