Leitartikel

„Deutsche Minderheit ist keine Beratungsstelle für Zugezogene“

Deutsche Minderheit ist keine Beratungsstelle für Zugezogene

Deutsche Minderheit ist keine Beratungsstelle für Zugezogene

Apenrade/Aabenraa
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Der Gedanke, dass aus Deutschland Steuergelder in die Minderheit fließen, die dann für die Integration der deutschen Zugezogenen in Dänemark verwendet werden, ist abstrus. Es ist daher folgerichtig, dass die Minderheit sich klar von diesen Aufgaben abgrenzen muss, schreibt Marle Liebelt.

Es ist ein zweischneidiges Schwert – die deutsche Minderheit und die Zugezogenen aus Deutschland. Einerseits ist es schön, dass Menschen nach Nordschleswig ziehen, um hier ein neues Leben zu beginnen und dann auch noch starke Strukturen einer Minderheit vorfinden, die ihnen sprachlich und kulturell nahesteht. 

Nicht nur die Schulen und Kindergärten, auch die Vereine, Veranstaltungen und sonstige Angebote der deutschen Minderheit können das Ankommen und die Integration in die hiesige Gesellschaft erleichtern. 

Auch für den dänischen Staat und die nordschleswigschen Kommunen dürfte diese Gegebenheit ein Segen sein. Denn das große Interesse aus Deutschland an einem Leben und einem Haus hier stärkt den ländlichen Raum im Süden Dänemarks. 

Aber …

Jedoch gibt es ein Aber. Die Integration neuer Bürgerinnen und Bürger ist in erster Linie die Aufgabe des Staates und der Kommunen. Nicht der deutschen Minderheit. 

Dass die Strukturen der Minderheit die Zugewanderten ansprechen, ist eine natürliche Entwicklung, die auch für die Minderheit viele Chancen bietet. Aber die Integrations-Leistung muss Grenzen haben.

Auf der jüngsten Generalversammlung des Sozialdienstes der Minderheit am Mittwoch wurde diese Grenze gerade erst sichtbar. Die vielfältige Arbeit des Sozialdienstes hat sich über die Jahrzehnte zu einer der wichtigsten Säulen im Minderheiten-Konstrukt entwickelt. Dies hat auch der Blick auf das vergangene Jahr gezeigt, das aber auch einige Herausforderungen in petto hatte. 

„Im vergangenen Jahr haben wir viele neue Zuzügler bekommen, und daher entstand auch mehr Arbeit“, sagte die Abteilungsleiterin, Ursula Petersen. Der Sozialdienst habe viele Sekretariatsaufgaben übernommen, wie bei der Beantragung der CPR-Nummer zu helfen. 

Es geht auch ums Geld

Das sind ganz klar Aufgaben, für die die deutsche Minderheit nicht zuständig sein kann, und die sie von sich weisen muss. Denn die Verbände der Minderheit werden fast ausschließlich durch Steuergelder aus Deutschland und Dänemark finanziert. Diese Gelder werden aber nicht dafür bereitgestellt, um die durch Zugezogene anfallende Integrationsarbeit zu leisten. 

Gerade jetzt, wo die Minderheit sich doch um eine Aufstockung von Geldern aus der Bundesrepublik bemühen will, ist das besonders wichtig. Der Gedanke, dass der Bund Gelder lockermacht, die zum Teil für die Integration deutscher Auswanderer in Dänemark eingesetzt werden, ist doch mehr als abstrus und nicht tragbar. 

Es ist verständlich, dass man der Situation, die durch die vielen Zugezogenen entstanden ist, erst einmal Herr werden musste. Aber es ist absolut folgerichtig, dass der Sozialdienst inzwischen die Reißleine gezogen hat und die Aufgaben nun anders priorisiert. 

Uwe Jessen – der Generalsekretär des Bundes Deutscher Nordschleswiger – hat es sowohl bei der Generalversammlung des Sozialdienstes als auch bei der Delegiertenversammlung in der Woche davor hervorragend auf den Punkt gebracht: „Wir können und möchten in diesen Fragen nicht beraten. Aber wir können die Menschen an die zuständigen Stellen verweisen.“

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