Bundesverwaltungsgericht

Fehmarnbelt: Entscheidung Dienstag

Fehmarnbelt: Entscheidung Dienstag

Fehmarnbelt: Entscheidung Dienstag

Henning Baethge/shz.de
Leipzig
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Der geplante Ostseetunnel als feste Fehmarnbeltquerung bleibt unter Befürwortern und Gegnern hoch umstritten. Foto: ICONO A/S/Femern A/S/dpa

Am Dienstag entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über das in Deutschland umstrittene Großprojekt.

In Dänemark ist längst alles klar für den Bau des deutsch-dänischen Fehmarnbelt-Tunnels: Das 18 Kilometer lange Bauwerk ist vom Parlament in Kopenhagen schon vor fünf Jahren genehmigt worden, die Arbeiten für den Baustellenhafen auf der dänischen Insel Lolland haben kürzlich begonnen, nächstes Jahr will Dänemarks staatliche Projektfirma Femern AS mit dem Anlegen der Tunneleinfahrt bei Rødby beginnen. 

Zu gern würde sie dasselbe auch bald auf deutscher Seite in Puttgarden tun – doch davor steht ein mit Spannung erwartetes Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig: Die Richter verkünden am Dienstag um 13 Uhr, ob die Baugenehmigung des Landes Schleswig-Holstein für den deutschen Tunnelabschnitt überhaupt rechtmäßig ist. Wenn nicht, dürften sich die Arbeiten auf deutscher Seite zumindest stark verzögern – und damit der Bau des gesamten Tunnels. Eigentlich soll das kombinierte Straßen- und Schienenbauwerk, das auf dem Ostseegrund aus Betonelementen zusammengesetzt wird, im Jahr 2029 eröffnet werden. 

Sieben Kläger in Leipzig

Geklagt haben in Leipzig gleich sieben Parteien – der Naturschutzbund Nabu, das Aktionsbündnis gegen eine feste Fehmarnbeltquerung, die Reedereien Scandlines, Stena Line und Nordö Link sowie die Stadt Fehmarn und ein Landwirt, der Flächen abgeben soll. Der Prozess war ungewöhnlich aufwändig: Das Gericht tagte im September und Oktober an gleich sechs Tagen und musste wegen der 160 Verfahrensbeteiligten und 20 angemeldeten Medienvertreter erstmals in seiner Geschichte aus dem eigenen Gebäude ausziehen und in die Leipziger Kongresshalle ausweichen.

Internationales Interesse

Auch morgen lassen die Richter eine bisher seltene Ausnahme zu: Die Urteilsverkündung im großen Saal des Bundesverwaltungsgerichts darf vom Fernsehsender ZDF live im Internet übertragen werden. Grund dafür sei „das besondere öffentliche Interesse“ an dem Verfahren, sagt ein Gerichtssprecher. Weil der Tunnel zentraler Baustein der transeuropäischen Nord-Süd-Achse zwischen Skandinavien und Mitteleuropa werden soll, blickt man auch im Ausland sehr aufmerksam auf die Gerichtsentscheidung.

Riffe übersehen

Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die Richter die Baugenehmigung für den rund sieben Milliarden Euro teuren Tunnel nicht durchwinken, sondern Nachbesserungen fordern werden. Das liegt vor allem daran, dass die Planer von Femern AS artenreiche, streng geschützte Riffe auf und an der Trasse des Tunnels übersehen haben. Deren Schutz konnte daher nicht in der Baugenehmigung des Landes berücksichtigt werden – obgleich das wohl nötig gewesen wäre. „Sie haben auf der Trasse nicht mit besonderer Akribie hingeschaut“, hatte der Vorsitzende Richter Wolfgang Bier die Dänen daher schon in der mündlichen Verhandlung getadelt. Nun wird Femern AS voraussichtlich gezwungen sein, umzuplanen oder an anderer Stelle in der Ostsee vergleichbare Riffe neu anzulegen.

Zweifel am Walschutz

Auch aus anderen Gründen könnten die Richter die Baugenehmigung des dem Kieler Verkehrsminister Bernd Buchholz unterstellten „Amt für Planfeststellung Verkehr“ für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklären. So hat das Gericht im Prozess Zweifel daran erkennen lassen, ob die Schweinswale im Fehmarnbelt, einem europäischen Naturschutzgebiet, während des Tunnelbaus ausreichend geschützt werden. Und es könnte beanstanden, dass die Straßenabwässer von der Tunnelzufahrt womöglich nicht gründlich genug gereinigt werden. Dadurch droht sich die Qualität des Grund- und Trinkwassers in der Region zu verschlechtern – das aber ist laut einer EU-Richtlinie verboten.

Besorgnis in Kiel

Nicht mal FDP-Minister Buchholz geht daher von einem glatten Erfolg vor Gericht aus. Er ist nur „bedingt zuversichtlich, dass wir mit einer ganz guten Entscheidung nach Hause gehen können“, sagt er. Beim Bauherrn Femern AS will man sich vor dem Urteil lieber gar nicht äußern. Aber auch beim Kontrahenten Nabu rechnet man nicht mit einem Sieg auf ganzer Linie. „Wir werden das Projekt wahrscheinlich nicht komplett verhindern“, sagt Nabu-Experte Malte Siegert. „Aber wir können in vielen Punkten für besseren Umweltschutz sorgen.“ 

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