Nach siebeneinhalb Jahren im SønderjyskE-Trikot war zum Jahreswechsel Schluss. Der dänische Pokalsieger wollte seinem Kapitän kein Angebot zur Vertragsverlängerung unterbreiten. Johan Absalonsen hat einen Monat lang daran geknabbert, ob er anderswo noch ein halbes Jahr dranhängt, doch die Angebote waren nicht reizvoll genug. Der 35-Jährige hat seine Karriere für beendet erklärt.

„Es ist vorbei. Ich ziehe den Stecker raus und werde Vollzeitstudent. Ich werde im Sommer mein Jura-Studium beenden“, sagt Johan Absalonsen im Gespräch mit dem „Nordschleswiger“.

Die Enttäuschung über die fehlende Vertragsverlängerung ist weggesteckt und kann keineswegs die vielen guten Erlebnisse in der SønderjyskE-Zeit überschatten.

„Ich bin mit der Entscheidung im Reinen. Ich blicke mit positiven Brillen auf meine SønderjyskE-Zeit zurück. Ich bin dankbar, was ich an Erinnerungen und Erlebnissen aus meiner SønderjyskE- und aus meiner Superliga-Zeit mitnehmen darf“, so der Außenstürmer.

Den Einstand auf höchstem Niveau gab es am 26. Februar 2004 bei der 0:1-Heimniederlage von Brøndby IF im UEFA-Pokal gegen den FC Barcelona mit Spielern wie Ronaldinho, Xavi, Iniesta, Valdes, Overmars, Cocu und Puyol. Zwei Wochen später folgte das erste von 362 Superliga-Spielen. In der höchsten dänischen Spielklasse ist er der Einzige, der in 17 verschiedenen Superliga-Spielzeiten mindestens ein Tor erzielt hat.

„Höhepunkte gibt es viele. Der erste große Höhepunkt war das Pokalfinale 2007, wo ich mit OB gewinnen konnte und zum Pokalfighter gekürt wurde. Zuvor war ich zwar schon mit Brøndby dänischer Meister geworden, aber meine Einsatzminuten hielten sich in Grenzen. Zu den absoluten Highlights zählen auch mein Debüt in der Nationalmannschaft 2009, die Silbermedaille mit SønderjyskE 2016 und der Pokalsieg mit SønderjyskE 2020“, erinnert sich Johan Absalonsen: „Auch mein Abenteuer in Australien zähle ich dazu. Wir haben zwar nichts gewonnen, aber für mich persönlich und für uns als Familie war das eine Reise voller guter Erinnerungen.“

Das Auslands-Abenteuer kam erst spät in seiner Karriere. Den Sprung in Ausland hätte er schon früher machen können.

„Ich habe in meiner Karriere natürlich die Entscheidungen getroffen, die ich zu dem Zeitpunkt die beste fand, aber rückblickend kann ich schon bereuen, dass ich ein Angebot aus dem Ausland nicht angenommen habe. Ich hätte gerne gesehen, was passiert wäre. Ich hatte vor meiner SønderjyskE-Zeit Angebote aus der französischen Liga, aus der 2. Bundesliga, aus der Serie A und auch ein exotisches Angebot aus dem Fernen Osten“, sagt der 35-Jährige, ohne näher auf Vereinsnamen eingehen zu wollen.

Johan Absalonsen war 2009 bei OB zum Nationalspieler geworden und wechselte im Januar 2011 zum FC København, wo er sich aber nicht durchsetzen konnte und nach einer Ausleihe zu AC Horsens im Sommer 2012 bei SønderjyskE landete.

„Ich hatte mir damals nicht vorstellen können, dass ich so lange bleiben würde. Als ich vom FCK kam, war das ein Schritt nach unten, um wieder einen Schritt nach oben zu nehmen. Ich habe aber nicht das Niveau erreicht, das mir einen Wechsel ermöglichen könnte“, so Absalonsen.

Das Niveau reichte aber allemal, um bei SønderjyskE zum Publikumsliebling und zur Legende zu werden. Und dem Kapitän ist der Klub auch ans Herz gewachsen.

„Als ich 2012 zu SønderjyskE kam, habe ich hier die Mentalität eines Kleinklubs vorgefunden. Und das ist positiv gemeint. Wir hatten nicht das Spielermaterial, um mithalten zu können und mussten auf den Zusammenhalt bauen. Wir waren bereit, auf dem Platz für den Nebenmann zu sterben, um die letzten Prozente rauszukitzeln, damit wir wettbewerbsfähig sein konnten. Und an dieser Einstellung und an diesen Werten hat man versucht, festzuhalten, obwohl die Unterschiede zu damals riesengroß sind und alles viel professioneller geworden ist. Jetzt sind mindestens zwei Spieler für jede Position im Kader, und das kann auch Spannungen mit sich führen. Das gibt einige Herausforderungen, die man meistern muss“, meint er.

Vorerst wird er der Welt des Sports den Rücken kehren, doch eine spätere Rückkehr schließt er keineswegs aus.

„Ich habe seit 2009 auf Teilzeit Jura studiert und möchte damit auch etwas anfangen. Ich weiß noch nicht was, aber ein Einstieg in eine Anwaltspraxis oder bei der Polizei ist durchaus denkbar. Die Welt des Sports ist die, die ich kenne, und ich könnte mir langfristig eine Rückkehr vorstellen, aber ich würde gerne anderswo berufliche Erfahrungen machen, um mehr Ballast zu haben, sollte ich in die Welt des Sports zurückkehren“, sagt Johan Absalonsen.

Demnächst wird der Stuhl des Sportchefs von SønderjyskE frei, und der Rekordspieler wäre nicht uninteressiert, sollte er das Angebot bekommen.

„Jeder Job bei SønderjyskE wäre für mich interessant. Meine Zeit dort ist so gut gewesen, dass ich eine Rückkehr zu SønderjyskE keineswegs ausschließen möchte“, so der 35-Jährige.