Bei der Debatte über Sexismus, die Anfang Oktober am Deutschen Gymnasium für Nordschleswig stattfand, saß Thiemo Koch im Publikum. Positiv aufgefallen ist dem Politiker des Südschleswigschen Wählerverbandes (SSW), dass es viele Gäste und vor allem viele männliche Teilnehmer gab. „Ich finde es sehr mutig, dass die deutsche Minderheit über das Thema diskutiert. Die Bereitschaft dazu fehlt in der dänischen Minderheit“, findet der Politiker, der sich selbst für Gleichstellung engagiert.
 

Thiemo Koch ist SSW-Vertreter im außerparlamentarischen Gleichstellungsausschuss Lübeck und Mitglied im SSW-Kvindeforum. Das Kvindeforum setzt sich unter anderem für innovative Betreuungsmodelle, Frauenberatungsstellen und ein gleichberechtigtes Miteinander ein. Seine Aufgabe in dem Forum ist es unter anderem, herauszufinden, wie es andere Institutionen mit der Gleichstellung handhaben.

Grenzüberschreitender Austausch

Der 55-Jährige findet es wichtig, den grenzüberschreitenden Austausch zwischen den Minderheiten zu suchen, denn „in der dänischen Minderheit stehen wir erst am Anfang. Die deutsche Minderheit hat Gleichstellung schon auf die Tagesordnung gesetzt.“

In der deutschen Minderheit gibt es bereits seit 2019 eine Arbeitsgruppe, die sich mit dem Thema auseinandersetzt. Die Arbeitsgruppe wurde vom Hauptvorstand des Bundes Deutscher Nordschleswiger, der Dachorganisation der deutschen Minderheit in Nordschleswig, gebildet. Ihre Aufgabe ist es, die Arbeit mit der 2019 beschlossenen Gleichstellungspolitik in der deutschen Minderheit zu begleiten und Maßnahmen zu unterstützen.

Keine Gleichstellungspolitik beim SSF

Beim Südschleswigschen Verein (Südslesvigsk Forening; SSF), die kulturelle Hauptorganisation der dänischen Minderheit, ist Gleichstellung hingegen kein großes Thema. „Wir haben keine Gleichstellungspolitik, weil das bei uns von sich aus relativ gut funktioniert“, erklärt Generalsekretär Jens A. Christiansen. „Drei von fünf Vorsitzenden im Hauptvorstand sind beispielsweise weiblich.“ Der SSF sei aber selbstverständlich für Gleichstellung.

Gleichstellung ist auch für den SSW-Politiker eine Selbstverständlichkeit, ihm ist es allerdings auch wichtig, sich dafür einzusetzen. Koch selbst kommt aus einer Familie, in der es zu Missbrauch und Gewaltverbrechen gekommen ist. Bei seiner Arbeit im Kvindeforum und im außerparlamentarischen Gleichstellungsausschuss Lübeck fällt ihm immer wieder auf, dass sich nur wenig Männer in diesem Bereich einbringen.

„Wo bleiben die Männer? Frauenpolitik ist nicht nur Sache der Frauen“, findet der einzige Mann im Kvindeforum. „Das ist das Sympathische an der deutschen Minderheit, hier befassen sich auch Männer mit dem Gleichstellungsprozess.“

Strukturen müssen sich ändern

Seiner Meinung nach ist Gleichstellung ein gesamtgesellschaftliches Problem, bei dem die Strukturen geändert werden müssen. „Männer müssen dabei auch Macht und Karriere abgeben“, erklärt Koch. Für sein Engagement wird er von anderen Männern kritisiert. Doch aufgeben kommt für den Politiker, der selbst in seiner Jugend Opfer von Missbrauch wurde, nicht infrage.

Seit vier Jahren ist Thiemo Koch politisch im Bereich Gleichstellung aktiv. „Seitdem haben sich bereits mehr Frauen engagiert. Aber es könnten noch mehr sein. Vor allem bei den Männern.“

Dem Politiker ist es wichtig, praktische Lösungen zu finden. Koch plant zum Beispiel eine grenzüberschreitende Veranstaltung für Männer, die sich für das Thema Gleichstellung einsetzen wollen – am liebsten gemeinsam mit der deutschen Minderheit.