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So läuft der Sexualkundeunterricht an der Deutschen Nachschule Tingleff

So läuft der Sexualkundeunterricht an der Deutschen Nachschule Tingleff

So läuft Sexualkunde an der Deutschen Nachschule Tingleff

Nina Stein
Nina Stein
Tingleff/Tinglev
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Der Sexualkundeunterricht findet an der Deutschen Nachschule Tingleff (DNT) in den Klassenstufen 9 und 10 statt. Foto: Nina Stein

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Mit 20 Jahre alten Lehrbüchern über Sexualität aufklären: Das möchten die Lehrerinnen Nina Dahlgaard und Sofie Clausen vermeiden. Für die Klassenstufen 9 und 10 haben sie sich daher eine neue Unterrichtseinheit überlegt. Wie sie das an der Deutschen Nachschule Tingleff (DNT) umgesetzt haben – und wie dies bei den Schülerinnen und Schülern ankam.

Der Sexualkundeunterricht an Schulen in Deutschland ist „mangelhaft“. Das zumindest sagt Sozialtherapeutin Dr. Johanna Degen im Interview mit dem „Nordschleswiger“. Doch wie sieht es an den Schulen in Nordschleswig aus? In Dänemark ist den Schulen die Gestaltung und Umsetzung des Sexualkundeunterrichts freigestellt.

„Ich glaube, Dänemark ist mit Sex i uge 6 auf einem guten Weg“, meint Nina Dahlgaard, Lehrerin an der Deutschen Nachschule Tingleff (DNT). Dennoch verzichten sie und ihre Kollegin Sofie Clausen auf die Teilnahme an der landesweiten Kampagne. Sie haben stattdessen eine andere Unterrichtsmethode gefunden, um ihren Schülerinnen und Schüler das Thema näherzubringen.

Sex i uge 6

Die Kampagne „Sex i uge 6” (Sex in Woche 6) widmet sich jedes Jahr in Kalenderwoche 6 einem spezifischen Schwerpunkt des Sexualkundeunterrichts. Obwohl die Teilnahme nicht verpflichtend ist, haben viele Schulen in Dänemark die Kampagne in ihren Unterrichtsverlauf integriert. Die Materialien für die Altersstufen 0 bis 10 werden kostenlos von „Sex & Samfund“ auf ihrer Website zur Verfügung gestellt.

Nina Dahlgaard und Sofie Clausen haben in der 9. und 10. Klasse für vier Wochen in Deutsch Fremdsprache das Thema Sexualkunde behandelt. Spielerisch haben sie Themen wie Geschlechtsidentität, Menstruation und Dating den Schülerinnen und Schülern nähergebracht. Dabei lasen sie nicht nur Texte, sondern vertieften das Thema praktisch in Form von Videos, Bildern und Rollenspielen.

Vor allem visuelle Aufgaben waren ein großer Bestandteil des Sexualkundeunterrichts an der Nachschule. Foto: Nina Stein

Lauritz, der vorher auf einer anderen Schule war, hat die Unterrichtseinheit an der Deutschen Nachschule sehr gefallen. „Es war besserer Unterricht – bezogen auf Inhalt und Form.“ Besonders das Anatomie-Quiz habe ihm sehr gefallen, da er hier viele neue Begriffe gelernt hat.

Auch Tobias hat viel an Vokabeln gelernt. „Ich hatte das Thema schon zwei Jahre zuvor. Inhaltlich habe ich nichts Neues gelernt, trotzdem hat es mir sehr Spaß gemacht.“ Besonders, dass es „etwas anderes“ war, habe ihm sehr gefallen.

Wie auch am Deutschen Gymnasium für Nordschleswig (DGN), unterscheiden sich an der Deutschen Nachschule die Wissensstände der Schülerinnen und Schüler. „Ich habe viel über Geschlechtskrankheiten gelernt“, erklärt Oscar, der besonders das Unterthema „Prävention“ interessant fand. Wie auch seinen Mitschülern fällt es ihm leicht, über Sex zu reden. Den Sexualkundeunterricht an der Nachschule finde er gut. „Das hat Spaß gemacht.“

Lauritz, Tobias und Oscar hat der Sexualkundeunterricht an der Deutschen Nachschule Tingleff Spaß gemacht. Foto: Nina Stein

Sofie Clausen hatte bereits ein Jahr zuvor eine Unterrichtseinheit in ihrer Klasse eingeführt. „Ich habe ein gutes Buch gefunden und habe mich gefragt: Warum das nicht integrieren?“ Nach einem Gespräch beim Essen haben Clausen und Dahlgaard beschlossen, dies durch spielerische und visuelle Aufgaben im Unterrichtsfach Deutsch Fremdsprache zu ergänzen.

„Natürlich sind wir Lehrkräfte, aber wir sind auch große Schwester, Mutterersatz und zum Teil Therapeutinnen. Uns wird sehr viel anvertraut und wir versuchen, mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Dabei ist Sex auch ein Thema. Das begrenzt sich nicht nur auf den Unterricht.“

Die Lehrerinnen Sofie Clausen und Nina Dahlgaard haben den Sexualkundeunterricht in ihr Fach „Deutsch Fremdsprache“ integriert. Foto: Nina Stein

Für Fragen sämtlicher Art wurde „Sofies Briefkasten“ eingerichtet, an dem jede Schülerin oder jeder Schüler seine Fragen anonym an Sofie Clausen richten kann. Dieses Angebot steht der Schülerschaft jederzeit zur Verfügung und ist nicht nur auf den Sexualkundeunterricht begrenzt. Laut Clausen wird das Angebot gut angenommen.

Keine Überraschung für die beiden Lehrerinnen. Dahlgaard und Clausen betonen, dass das gute Vertrauensverhältnis zu den Schülerinnen und Schülern bereits vor der Unterrichtseinheit existiere. Zu unangenehmen Situationen sei es daher nicht gekommen. „Für uns lief das ganz natürlich.“

Bei Fragen oder Problemen jeglicher Art können sich die Schülerinnen und Schüler anonym an „Sofies Briefkasten“ wenden. Foto: Nina Stein

Laut Dahlgaard habe das auch viel mit der Schulform zu tun. „Wir wahren einen Abstand, aber trotzdem bedeutet es, dass Schülerinnen und Schüler mehr über uns wissen als an anderen Schulen.“ Dies fühle sich jedoch gut an, da Schülerinnen und Schüler einen dadurch anders verstehen. „Sie verstehen, wieso und wie man reagiert, weil wir uns alle einfach viel besser kennen.“

Für das nächste Schuljahr möchten Clausen und Dahlgaard die Unterrichtseinheit gerne beibehalten. „Anhand der Reaktionen konnte man gut merken, dass die Schülerinnen und Schüler es gut finden“, sagt Dahlgaard. Vor allem die Aktualität und Abwechslung ist ihnen wichtig. „Wir wollen gerne innovativ bleiben.“

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Cornelius von Tiedemann
Cornelius von Tiedemann Stellv. Chefredakteur
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