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„Sind die Freien Grünen eine Alternative?“

Sind die Freien Grünen eine Alternative?

Sind die Freien Grünen eine Alternative?

Apenrade/Aabenraa
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Uffe Elbæk hat mal wieder eine Partei mitbegründet, die sich als Option für alle darstellt, die kompromisslose linke und humanistische Politik wollen. Fein, meint Cornelius von Tiedemann – doch es gibt da ein Problem, findet er.

Es ist immer schön, wenn sich neue Parteien bilden, denn das ist ein Anzeichen dafür, dass die Demokratie lebt. Eine neue Partei, die von ehemaligen Spitzen der Partei Die Alternative gegründet wurde, will jetzt in eine demokratische Marktlücke vorstoßen: Trotz vieler Parteien im linken politischen Spektrum gibt es, meinen Uffe Elbæk und Co., derzeit keine Wahl für Linke, die sich eine konsequent grüne Politik und zugleich sachlichere und von Mitmenschlichkeit und Fakten statt von Vorurteilen und Ängsten geprägte Debatte in der Einwanderungspolitik wünschen.

Da stimmt es nachdenklich, dass ausgerechnet eine Partei, die mit solch hehren Zielen antritt, selbst Sachlichkeit vermissen lässt und den emotionalisierten Kampf für die Anerkennung eines Palästinenserstaates zu einem ihrer zentralen Themen macht. Kaum ein Interview mit Parteivertretern, in dem nicht zum Boykott gegen Israel aufgerufen wird, in Kopenhagen soll ein „Palästina Platz“ entstehen, ja, die Partei schlägt gar vor, den Israel-Platz zu teilen und zur Hälfte Palästina-Platz zu nennen.

Sonst noch Sorgen?

Bitte nicht falsch verstehen: Menschen- und Völkerrechte gelten universell – und sich dafür einzusetzen, dass sie auch für die Menschen in Palästina gelten, ist ehrenwert.

Doch warum müssen sich linke Parteien, nicht nur in Dänemark, immer wieder darauf versteifen, Israel zum Feindbild zu stilisieren und immer wieder ausgerechnet auf diesen einen von weltweit etlichen Konflikten zu sprechen kommen? Warum den Nahost-Konflikt im heimischen Wahlkampf zum Stimmenfang gebrauchen?

Anti-israelische Ressentiments sind in der europäischen Linken leider tief verwurzelt und haben einen ihrer Ursprünge in einem konfrontativen Weltbild, das die Palästinenser als Befreiungskämpfer gegen das, so ihr Vorwurf, kapitalistische und von den USA gesteuerte Israel abfeiert.

Ohne auf den Nahost-Konflikt näher eingehen zu wollen: Fest steht, dass Israel existiert, dass es zu Recht existiert und dass es, seit es existiert, von Staaten, Herrschern und Völkern umgeben ist, die das Land und seine jüdische Bevölkerung auslöschen wollen.

Auch die Palästinenser, die ihrerseits einen eigenen Staat fordern, tun sich mehr als schwer damit, Israel endlich ein für allemal anzuerkennen.

Es ist unbestreitbar, dass der ständig bedrohte israelische Staat Fehler gemacht hat und macht. Dass Entscheidungen getroffen wurden und werden, die unnötiges Leid verursachten und noch immer verursachen.

Doch was nützt es denn, wenn nun auch noch in Dänemark damit Wahlkampf gemacht wird, sich in diesem schier unlösbaren Konflikt auf eine Seite zu schlagen, wozu sollen dänische Politikerinnen und Politiker den Staat Israel verbal angreifen? Ist der Nahost-Konflikt nicht schon kompliziert, verbittert und emotional genug?

Ich frage mich: Wem ist damit geholfen, wenn Politikerinnen und Politiker in Dänemark über Israel herziehen?

Der Sachlichkeit in der Integrations- und Einwanderungspolitik jedenfalls mit Sicherheit nicht.

Die Freien Grünen spielen mit dem Feuer, wenn sie einerseits mehr Respekt vor der Integrationsleistung von Einwanderinnen und Einwandern auch und gerade aus Nahost fordern, andererseits aber aktiv Konflikte und Feindbilder aus deren Heimatregion nach Dänemark tragen.

 


 

 

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Cornelius von Tiedemann
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