Neue Bedrohungssituation

Jetzt wird über eine massive Erhöhung des Verteidigungsetats verhandelt

Über massive Erhöhung des Verteidigungsetats verhandeln

Verhandlungen über Erhöhung des Verteidigungsetats

Ritzau/nb
Kopenhagen
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Ein dänischer F16 Kampfjet (Archivfoto). Foto: Lars Laursen/Biofoto/Ritzau Scanpix

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Im Lichte des Kriegs in der Ukraine hat sich eine neue Bedrohungssituation eingestellt, weshalb die Regierung gemeinsam mit den übrigen im Folketing vertretenen Parteien Verhandlungen zu der Frage begonnen hat, wie das Militär wesentlich gestärkt werden kann.

Wie soll die dänische Verteidigungs- und Sicherheitspolitik in den kommenden Jahren aussehen, und wieviel Geld soll für das Militär bereitgestellt werden?

Diese Fragen hat die Regierung angesichts der russischen Invasion in die Ukraine nun in Angriff genommen und Verhandlungen mit den übrigen im Folketing vertretenen Parteien begonnen. Das teilt das Staatsministerium mit.

Völlig verändertes Bedrohungsszenario

Nach Einschätzung des politischen Kommentators und ehemaligen Verteidigungsministers Hans Engell wird der dänische Verteidigungsetat markant nach oben geschraubt werden.

Russlands Angriff auf die Ukraine hat auf einen Schlag die Bedingungen für die Verteidigung in allen europäischen Ländern verändert. Das bedeutet, dass in den kommenden zwei bis drei Jahren sehr viel Geld in den Verteidigungshaushalt der einzelnen Länder fließen wird.

Hans Engell, politischer Kommentator und ehemaliger Verteidigungsminister

„Der Krieg in der Ukraine bedeutet, dass sich Dänemark der Reihe an Nato-Ländern anschließen will, die das Verteidigungsbudget massiv erhöhen wollen, weil man ganz einfach vor einem völlig veränderten Bedrohungsszenario steht. Russlands Angriff auf die Ukraine hat auf einen Schlag die Bedingungen für die Verteidigung in allen europäischen Ländern verändert. Das bedeutet, dass in den kommenden zwei bis drei Jahren sehr viel Geld in den Verteidigungshaushalt der einzelnen Länder fließen wird. Und Dänemark will sich dieser Linie anschließen“, sagt Hans Engell.

Erheblich mehr Geld nötig

Staatsministerin Mette Frederiksen (Soz.) hat nach der russischen Invasion in die Ukraine gesagt, dass sie damit rechnet, dass erheblich mehr Geld für das Militär aufgebracht werden muss.

Die momentane Vereinbarung zum Verteidigungsetat läuft noch bis zum Jahr 2023.

Im Zuge der Verhandlungen stehen eine Reihe an Themen zur Diskussion. Nach Aussage des Vorsitzenden der Konservativen, Søren Pape Poulsen, will man sich auf eine Sofortbewilligung für das Militär einigen.

Zudem soll ein konkretes Datum festgelegt werden, bis wann Dänemark einen Verteidigungshaushalt erreichen will, der zwei Prozent des Bruttonationalprodukts ausmacht. Auf das Zwei-Prozent-Ziel haben sich Dänemark und die übrigen Nato-Länder im Jahr 2014 verständigt.

Verteidigungsvorbehalt steht ebenfalls zur Diskussion

Die Parteien wollen auch darüber sprechen, ob es eine Volksabstimmung über den dänischen EU-Verteidigungsvorbehalt geben soll. Er besteht seit 1992 und bedeutet, dass Dänemark nicht an der Ausarbeitung und Durchführung von gemeinsamen EU-Entscheidungen und Aktionen teilnimmt, die sich auf den Verteidigungsbereich beziehen.
Dänemark nimmt auch nicht an den Treffen teil, auf denen militärische Operationen unter EU-Regie erörtert werden.

Es ist so wichtig, dass Dänemark mit am Tisch in der EU sitzt, wenn Beschlüsse zur Sicherheit für ganz Europa anstehen. Deshalb müssen wir den Verteidigungsvorbehalt abschaffen.

Sofie Carsten Nielsen, Vorsitzende der Radikalen

„Politiken“ zufolge zeichnet sich eine knappe politische Mehrheit dafür ab, den Verteidigungsvorbehalt abzuschaffen, und dies in einem Volksentscheid zur Abstimmung zu stellen. Die Mehrheit besteht aus Venstre, den Konservativen, der Liberalen Allianz, den Volkssozialisten, Radikalen, Freien Grünen, Christdemokraten, den Alternativen und Lars Løkke Rasmussen (die Moderaten).

„Es ist so wichtig, dass Dänemark mit am Tisch in der EU sitzt, wenn Beschlüsse zur Sicherheit für ganz Europa anstehen. Deshalb müssen wir den Verteidigungsvorbehalt abschaffen. Auf diese Art und Weise sorgen wir für eine Mitverantwortung in Europa sowohl heute als auch in der Zukunft“, so die Vorsitzende der Radikalen, Sofie Carsten Nielsen, am Donnerstag auf Twitter.

Verhandlungslösung in zwei Schritten

Hans Engell hält es für wahrscheinlich, dass sich die Parteien auf eine Verteidigungsvereinbarung einigen, die sich über zehn Jahre streckt und in der das Zwei-Prozent-Ziel eingebaut ist.

Seiner Einschätzung nach werden die Politikerinnen und Politiker in zwei Schritten zu einer Lösung kommen.

„Ich denke, dass man sich auf eine Vereinbarung mit einem kurzen Zeithorizont einigt, die eine hohe Einmalbewilligung für das Militär vorsieht. Und danach wird man sich darauf verständigen, dass man noch vor den Sommerferien Verhandlungen für eine zehnjährige Verteidigungsvereinbarung beginnt“, so Hans Engell.

Größenordnung zwischen 3 und 5 Milliarden Kronen wahrscheinlich

Als konkreten Betrag für eine solche hohe Einmalbewilligung hält Engell eine Größenordnung zwischen drei bis fünf Milliarden Kronen für wahrscheinlich.

Finanzminister Nicolai Wammen (Soz.) hatte bereits zu einem früheren Zeitpunkt gegenüber dem Folketing erklärt, dass ein Verteidigungsbudget von zwei Prozent des Bruttonationalprodukts im Jahr 2030 bedeuten würde, dass jährlich 17,9 Milliarden Kronen mehr als heute zur Verfügung gestellt werden müssten.

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