Generalversammlung Presseverein

Passen Künstliche Intelligenz und „Der Nordschleswiger“ zusammen?

Passen Künstliche Intelligenz und „Der Nordschleswiger“ zusammen?

Passen KI und „Der Nordschleswiger“ zusammen?

Apenrade/Sonderburg
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Gwyn Nissen, Chefredakteur des „Nordschleswigers“ (stehend), blickt aufs vergangene Jahr zurück. Foto: Marle Liebelt

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Bei der Generalversammlung des Deutschen Pressevereins dominierte die rasante Entwicklung von Plattformen wie dem Chatbot „ChatGPT“ die Gespräche. Im Geschäftsjahr 2022, auf das bei dem Treffen zurückgeblickt wurde, hat die Künstliche Intelligenz auch die Redaktion des „Nordschleswigers“ beschäftigt.

Die jüngste Generalversammlung des Deutschen Pressevereins am Donnerstag in Sonderburg (Sønderborg) stand ganz im Zeichen der sich verändernden digitalen Welt. Elin Marquardsen lobt das Engagement des „Nordschleswigers“ – besonders im Geschäftsjahr 22/23, als es schon keine tägliche Papierzeitung mehr gab. „Die Digitalisierung war durchgeführt, und es könnte doch jetzt eigentlich wieder etwas besinnlicher zugehen – dachte ich“, sagt die Vorsitzende des Pressevereins.

 

Elin Marquardsen
Elin Marquardsen ist die Vorsitzende des Deutschen Pressevereins. (Archivfoto) Foto: Cornelius von Tiedemann

Denn – und da sind sie und der Chefredakteur des „Nordschleswigers“, Gwyn Nissen, sich einig – Digitalisierung ist keine Umstellung, die plötzlich vonstattengeht, sondern ein Prozess. 

Ein Prozess, der noch immer anhält und immer anhalten wird. „Die digitale Medienwelt ist ein sich stets veränderndes Universum“, sagt Gwyn Nissen. „Der Nordschleswiger“ springe nicht auf jeden Zug auf, aber man versuche, stets innovativ zu sein und nach vorn zu denken

Künstliche Intelligenz beim „Nordschleswiger“

Der Blick in die Zukunft beschäftigt nicht nur die Redaktion und Mitarbeitenden des „Nordschleswigers“ tagtäglich. Auch bei der Generalversammlung wurde deutlich, dass gerade die Fortschritte Künstlicher Intelligenz (KI) die Medienlandschaft und deren Nutzerinnen und Nutzer stark beeinflussen. Welche Rolle werden Plattformen wie der Chatbot „ChatGPT“ in Zukunft spielen? Und inwieweit kann und sollte „Der Nordschleswiger“ sich damit beschäftigen?

Wir sehen die Schwächen von ChatGPT, aber auch die Stärken. Und wir spielen damit, um es kennenzulernen.

Gwyn Nissen, Chefredakteur „Der Nordschleswiger“

Gwyn Nissen stellte klar, dass es sich hierbei nicht um Zukunftsmusik handelt, sondern dass „Der Nordschleswiger“ sich längst mit dieser Frage beschäftige. Der Chatbot stecke in den Kinderschuhen, aber die Entwicklung mache sehr schnell sehr große Schritte.

ChatGPT werde bei der Erstellung der Artikel auf nordschleswiger.dk aktuell nicht eingesetzt, aber es spiele längst eine bedeutende Rolle in der Medienwelt. Man könne sich dem Tool daher nicht gänzlich verschließen. „Wir sehen die Schwächen von ChatGPT, aber auch die Stärken. Und wir spielen damit, um es kennenzulernen“, so Nissen. 

Die wertvolle Recherchearbeit, die Journalistinnen und Journalisten vor Ort leisten, werde die Künstliche Intelligenz nicht ersetzen. „Aber es könnte unsere Arbeit an der einen oder anderen Stelle vereinfachen.“ Nissen nennt als Beispiel für eine solche Erleichterung eine Inspiration für gute Überschriften. „Du kannst deinen fertigen Artikel-Text in ein Programm eingeben und es auffordern, dir fünf Überschriften für diesen Artikel vorzuschlagen.“ Das finde aktuell keine Anwendung im Kollegium, aber erste Experimente mit dieser Funktion bei ChatGPT hätten gezeigt: Die Überschriften sind gut – „teilweise besser als die, die wir gewählt hatten“. Sie hätten die richtige Länge und würden die richtigen Schlüsselwörter enthalten, die notwendig sind, um die Artikel in der Suchmaschine zu finden. Und vor allem: Die Vorschläge kamen prompt – „während wir in der Redaktion häufig gemeinsam über den Überschriften grübeln, bis wir die perfekte gefunden haben“.  

Gwyn Nissen ist Chefredakteur des „Nordschleswigers“. Foto: Karin Riggelsen

Nissen gab diese Einblicke in erste Experimente, um transparent zu machen, dass und inwiefern man sich in der Redaktion mit Künstlicher Intelligenz beschäftigt. Was dabei letztlich herauskommt, sei noch völlig offen. Klar sei jedoch: Sollte eine Künstliche Intelligenz jemals bei der Erstellung von Artikeln eine Rolle spielen, würden die Nutzerinnen und Nutzer in den jeweiligen Artikeln darauf hingewiesen, dass und wofür eine KI eingesetzt wurde. 

Der Hauptvorsitzende des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN), Hinrich Jürgensen, der auch Mitglied im Vorstand des Pressevereins ist, merkte an, dass er in Zukunft einen hohen Diskussionsbedarf bezüglich Künstlicher Intelligenz im Vorstand sehe. 

Über das bestimmende Thema der Künstlichen Intelligenz hinaus, stellte Carsten Werth, Abteilungsleiter Entwicklung und Finanzen des „Nordschleswigers“, die Finanzen und das neue Analyse-Tool Upscore vor, das seit Mitte August 2022 die Performance der „Nordschleswiger“-Inhalte auswertet. 

„Alle wollen eure Zeit“

Upscore gebe Aufschluss darüber, was die Nutzerinnen und Nutzer lesen, wie lange sie die Angebote nutzen und wo sie herkommen – sprich, ob sie über die sozialen Medien, eine Suchmaschine oder direkt über die App oder die Webseite zu den Artikeln gefunden haben. 

Bei der Auswertung der Zahlen spielten nach Gwyn Nissens Worten weniger die Klicks eine Rolle, als vielmehr die Verweildauer. „Wenn wir die Leute mit einem Thema anziehen, sie aber sehr früh aus den Artikeln aussteigen, haben wir etwas falsch gemacht.“ 

Denn Zeit sei die neue Währung. „Wir möchten fünf oder zehn Minuten der Zeit der Leserinnen und Leser“, so Nissen. Und dabei konkurriere man längst nicht mehr nur mit anderen Redaktionen. „Alle wollen eure Zeit – Facebook, Instagram, Zeitungen, das Fernsehen, der Verein um die Ecke.“ 

Kurzum: „Der Nordschleswiger“ müsse Inhalte anbieten, die die Zeit der Leserinnen und Leser wert ist. Die Daten, die Upscore dafür liefert, seien dafür Gold wert. „Es hilft uns, unsere Ressourcen richtig einzusetzen.“ 

Finanzen

Im abgeschlossenen Geschäftsjahr 2022 kann „Der Nordschleswiger“ ein Plus von 650.000 Kronen verzeichnen. Wie Carsten Werths Haushaltsdarlegung zeigte, war das unter anderem außerplanmäßigen Einnahmen durch die Auflösung der Streikkasse durch den Arbeitgeberverband zu verdanken. Man habe die gute Haushaltslage genutzt, um einige Investitionen, die für dieses Jahr geplant waren, vorzuziehen. 

Denn die Inflation und Tarifverhandlungen würden den diesjährigen Haushalt ohnehin mehr belasten. Aufgrund des Solidaritätsprinzips der Verbände des BDN ist es nicht möglich, das Plus im Haushalt ins kommende Jahr zu übertragen. 

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