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„Wenn Geheimnisse nicht mehr geheim sind“

Wenn Geheimnisse nicht mehr geheim sind

Wenn Geheimnisse nicht mehr geheim sind

Kopenhagen
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Hat Verteidigungsministerin Trine Bramsen (Soz.) bei der Aufarbeitung der mutmaßlichen illegalen Aktivitäten des Nachrichtendienstes FE den Interessen des Landes Schaden zugefügt? Oder hat ihr Vorgänger Claus Hjorth Frederiksen dies getan? Diesen Fragen versucht Walter Turnowsky nachzugehen.

Dass Geheimdienste im Geheimen agieren müssen, besagt schon der Name. Dass die Geheimnisse noch stärker gewahrt werden müssen, wenn es um die Zusammenarbeit mit ausländischen Geheimdiensten geht, ist ebenfalls bekannt. Schließlich muss der ausländische Partner darauf vertrauen können, dass Details einer solchen Zusammenarbeit nicht plötzlich in der Zeitung zu lesen sind.

Doch genau das ist mittlerweile der Fall beim Skandal um die mutmaßlich illegalen Aktivitäten des militärischen Nachrichtendienstes FE. Zunächst konnten man bei „DR“ nachlesen, es gehe bei dem Fall um eine Zusammenarbeit mit dem US-Geheimdienst, „National Security Agency“ (NSA). „Weekendavisen“ und „Berlingske“ haben dann weitere Details berichtet.

Es soll darum gehen, dass man seit Ende der 90er Jahren ein Datenkabel gemeinsam mit dem NSA überwachen würde. So gebe man dem US-Geheimdienst Zugang zu Daten über dänische Bürger.

Nun kritisiert Venstre, Verteidigungsministerin Trine Bramsen (Soz.) hätte die Kritik der Aufsichtsbehörde „Tilsynet med Efterretningstjenester“ (TET) nicht öffentlich machen sollen.

„Ein Verteidigungsminister befasst sich mit Themen von Bedeutung für die Sicherheit des Landes. Diese erfordern, dass sie in Vertraulichkeit und geheim gehandhabt werden“, schrieb Claus Hjorth Frederiksen (Venstre) vergangene Woche auf „Facebook“.

Nun kann man Hjorth Frederiksen kaum einen objektiven Beobachter des Falles nennen. Bekanntlich war er der Vorgänger von Bramsen. Die Kritik der Aufsichtsbehörde betrifft der Periode von 2014 bis 2020. Sie fällt also zu großen Teilen in Hjorth Frederiksens Dienstzeit.

Die Frage ist also, ob seine Kritik auch (oder sogar in erster Linie) der eigenen Verteidigung dient. „Weekendavisen“ hat berichtet, sämtliche Verteidigungsminister seit Ende der 90er hätten von der Zusammenarbeit von FE mit der NSA gewusst.

Hjorth Frederiksen hat also durchaus ein Interesse daran, sich als Garant für die Sicherheit des Landes darzustellen, der höhere Interessen gewahrt habe.

Zur Erinnerung: TET kritisiert, FE habe Informationen in einer Weise eingeholt, sodass unbefugt Daten über dänische Bürger beschafft worden seien. Der Nachrichtendienst habe der Aufsichtsbehörde falsche und unvollständige Informationen über diese Aktivitäten gegeben.

Nun hat Venstre die Verteidigungsministerin zu einer vertraulichen Anhörung in den Verteidigungsausschuss des Folketings geladen. Hier wird sie sich der Kritik stellen müssen, sie habe die Sicherheit des Landes gefährdet und das Verhältnis zu anderen Ländern beschädigt. Sie hätte die Kritik der Aufsichtsbehörde hinter verschlossenen Türen halten sollen, so die Ansicht von Venstre.

Mit dem Geheimhalten ist es allerdings so eine Sache. Denn die Informationen über die Zusammenarbeit mit der NSA kamen zunächst aus anonymen Quellen. Hjorth Frederiksen selbst habe dann in einem Interview mit „Weekendavisen“ diese Informationen bestätigt und Details ausgeplaudert. So zumindest die Einschätzung des Redakteurs des Onlinemediums „Olfi“, Peter Ernstved Rasmussen. „Olfi“ befasst sich mit Verteidigungsfragen.

„Und dann, um seine Nachfolgerin anzuschwärzen, erzählt er Staatsgeheimnisse in einem Ausmaß, das mich zutiefst erschüttert“, sagt Ernstved Rasmussen zu „Ritzau“.

Seiner Ansicht nach ist es Hjorth Frederiksen und nicht Bramsen, der sich „landesschädigender“ Aktivitäten schuldig mache.

Im Kern geht es jedoch weiterhin um die Frage, ob FE illegal agiert, also sich zu einem Staat im Staate entwickelt hat. Davon sollten die politischen Diskussionen darüber, wer welche Geheimnisse verraten hat, nicht ablenken.

Doch an genau so einem Ablenkungsmanöver dürften so einige ein Interesse haben.

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