Zugezogene

„Wir bieten ein breites Netzwerk, um sich zu integrieren“

„Wir bieten ein breites Netzwerk, um sich zu integrieren“

„Wir bieten ein breites Netzwerk, um sich zu integrieren“

Apenrade/Aabenraa
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Der Hauptvorsitzende des Bundes Deutscher Nordschleswiger, Hinrich Jürgensen Foto: Nils Baum

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In jüngerer Zeit sind besonders viele Menschen aus Deutschland nach Nordschleswig ausgewandert. Wie schätzt der Bund Deutscher Nordschleswiger (BDN) seine eigenen Möglichkeiten ein, um mehr Zuzüglerinnen und Zuzügler als aktive Mitglieder der Minderheit zu gewinnen? Der BDN-Hauptvorsitzende Hinrich Jürgensen verrät seine Sichtweise auf die Dinge.

Nordschleswig hat in den vergangenen zwei Jahren einen Boom an Zuzüglerinnen und Zuzüglern aus Deutschland erlebt.

Dies hat unter anderem dazu geführt, dass die Nachfrage nach Immobilien in die Höhe geschnellt ist und die Schulen der Minderheit rekordhohe Anmeldezahlen verzeichnen konnten. Auch die Grenzkommunen haben sich auf das gestiegene Interesse von Menschen aus Deutschland, die in Nordschleswig leben möchten, eingestellt und einen Beratungsservice für Zuzüglerinnen und Zuzügler eingerichtet.

Der „Nordschleswiger“ hat bereits in verschiedenen Artikeln über diese Entwicklungen berichtet und mit Maklerinnen und Maklern, dem Schulverein und Schulleiterinnen und Schulleitern sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Kommunen gesprochen.

In einer Serie beleuchtet der „Der Nordschleswiger“, wie Zugezogene das Angebot der deutschen Minderheit sehen und was die Minderheitenorganisationen selbst machen können, um mehr Zuzüglerinnen und Zuzügler als aktive Mitglieder zu gewinnen.

Wie nimmt die Minderheit Zugezogene auf

Doch wie geht die deutsche Minderheit selbst mit Zugezogenen aus Deutschland um?

Um diese Frage zu beantworten, hat der „Nordschleswiger“ mit Menschen gesprochen, die neu in Nordschleswig sind. Wir haben sie gefragt, wie sie mit der deutschen Minderheit in Kontakt gekommen sind, und inwieweit sie sich für die Angebote der Minderheit interessieren. Wir wollten auch wissen, ob sie meinen, ausreichend über das Angebot der Minderheitenorganisationen informiert zu sein.

Der „Nordschleswiger“ hat zudem mit Vertreterinnen und Vertretern der deutschen Minderheit gesprochen und die Frage gestellt, welches Angebot sie Zuzüglerinnen und Zuzüglern machen können. Wo kann gegebenenfalls noch mehr getan werden, und wie nehmen sie das Interesse vonseiten der Zugezogenen wahr?

Hinrich Jürgensen bezieht Stellung

Nachfolgend äußert sich der Hauptvorsitzende des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN), Hinrich Jürgensen, dazu, was die Minderheitenorganisation aus seiner Sicht anbieten kann – und welche Begrenzungen es gibt.

Der Hauptvorsitzende des Bundes Deutscher Nordschleswiger, Hinrich Jürgensen Foto: Nils Baum

Der BDN-Hauptvorsitzende

Hinrich Jürgensen, 62 Jahre, verheiratet mit Micky Jürgensen, mit der er vier Kinder hat, wohnhaft in Tingleff. Seit 2007 Hauptvorsitzender des Bundes Deutscher Nordschleswiger. Zu seinen wichtigsten Aufgaben gehört die Vertretung des BDN und seiner Verbände nach Außen.

BDN bietet weitgefächertes Netzwerk

„Wir können die deutsche Sprache, sodass Zuzüglerinnen und Zuzügler auf Muttersprachenniveau bei uns ankommen können. Und dann bieten wir natürlich ein Netzwerk, ein breites Netzwerk, um sich auch zu integrieren“, preist der Hauptvorsitzende des BDN, Hinrich Jürgensen, die Vorteile der Minderheit an.

Wir können die deutsche Sprache, und sie können auf Muttersprachenniveau bei uns ankommen.

Hinrich Jürgensen, BDN-Hauptvorsitzender

„Wir möchten natürlich gerne, dass die Leute unser Angebot annehmen. Dadurch ist es breiter gefächert, und wir können leichter neue und größere Angebote machen, wenn mehr Leute dahinterstehen“, sagt er weiter.

Initiative auch vonseiten der Zugezogenen

Gleichzeitig hofft Jürgensen, dass sich die neuen Mitbürgerinnen und Mitbürger auch aktiv in die deutsche Minderheit einbringen.  

„Wenn die Leute kommen, wünschen wir uns, dass sie auch ein Teil der Minderheit werden, dass sie sich dann auch integrieren und einsetzen, vielleicht ein Ehrenamt übernehmen. Das möchten wir schon gerne“, sagt Jürgensen.

Wenn die Leute kommen, wünschen wir uns, dass sie auch ein Teil der Minderheit werden.

Hinrich Jürgensen, BDN-Hauptvorsitzender

Denn auch wer neu in Nordschleswig ist, kann Teil der Minderheit werden. „Laut Bonn-Kopenhagener-Erklärungen ist jeder Minderheit, der will“, ergänzt er.

Kommunen als Anlaufstelle

Für viele Zuzügler ist die Kommune die erste Anlaufstelle. Der BDN hat deshalb das Gespräch mit den Bürgermeistern der vier nordschleswigschen Kommunen gesucht. 

Inzwischen gibt es in allen vier Kommunen eine Beauftragte oder einen Beauftragten, die oder der sich der Zuzüglerinnen und Zuzügler annimmt.

BDN-Ortsvereine als wichtige Akteure

„Ich glaube, die Kommunen haben herausgefunden, dass es ein Vorteil ist, dass wir da sind. Ich glaube auch, dass man verstärkt darauf hinweist, dass es uns gibt“, so Jürgensen.

Zudem könne auch der BDN selbst noch verstärkt an Menschen herantreten, die neu nach Nordschleswig kommen. Hier sieht der Hauptvorsitzender in erster Linie die Ortsvereine gefordert. 

Wir stehen jetzt nicht mit einem Flyer an der Grenze und begrüßen jeden, der hierherkommt, das geht nicht. Und wir können auch nicht die Anlaufstelle für Zuzügler sein und sie beraten.

Hinrich Jürgensen, BDN-Hauptvorsitzender

„Wir haben gesagt, dass es eigentlich die Aufgabe der Ortsvereine ist, die Leute aufzusuchen. Die Zentrale in Apenrade kann ja nicht wissen, wer in Renz oder in Norburg einzieht. Deshalb sind wir sehr abhängig davon, dass die lokalen Verbände ein waches Auge haben“, sagt Hinrich Jürgensen und verweist auf die Initiative des Ortsvereins Renz-Jündewatt.

Begrenzte Ressourcen

Allerdings dürfe man nicht außer Acht lassen, dass die Ressourcen, die dem BDN zur Verfügung stehen, begrenzt seien.

„Wir stehen jetzt nicht mit einem Flyer an der Grenze und begrüßen jeden, der hierherkommt, das geht nicht. Und wir können auch nicht die Anlaufstelle für Zuzügler sein und sie beraten. Dafür bekommen wir kein Geld, und die Aufgabe können wir nicht übernehmen, das ist eine kommunale Aufgabe“, so Jürgensen.

Nicht alle wollen Teil der Minderheit sein

Deswegen freut sich Jürgensen auch, wenn die Zuzüglerinnen und Zuzügler von sich aus auf den BDN zugehen. Dass nicht alle daran interessiert seien, liege in der Natur der Sache, schließlich wolle nicht jeder auch Teil der deutschen Minderheit sein.

„Einige kommen nach Dänemark und sagen, wir sind fertig mit Deutschland, wir wollen Dänen werden. Und das ist natürlich fair und als solches auch okay“, meint Jürgensen.

Solange wir ein Angebot liefern, das von Leuten angenommen wird, so lange wird es auch die Minderheit geben.

Hinrich Jürgensen, BDN-Hauptvorsitzender

„Und wir müssen uns selbst auch die Frage stellen, wie groß wir denn werden wollen, wie groß sollen unsere Schulen werden, sollen wir um jeden Preis noch jede Schülerin und jeden Schüler reinquetschen?“, so Jürgensen mit Verweis auf die stark gestiegenen Anmeldezahlen in den Schulen der Minderheit.

Neue Impulse

„Wir haben jetzt 100 Jahre überlebt, mit und ohne Zuzüglerinnen und Zuzügler. Aber sie sind wichtig für uns, denn dadurch gibt es auch neue Impulse. Solange wir ein Angebot liefern, das von Leuten angenommen wird, so lange wird es auch die Minderheit geben. Und solange der finanzielle Rahmen stimmt, das gehört natürlich dazu“, ist sich Jürgensen sicher.

Deswegen sei es auch wichtig, dass sich die Minderheit immer wieder erneuere. Schließlich sei die Minderheit heute eine andere als noch vor 30 oder vor 50 Jahren.

„Wenn die Minderheit nicht gewillt ist, sich umzustellen und neue Herausforderungen anzunehmen, dann existieren wir nicht mehr. Also, wir müssen uns auf die Gesellschaft einlassen, wir müssen uns auch auf die Gegebenheiten einstellen und können nicht einfach an gewachsenen Strukturen festhalten“, sagt Jürgensen.

„Der Nordschleswiger“ wird in dieser Woche täglich einen neuen Artikel zum Thema „Zugezogene“ veröffentlichen.

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