Kommunalwahl 2021

Henrik Frandsen: „Wir mussten nehmen, was übrig blieb“

Henrik Frandsen: „Wir mussten nehmen, was übrig blieb“

Henrik Frandsen: „Wir mussten nehmen, was übrig blieb“

Tondern/Tønder
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Hier war die Welt noch in Ordnung: Bürgermeister Henrik Frandsen verliest das Wahlresultat (Archivfoto). Foto: Jane Rahbek Ohlsen

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Obwohl sich die Tønder Listen am Sonnabend der Konstituierungsabsprache angeschlossen hatte, war sie am nächsten Tag nicht zu einem weiteren Treffen der Koalitionspartner eingeladen. Frandsen-Truppe blieben nur die „Reste vom Feste“.

„Ich muss jetzt herausfinden, was ich die nächsten vier Jahre machen muss“, meinte Bürgermeister Henrik Frandsen (Tønder Listen) eine Woche nach der Kommunalwahl, die für ihn zum Jahresende eine Absetzung aus dem höchsten politischen Amt in der Kommune Tondern bedeutet.

Obwohl sich die Tønder Listen am Sonnabend der Konstituierungsabsprache der sechs anderen Parteien (Schleswigsche Partei, Sozialdemokraten, Borgerlisten, Venstre, Konservative und Neue Bürgerliche) angeschlossen hatten, wurde dennoch nicht eingeladen, als sich die Koalitionspartner Sonntagabend trafen.

Dafür saß der wiedergewählte Stadtratsabgeordnete Bjarne L. Henneberg (Sozialistische Volkspartei) mit am Tisch. SF hatte erst am Sonntag grünes Licht für die Unterstützung der Konstituierungsabsprache gegeben, also einen Tag nach der Tønder Listen.

In der Wahlnacht hatte die Partei um Henneberg noch am Verhandlungstisch gesessen. Die Tønder Listen musste als einzige vor der Tür bleiben. Henneberg hatte die Gespräche vorzeitig beendet. Ihm fehlten ambitiösere Klimathemen in der Absprache.

 

Eine A- und eine B-Mannschaft

 „Man bekommt den Eindruck, dass es in diesem Vertrag eine A- und eine B-Mannschaft gibt. Ich hoffe nicht, dass das die proklamierte, neue politische Kultur sein wird“, meinte Henrik Frandsen am Dienstag.

Der designierte neue Bürgermeister Jørgen Popp Petersen (Schleswigsche Partei) bestätigt den Verlauf. „Wir sechs Parteien hatten für Sonntagabend ein neues Treffen vereinbart, wenn eine Stellungnahme der Tønder Listen in Bezug auf unser Angebot vorgelegen hätte, Teil der Konstituierungsabsprache zu werden. Die Rückmeldung kam schon am Sonnabend. Dennoch hat sich Henrik Frandsen im Anschluss in den Medien zweideutig geäußert", erklärte Popp Petersen.

Natürlich soll die Tønder Listen mit dabei sein, wenn wir gemeinsam einen Neuanfang unternehmen wollen.

Jørgen Popp Petersen

Das sei nicht der Grund, dass die Tønder Listen nicht zum Treffen am Sonntagabend eingeladen wurde, dafür aber SF“, meinte Jørgen Popp Petersen auf Anfrage, ohne aber genau zu erklären, was dann der Grund war. Er wiederholte nochmals, dass SF in der Wahlnacht an den Konstituierungsverhandlungen teilgenommen habe, aber vorzeitig das Treffen verließ.

„Natürlich soll die Tønder Listen mit dabei sein, wenn wir gemeinsam einen Neuanfang unternehmen wollen. Wir müssen einen Schritt weiterdenken“, versicherte Popp Petersen auch.

Dennoch wurde Bjarne Lund Henneberg am Sonntagabend eingeladen. „Ein entsprechendes Angebot haben wir nicht erhalten, denn es ging den Parteien ausschließlich darum, dass weder ich noch Martin Iversen von Venstre Bürgermeister werden sollten. Venstre hätte eigentlich gar nicht mit ins Boot geholt werden sollen, wurde es aber aus Sicherheitsgründen, da wir den großen Wahlsieg und den Gewinn von neun Mandaten feierten“, erklärt der bald Ex-Bürgermeister dennoch stolz.

Die Politiker und Freunde der Tønder Listen applaudieren bei Bekanntgabe des Wahlergebnisses. Foto: Jane Rahbek Ohlsen

Frandsen hatte in der Wahlnacht das Rathaus verlassen, bevor die Koalitionspartner das Ergebnis ihrer Verhandlungen gegen 3.45 Uhr präsentierten. Als er ging, ahnte er bereits, was ihm die Stunde der Wahrheit geschlagen hatte. Frandsen hatte fünf Stunden gewartet. Da er nicht an den Verhandlungstisch gebeten wurde, ging er zu Bett und machte sein Handy aus. Am nächsten Morgen sah er, dass Jørgen Popp Petersen sowohl eine SMS geschickt als auch angerufen hatte.

 

„Es hätte auch nichts geändert, wäre ich im Rathaus geblieben. Dort hätte ich auch mit der Pistole vor der Brust gestanden. Das Spiel war gelaufen, und wir müssen die Reste akzeptieren, die die anderen übrig gelassen haben. Das eine sind die Spielregeln der Politik. Was anderes ist die Moral, wenn man den Wahlsieger, neun Mandate und das Votum der Wähler nicht berücksichtigt“, meint Frandsen.

Die Parteien außer Tønder Listen und Venstre hatten sich vor dem Wahltag bereits zusammengesetzt und die weitere Marschroute festgelegt. „Ich habe auch alle Parteien vor der Wahl zu Gesprächen in der Wahlnacht aufgefordert. Dies geschah in Einzelgesprächen. Aber daran hielt man sich ja nicht“, so Frandsen. Er habe in der Wahlnacht gar nicht anders agieren können. Eine wahltechnische Zusammenarbeit mit anderen Parteien hätte der Tønder Listen nichts genützt. „Das hätte nicht viel verändert. Nur dass Venstre noch ein Mandat an uns verloren hätte.“

Doppelte Besetzung

Nach dem d`hondtschen Verteilungsschlüssel gebe es für seine Liste zehn Plätze für neun Mandate in acht Ausschüssen. „Also müssen wir in einem Ausschuss doppelt besetzt sein“, rechnet Frandsen vor. Hätte sich seine Liste nicht dem Koalitionsvertrag angeschlossen, wäre kein Ausschussvorsitz dabei herausgesprungen. Ihm persönlich gehe es um einen Platz im Finanzausschuss.

Außerordentliche Stadtratssitzung

Trotz der schlechten Stimmung vor, während und nach der Wahl stehen jetzt alle 31 Mitglieder aller Parteien hinter der getroffenen Absprache, die aber auch eine außerordentliche Sitzung des jetzigen Kommunalparlaments vor dem 9. Dezember auslöst. An dem Tag soll sich der neu gewählte Stadtrat konstituieren.

Da ein neuer Ausschuss für Wachstum gegründet wird und die Anzahl der Sitze im Finanzausschuss erhöht wird, muss eine Änderung der kommunalen Satzungen vom alten Stadtrat gutgeheißen werden. Laut der Absprache wird gerade dieser Ausschuss auf neun Sitze vergrößert, damit jede der acht Stadtratsparteien vertreten wird. Für Venstre sind beim Verhandlungspoker zwei Sitze in dem wichtigen Gremium herausgesprungen.

Popp Petersen hofft, dass der Punkt Satzungsänderungen in erster Lesung am Donnerstag, 25. November, auf die Tagesordnung gesetzt werden kann. Eine Verabschiedung erfolgt in zweiter Lesung – und das vor dem 9. Dezember.

 

 

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