Krieg in der Ukraine

„Wir dürfen die Hilfsbereitschaft nicht abreißen lassen“

„Wir dürfen die Hilfsbereitschaft nicht abreißen lassen“

„Wir dürfen die Hilfsbereitschaft nicht abreißen lassen“

Hadersleben/Haderslev
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Die Initiatorin der Hilfsaktion „Hjælp Ukrainere i Sønderjylland“, Mia Gade Møller, ist stolz auf die Hilfsbereitschaft und das ehrenamtliche Engagement ihrer Mitmenschen (Archivfoto). Foto: Annika Zepke

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Als wir Mia Gade Møller zuletzt einen Besuch im Reformhaus Frk. Helsekost abstatteten, stand der erste Reisebus kurz vor der Abfahrt zur polnisch-ukrainischen Grenze. Drei Wochen und 13 Busse später trifft sich „Der Nordschleswiger“ erneut mit der Initiatorin der Aktion „Hjælp Ukrainere i Haderslev“. Und die hat eine wichtige Botschaft.

„Gerade haben wir Bus Nummer 13 und 14 an der Grenze. 15 weitere stehen in den Startlöchern“, berichtet Mia Gade Møller, der die Anstrengung der vergangenen Wochen ins Gesicht geschrieben steht. „Ich bin unheimlich müde und bekomme viel zu wenig Schlaf, aber ich würde es unter keinen Umständen ändern. Ich bereue nichts“, sagt die Frau der ersten Stunde und Initiatorin der Haderslebener Hilfsaktion „Hjælp Ukrainere i Haderslev“.

Die Flüchtlingsinitiative sei in den vergangenen Wochen zu einer derart großen Organisation herangewachsen, dass sie eine Namensänderung für angemessen gehalten habe. Inzwischen ist das Hilfsnetzwerk daher unter dem Namen „Hjælp Ukrainere i Sønderjylland“ in den sozialen Medien zu finden. Dort halten Mia Gade Møller und das vierköpfige „Kernteam“ der Hilfsaktion die Bürgerinnen und Bürger der Domstadtkommune über die neuesten Entwicklungen auf dem Laufenden.

Auch über die benötigten Hilfs- und Spendengüter informieren die Ehrenamtlichen dort. „Eigentlich brauchen wir immer noch alles. Von Kleidungsstücken über Schlafsäcke bis hin zu Hygieneprodukten, Lebensmitteln und Muttermilchersatz“, erklärt die Initiatorin und Miteigentümerin des Reformhauses Frk. Helsekost.

Mia Gade Møller und die Ehrenamtlichen von „Hjælp Ukrainere i Sønderjylland“ fahren regelmäßig mit Bussen zur polnisch-ukrainischen Grenze um Geflüchtete sicher nach Dänemark zu bringen. Foto: Privat

Vielseitige Hilfe

„Wir helfen auf viele verschiedene Weisen“, so Gade Møller. „Zum einen helfen wir den Geflüchteten hier vor Ort, eine Unterkunft zu finden. Zum anderen holen wir Flüchtlinge von der polnisch-ukrainischen Grenze ab und bringen sie nach Dänemark.“

Doch auch in das kriegsgebeutelte Land selbst entsendet die Haderslebener Flüchtlingsinitiative mittlerweile Hilfe, wie die 42-Jährige betont: „Wir haben viele vertrauenswürdige Kooperationspartner an der Grenze, die unsere Hilfsgüter in die Ukraine bringen.“

Die großen Hilfsorganisationen versorgen hauptsächlich die größeren Städte, während die Menschen in den kleineren Ortschaften langsam verhungern, meint Mia Gade Møller. „Und das dürfen wir nicht zulassen. Wir haben eine Verantwortung dafür, die Menschen in der Ukraine am Leben zu halten. Sie dürfen auf keinen Fall den Hungertod sterben.“

Spenden aller Art

Die Initiative freue sich deshalb über Spenden wie Nudeln, Reis und Verbandszeug in großen Mengen. Aber auch Geldspenden seien mehr als willkommen. Glücklicherweise haben sich größere Geldgeber bereit erklärt, die Treibstoff- und Reinigungskosten für die gecharterten Busse zu übernehmen.

Im Moment sind die Ukrainerinnen und Ukrainer mehr denn je auf unsere Hilfe angewiesen. Wir dürfen uns nicht zurücklehnen. Der Krieg wartet nicht.

Mia Gade Møller

Gerade jetzt, wo die erste Hilfs-Euphorie ein wenig nachlasse, sei das eine große Entlastung, meint Gade Møller: „Wir versuchen das natürlich mit aller Kraft zu verhindern. Wir dürfen die Hilfsbereitschaft nicht abreißen lassen. Im Moment sind die Ukrainerinnen und Ukrainer mehr denn je auf unsere Hilfe angewiesen. Wir dürfen uns nicht zurücklehnen. Der Krieg wartet nicht.“

Lage verschlechtert sich

Dass sich die Notlage der Menschen aus der Ukraine von Tag zu Tag verschlechtere, werde den Ehrenamtlichen insbesondere bei den Reisen an die polnisch-ukrainische Grenze vor Augen geführt. Mia Gade Møller war auch schon dort, um zu helfen und sich ein Bild von der Situation zu verschaffen. „Das war schrecklich. Aber ich werde es zu 100 Prozent wieder tun“, sagt die Helferin der ersten Stunde. „Wir bewegen am meisten, wenn wir wissen, was und wofür wir es tun.“

Mittlerweile seien die Geflüchteten, die sie an der Grenze aufnehmen, stark traumatisiert, berichtet Gade Møller: „Sie haben den Krieg erlebt, haben mit eigenen Augen Bomben hochgehen sehen und sind teilweise sogar selbst unter Beschuss gewesen.“ Die Ukrainerinnen und Ukrainer, und vor allem auch deren Kinder nach Dänemark in Sicherheit zu bringen, habe daher oberste Priorität. „Solange der Krieg unter diesen unfairen Bedingungen weitergeht, müssen auch wir weitermachen.“

Im Reformhaus Frk. Helsekost laufen die Fäden der Haderslebener Flüchtlingsinitiative zusammen (Achivfoto). Foto: Annika Zepke

Unbekanntes Ziel

Viele der Geflüchteten wissen gar nicht, wo Dänemark liege, so die Familienmutter: „Sie haben keine Ahnung, was sie erwartet. Aber sie begegnen dem Land mit einer Offenheit, das ist bemerkenswert. Und alle sind bereit zu arbeiten“, freut sich Mia Gade Møller, die auch einen ukrainischen Flüchtling bei sich aufgenommen hat.

Auch in Bezug auf die dänischen Behörden ist die Ehrenamtliche voll des Lobes: „Ich finde, das dänische System ist wirklich gut darin, sich an die Situation anzupassen und Dinge möglich zu machen.“ Eine Sache dürfe laut Mia Gade Møller jedoch nicht außer Acht gelassen werden: „Ohne all die freiwilligen Helferinnen und Helfer ließe sich das nicht bewerkstelligen.“

So kannst du helfen

Sachspenden können dienstags und donnerstags zwischen 15 und 18 Uhr sowie sonnabends von 11 bis 14 Uhr in der Gratis-Boutique im ehemaligen Rathaus an der Gåskærgade 26 abgegeben werden. Alternativ werden Sachspenden während der Öffnungszeiten im Reformhaus Frk. Helsekost an der Nørregade 28 entgegengenommen.

Geldbeträge können auf das Spendenkonto der Flüchtlingsinitiative „Hjælp Ukrainere i Sønderjylland“ (Bankleitzahl: 7932, Kontonummer: 0001172383) überwiesen werden.

Wer Geflüchtete aus der Ukraine bei sich aufnehmen kann, kann sich unter der Telefonnummer +45 25 59 29 27 an Mia Gade Møller wenden.

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