Schengen-Regeln

SPD fordert: Landtag soll sich erneut gegen „permanente“ Grenzkontrollen aussprechen

Landtag soll sich erneut gegen Grenzkontrollen aussprechen

Landtag soll sich erneut gegen Grenzkontrollen aussprechen

Kiel
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Wie es an der deutsch-dänischen Grenze in Zukunft weitergehen soll, ist noch offen. Die EU-Kommission hat Vorschläge für eine Neuregelung des Schengen-Abkommens gemacht. Foto: Karin Riggelsen

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Das Land Schleswig-Holstein soll sich erneut gegen „permanente“ Grenzkontrollen aussprechen. Das fordert die SPD in einem Antrag, der am Freitagnachmittag im Plenum Thema ist. Darüber hinaus soll der Landtag die Landesregierung auffordern, sich auf europäischer Ebene für eine Verschärfung der Bedingungen für Kontrollen einzusetzen.

Die SPD im Kieler Landtag fordert in einem Antrag einen erneuten Beschluss des Landtags, sich gegen permanente EU-Binnengrenzkontrollen wie an der deutsch-dänischen Grenze auszusprechen. Über den Antrag soll am Freitagnachmittag debattiert werden.

Der Landtag solle demnach begrüßen, dass „die Europäische Kommission auf die aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen an den Binnengrenzen der EU reagiert und Vorschläge zur Überarbeitung der Schengen-Regelungen gemacht hat, die zum Ziel haben, die Governance im Schengen-Raum zu stärken“. Die EU-Kommission hatte am 14. Dezember 2021 Vorschläge für eine Neuregelung gemacht.

Mit der Aktualisierung der Schengen-Vorschriften will die Kommission erreichen, dass die Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen nur als letztes Mittel eingesetzt wird.

Regeln für Grenzkontrollen sollen verschärft werden

Der Ausschuss der Regionen (AdR) hat zu den Kommissionsvorschlägen im Dezember vergangenen Jahres Stellung bezogen, und auch das Europäische Parlament (EP) entwirft derzeit eine Stellungnahme. Sie fordern eine weitere Verschärfung der Bedingungen für die Einführung von vorübergehenden Binnengrenzkontrollen.

Darunter eine umfangreichere Begründungs- und Rechtfertigungspflicht. Mitgliedsstaaten sollen künftig bereits bei der Einführung wie auch bei der Verlängerung begründen, warum alternative Maßnahmen nicht geeignet sind. Sie sollen künftig außerdem auf höchstens 24 Monate begrenzt werden. 

Zudem muss die Wiedereinführung oder Verlängerung von Grenzkontrollen mit Abhilfemaßnahmen flankiert werden. Somit sollen die Belange der betroffenen Grenzregionen einbezogen und berücksichtigt werden.

Der Landtag will die Landesregierung im Antrag dazu auffordern, sich dafür einzusetzen, „dass – wie an der deutsch-dänischen Grenze – auch die Minderheiten und andere grenzüberschreitend lebende und handelnde Akteure, die besonders von Kontrollen betroffen sind, einbezogen werden“.

Der Landtag soll die Landesregierung demnach auffordern, sich im laufenden Gesetzgebungsverfahren auf europäischer Ebene für die Forderung des AdR und des EP einzusetzen. Ziel der Überarbeitung der Schengen-Regelungen soll es demnach sein, die Personenfreizügigkeit als eine der größten Errungenschaften der europäischen Integration zu wahren und diese nur in gut begründeten Ausnahmefällen zeitlich befristet einzuschränken. 

Nach Beschluss der Stellungnahme im EU-Parlament soll voraussichtlich im Mai-Plenum auf dieser Grundlage mit Rat und Kommission verhandelt werden. 

Tiefgreifende Beschränkung der Freizügigkeit

Zur Begründung für ihren Antrag schreibt die SPD-Fraktion, dass Ereignisse wie Terroranschläge, hohe Zahlen Schutzsuchender durch Krisen und Konflikte sowie die Covid-19-Pandemie die Bereitschaft einiger Mitgliedsstaaten erhöht haben, die Freizügigkeit im Schengen-Raum einzuschränken.

„In der Folge sind an einigen Binnengrenzen der EU wie an der deutsch-dänischen Grenze Grenzkontrollen zur Normalität geworden. Die dänische Regierung verlängert die Kontrollen an der Grenze zu Deutschland seit 2016 immer wieder, sodass an dieser Grenze von permanenten Kontrollen gesprochen werden kann, die die Freizügigkeit innerhalb der EU massiv einschränken.“

Die SPD bezieht sich auch auf das Gutachten der Europa-Universität-Flensburg (EUF) vom Dezember 2022, das zu dem Schluss kommt, dass „diese Grenzkontrollen eine schwerwiegende und tiefgreifende Beschränkung der Freizügigkeit“ der Bürgerinnen und Bürger der EU darstellen.

Grenzkontrollen ab dem 12. Mai

Dänemark hatte die Grenzkontrollen zu Deutschland am 14. April für weitere sechs Monate verlängert, versprach aber gleichzeitig Lockerungen, die ab dem 12. Mai in Kraft treten sollen.

Die dänische Polizei will sich künftig mehr auf die verstärkte Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität in den Grenzgebieten als auf die Einreisekontrollen konzentrieren. Dies soll auch das Pendeln im Grenzgebiet erleichtern.

Noch sind jedoch Fragen offen, inwieweit die Bewegungsfreiheit der Bewohnerinnen und Bewohner des Grenzlandes wiederhergestellt wird. 

Deutschland kontrolliert an der Grenze zu Österreich

Auch Deutschland wäre von einer Neuregelung der Schengen-Regeln betroffen. Während der Flüchtlingskrise 2015 führte auch Dänemarks südlicher Nachbar vorübergehend Grenzkontrollen zu Österreich ein. Diese wurden immer wieder verlängert – zuletzt am 14. April 2023 durch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). 

In der Begründung an die EU-Kommission heißt es, dass ein nachhaltiger Rückgang des irregulären Migrationsgeschehens nach Mittel- und Westeuropa nicht absehbar sei.

Kritik an den Grenzkontrollen gibt es in Deutschland unter anderem von der Polizeigewerkschaft (GdP). Sie kritisiert, dass die Grenze weiterhin nur stationär kontrolliert werden soll, etwa an den Autobahnen. Dies habe eine „hohe Durchschaubarkeit für das Gegenüber“, sagte der GdP-Vorsitzende Andreas Roßkopf der „Mediengruppe Bayern“. Die GdP habe vergeblich flexible und mobile Kontrollen gefordert, die gegen illegale Migration effektiver seien.

Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende der bayerischen Landtags-Grünen, nannte die Verlängerung gegenüber der „Tagesschau“ falsch. Sie forderte einen „zeitgemäßen Umgang mit einer der größten Errungenschaften innerhalb Europas: der Reisefreiheit im Schengen-Raum“. Für mehr Sicherheit brauche es mehr grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit, anlassbezogene Schwerpunktkontrollen und mehr Polizistinnen und Polizisten innerhalb der Landesgrenzen.

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