Leitartikel

„Ohne Transparenz keine Demokratie“

Ohne Transparenz keine Demokratie

Ohne Transparenz keine Demokratie

Kopenhagen/Nordschleswig
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Something is rotten in the State of Denmark: Der Mink-Fall kann Staatsministerin Mette Frederiksen zu Fall bringen, meint Chefredakteur Gwyn Nissen.

Der Mink-Skandal nimmt von Tag zu Tag immer mehr an Brisanz zu. Die Sache stinkt einfach, und Dänemarks Staatsministerin riskiert, daran zu ersticken.

Noch mal zur Erinnerung: Als die dänische Regierung im Herbst 2020 eine durch den amerikanischen Nerz herbeigeführte neue Mutation des Coronavirus befürchtete, ließ sie die gesamte dänische Mink-Produktion keulen. Im Nachhinein zeigte sich, dass es keine gesetzliche Grundlage für diese Entscheidung gab. Der damalige Landwirtschaftsminister Mogens Jensen (Soz.) musste daher seinen Posten verlassen. Den Nerz-Produzenten wurde zwar ein Schadenersatz in Milliardenhöhe versprochen, doch die Produktion ist de facto bis mindestens 2023 – wenn nicht für ewig – stillgelegt worden.

Die gekeulten Tiere wurden vergraben, doch als einige Kadaver zu nah an einem See vergraben wurden, mussten Wochen später Tausende tote Nerze wieder ausgegraben und zu verschiedenen Verbrennungsanlagen gebracht werden.

Eine Kommission untersucht derzeit die Umstände, die zu der umstrittenen Entscheidung führten. Für die Opposition steht fest: Nicht Jensen, sondern Staatsministerin Mette Frederiksen (Soz.) hätte die Konsequenzen tragen müssen.

In den vergangenen Tagen haben die bürgerlichen Politiker nicht nur verweste Tiere, sondern auch Blut gerochen: Zehn Monate lang hat ein Journalist der Zeitung „B.T.“ versucht, über Nachfragen und Akteneinsicht den SMS-Verkehr zwischen zentralen Personen im Staatsministerium einzusehen. Schließlich bekam er nun den Bescheid: Mette Frederiksen, ihr besonderer Ratgeber, die Chefin des Staatsministeriums, Barbara Bertelsen, und andere Beamte im Ministerium hätten eine automatische Funktion auf ihrem iPhone, das ihre SMS-Bescheide nach 30 Tagen automatisch löscht. Damit fehlen – vielleicht – entscheidende Beweise im Mink-Fall. 

Das wäre alles halb so schlimm, wenn die Beamten und Politiker wenigstens ihren SMS-Verkehr dokumentiert und registriert hätten – was sie gesetzlich hätten tun müssen. Über jedes Telefonat und über den schriftlichen Verkehr – auch SMS-Bescheide – muss ein sogenanntes „Notat“ gemacht werden.

Mitarbeiter und Politiker im Justizministerium, Verteidigungsministerium und Außenministerium löschen den SMS-Verkehr dagegen nicht automatisch nach drei Monaten. Die Führung des Landes hat die SMS-Kommunikation anscheinend als eigenes Dark-Net genutzt, um bei Journalisten und in der Öffentlichkeit unter dem Radar zu fliegen.

Das stellt Mette Frederiksen in ein ganz schlechtes Licht, und egal wie gute Werte sie in den Meinungsumfragen gehabt hat oder wie gut sie – trotz allem – die Corona-Krise gemeistert hat: Auch eine Staatschefin muss Transparenz zeigen.

Offenheit und Transparenz sind Grundpfeiler unserer Demokratie. Vertuschung dagegen stinkt – genau wie vergrabene Nerze.

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