EU-Engagement

„Ich bin in der Minderheit zur Pro-Europäerin geboren“

„Ich bin in der Minderheit zur Pro-Europäerin geboren“

„Ich bin in der Minderheit zur Pro-Europäerin geboren“

Kopenhagen
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Sofie Knauer zeigt Flagge - und zwar die der Europäischen Union. Foto: Europæisk Ungdom

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Die Nordschleswigerin Sofie Knauer ist zur zweiten Vorsitzenden der dänischen Europäischen Jugend gewählt worden. In dem Verband ist sie als junge Studentin in Aarhus auf Gleichgesinnte gestoßen.

Wir treffen uns an Sofie Knauers Studienort, dem Zentrum für Gesellschaft und Gesundheit der Universität Kopenhagen, das im ehemaligen Kopenhagener „Kommunehospital“ untergebracht ist. Umgeben von den historischen Bauten, ermöglicht uns ein milder Herbsttag, im parkähnlichen Innenhof eine ruhige Ecke zu suchen.

Man sieht und vor allem hört Sofie Knauer ihr Engagement an, wenn sie über ihren Weg zur zweiten Vorsitzenden der Europäischen Jugend berichtet.

Die Suche nach neuen Freunden

Begonnen hat es, als sie nach dem Abitur als 18-Jährige „ohne Sabbatjahr“, wie sie betont, zum Studium in Staatswissenschaften zunächst nach Aarhus ging. Sie wollte sich Freunde und Bekannte auch außerhalb des Studiums suchen. Ein Tutor machte sie auf eine Veranstaltung der Europäischen Jugend aufmerksam, an der sie jedoch nicht teilnehmen konnte.

„Zwei, drei Jungs von meinem ‚Hold‘ sind hingegangen und sagten: ‚Sofie, das ist ganz fantastisch. Da musst du unbedingt hingehen, das musst du machen“, berichtet die junge Frau.

Die Gespräche in der Bar

Ihre erste Begegnung mit der Organisation war dann die Generalversammlung der Aarhus-Abteilung. Nicht unbedingt der spannendste Einstieg als werdendes Mitglied. Doch wie so häufig geschahen die entscheidenden Dinge nach Abschluss des offiziellen Programms.

„Danach bin ich mit ihnen zur Studentenbar gegangen und habe sofort gemerkt, dass das Leute sind, mit denen ich mich wirklich gut verstehe, mit denen ich gute Gespräche führen konnte und die offen gegenüber neuen Menschen sind. Sie gaben mir das Gefühl, dass sie mich dabeihaben wollen“, so Knauer.

Die richtige Mischung

Das spontane, gute Verstehen bestätigte sich, nachdem sie Mitglied geworden war. Bei den Gesprächen, häufig erneut in der Studentenbar, ging es naturgemäß oftmals um die Europäische Union. Sofie Knauer erinnert sich jedoch auch an eine Unterhaltung darüber, ob Religion nun eine gute oder eine schlechte Sache sei. Doch gab es auch den Austausch über Alltägliches aus dem Studentenleben, wie Tipps zu guten Professorinnen und Professoren und guten Bars.

„Es war eine Mischung aus wirklich interessanten, intellektuellen Unterhaltungen, bei denen man etwas lernt und ganz normalem, basalem ‚wir sind Studenten‘ und trinken ein, zwei Bier und vielleicht auch ein, zwei Bier zu viel.“

Das verstärkte Engagement

Sofie Knauer ging in den lokalen Aktivitätsausschuss. Bei der nächsten Generalversammlung ein halbes Jahr später forderten die neuen Freunde sie dazu auf, dem lokalen Vorstand beizutreten.

„Das war dann so ein Schneeballeffekt. Auf einmal macht man immer mehr.“

Die Volksabstimmung

Und zu diesem Immer-mehr zählte, dass sie auf nationaler Ebene Vorsitzende des Kommunikationsausschusses der Europäischen Jugend wurde. Ein zentraler Posten, als Staatsministerin Mette Frederiksen (Soz.) zum 1. Juni die Volksabstimmung zur Abschaffung des EU-Verteidigungsvorbehalts ausschrieb.

Wenn es einen Augenblick gibt, den ich gerne noch einmal erleben würde, dann diesen, in dem wir den ersten Exit Poll sehen.

Sofie Knauer, zweite Vorsitzende der Europäischen Jugend

Gemeinsam mit dem damaligen Vorsitzenden und dem damaligen politischen Sekretär war Knauer hauptverantwortlich für die Kampagne der Europäischen Jugend. Doch zwei Tage nach der Abstimmung musste sie außerdem ihre Bachelorarbeit abgeben.

„Ich habe im Mai quasi nicht geschlafen. Das nächste Mal, wenn Mette Frederiksen oder wer es sein mag, eine Volksabstimmung ausschreibt, sollen sie es nicht tun, wenn ich gerade meine Master-Arbeit schreibe“, meint sie lachend.

Der Jubel

Am Abend des 1. Juni veranstaltete die Europäische Jugend gemeinsam mit der Sozialdemokratischen Jugend und der Venstre Jugend eine Wahlfeier. Die letzten zehn Sekunden bis zum ersten Exit Poll um 20 Uhr haben sie laut heruntergezählt.

„Ich dachte, wenn wir das hier verlieren, dann weine ich, kann ich nicht mehr. Wir müssen das hier schaffen, und ich hatte solche Angst. Und in dem Augenblick, als die Zahl der Ja-Stimmen immer weiter stieg von 66 Prozent auf 69 Prozent, sind wir alle aufgesprungen, mit dem Gefühl: Wir haben es geschafft.“

Letztendlich stimmten 66,9 Prozent für die Abschaffung des Vorbehaltes und 33,1 Prozent dagegen. Ein sehr viel deutlicheres Ergebnis als von den meisten erwartet.

„Wenn es einen Augenblick gibt, den ich gerne noch einmal erleben würde, dann diesen, in dem wir den ersten Exit Poll sehen.“

In so einer Welt brauchen wir eine starke gemeinsame Stimme, die für eine demokratische Welt kämpft und für Menschenrechte und freiheitliche Werte.

Sofie Knauer, zweite Vorsitzende der Europäischen Jugend

Der Stolz

Die Kampagnenarbeit, die vielen Debatten, an denen die engagierte Europäerin teilgenommen hat, die durchwachten Nächte und die unzähligen Tassen Kaffee und Energiedrinks – in dem Moment war es den ganzen Einsatz wert gewesen.

„Es war toll, das machen zu können, weil ich das Gefühl hatte, ich kann das beeinflussen. Ich glaube, es ist das in meinem Leben, auf das ich am allerstolzesten bin.“

Die gemeinsame Stimme

Denn für Sofie Knauer ist der Einsatz für den europäischen Gedanken Herzensblut. In einer globalisierten Welt, in der starke Kräfte mit Demokratie wenig am Hut haben, sieht sie die Europäische Union als die richtige Antwort.

„In so einer Welt brauchen wir eine starke gemeinsame Stimme, die für eine demokratische Welt kämpft und für Menschenrechte und freiheitliche Werte, die ich und auch die meisten Menschen in Dänemark und Deutschland als enorm wichtig empfinden. Und diese Stimme haben wir nur in der EU.“

Die Wurzeln

Ihre Kindheit und Jugend in den beiden Kulturen der Minderheit und die damit verbundene Offenheit gegenüber Vielfältigkeit nennt die junge Frau als Wurzeln ihres europäischen Engagements.

„Ich bin aufgewachsen damit, dass die EU eine gute Sache ist, und dass es positiv ist, dass wir verschiedene Kulturen und Diversität haben. Das ist eine Grundeinstellung, die viele Normaldänen oder Normaldeutsche nicht unbedingt haben. Es ist, glaube ich, ein grundlegender Gedankengang, den ich durch das Deutsch-Dänische habe. Deswegen bin ich in der Minderheit zur Pro-Europäerin geboren worden.“

Der Vorsitz

Im Sommer ist Sofie Knauer nach Kopenhagen gezogen, um dort an der Uni ihren Master zu machen (hoffentlich ohne störende Volksabstimmungen). Vor der landesweiten Generalversammlung der Europäischen Jugend am vergangenen Wochenende hatte sie sich entschieden, als gemeines Mitglied für den Vorstand zu kandidieren. Doch dann teilte die zweite Vorsitzende mit, dass sie doch nicht erneut kandidieren möchte, und Knauer entschied sich kurzfristig, sich für diesen Posten zur Verfügung zu stellen.

„Irgendwer muss es ja machen, und ich will es auch sehr gerne machen. Ich bin sehr froh über die Wahl. Ich möchte mehr für die Vereinigung geben.“

Als erster Vorsitzender wurde Jakob Kjeldsen Wind gewählt. Auch ihm wurde das europäische Engagement gewissermaßen in die Wiege gelegt: Seine Mutter, Marlene Wind, zählt zu den markantesten Stimmen in der dänischen Europadebatte.

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