Kommunalpolitik

Frühaufsteher Popp seit einem Jahr im Spitzenamt

Frühaufsteher Popp seit einem Jahr im Spitzenamt

Frühaufsteher Popp seit einem Jahr im Spitzenamt

Tondern/Tønder
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SP-Politiker Jørgen Popp Petersen hat seit einem Jahr seinen Arbeitsplatz im Rathaus. Foto: Jane Rahbek Ohlsen

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Der Bürgermeister spricht über Veränderungen in seinem Leben und Erfahrungen aus seiner ersten Amtszeit. Er gibt auch Einblick in die angestrebte Kulturänderung im Stadtrat.

„Jetzt müssen wir erst mal Tondern wuppen“, sagte der Bürgermeisterkandidat der Schleswigschen Partei (SP), Jørgen Popp Petersen, im Oktober 2021 bei dem deutsch-dänischen Westküsten-Minderheitengipfel auf dem Markt in Tondern.

„Wir haben keinen Größenwahn, sondern in Kopenhagen ein gut funktionierendes Sekretariat der deutschen Minderheit“, beantwortete er weiter die Frage vom Generalsekretär von „Sydslesvigsk Forening“, Jens A. Christiansen. In der Rolle als Moderator wollte dieser wissen, wann die SP ins Folketing wolle.

Tondern wurde gewuppt, und Jørgen Popp Petersen verlegte am 3. Januar 2022 seinen Hauptarbeitsplatz vom Hof in Seewang (Søvang) ins Bürgermeisterbüro im Rathaus in Tondern, wo wir ihn besuchen.

Vom Hof ins Bürgermeisterbüro

Zur Frage nach der größten Veränderung in seinem Leben überlegt er kurz.

„Es ist wohl die Tatsache, dass man eine offizielle Person ist. Sehr viele wissen, wer der Bürgermeister ist. Das ist für mich kein Problem, man muss sich jedoch auch entsprechend benehmen und versuchen, alles zu umschließen“, beantwortet er die Frage nach der größten Veränderung in seinem Leben.

Ist dadurch weniger Platz für die Privatperson Jørgen geworden?

Jørgen Popp Petersen im Bürgermeisterbüro Foto: Jane Rahbek Ohlsen

Bürgermeister in allen Lebenslagen

„Ja, das ist es. Ich bin Bürgermeister, ungeachtet dessen, wo ich bin. Peter Christensen hat mir mal gesagt, dass der Bürgermeistertitel viele Türen öffnet. Das stimmt. Damit folgt aber auch eine Verpflichtung“, so Popp Petersen.

Der Sozialdemokrat Peter Christensen, der Ende 2021 auf eigenen Wunsch aus der Politik ausschied, war früher viele Jahre Bürgermeister in Hoyer.

„Die Politik ist das Wichtigste“

Es gebe immer eine nächste Aufgabe und etwas, das vorbereitet werden wolle. „Es gibt richtig viele Termine und Aufgaben. Wichtig ist jedoch das Kerngeschäft mit der politischen Tagesordnung. Die Sitzungen im Finanzausschuss und die Sitzungen im Stadtrat, darum geht es“, sagt Popp Petersen.

„Menschlich gesehen handelt es sich wirklich um einen guten Arbeitsplatz. Es herrscht eine gute Stimmung, und die Mitarbeitenden sind hilfsbereit“, so seine Erfahrung.

Popp ist nicht nur im Sommerhalbjahr auf dem Fahrrad unterwegs. Foto: Jane Rahbek Ohlsen

Bei Diskussionen geht es um die Sache

Zu seinen Kernpunkten im Wahlkampf gehörte eine neue politische Kultur im Kommunalrat. Daran erinnert auch eine ganzseitige Anzeige an einer Tür in seinem Zuhause.

„Ich finde, es läuft gut. Wir haben zwar ein paar Dinge, wo es nicht so flutscht, dann geht es aber um die Sache, und ich habe nicht das Gefühl, dass man nach dem Mann geht.“

Acht Parteien an einem Etat-Strang

Er erwähnt die „sehr gute“ Visions- und Strategieabsprache und die Tatsache, dass alle acht Parteien den Etat mittragen.

„Der gemeinsame Einsatz für die regenerative Energie hätte sich früher auf keine Art und Weise machen lassen können. Wir haben zwar politische Diskussionen, dies ändert aber nichts daran, dass ich finde, dass wir im Kommunalrat, der viele neue Mitglieder zählt, eine gute Zusammenarbeit haben“, so Popp.

Im 31-köpfigen Stadtratsteam hielten vor zwölf Monaten 13 neue Mitglieder ihren Einzug.

Mit dem Fahrrad als Transportmittel

Hat der 59-jährige Landwirt das Laufen auch nicht komplett an den Nagel gehängt, so lässt es sich in den Bürgermeister-Alltag nicht besonders gut einpassen.

Um Bewegung zu erhalten, hat er jedoch das Fahrradfahren neu für sich entdeckt. So nutzt er seit April den Drahtesel als Transportmittel für die 14 Kilometer von Seewang nach Tondern und retour. Wohlgemerkt ohne E-Hilfe.

„Da gibt ausschließlich ein Roggenbrot-Motor Antrieb“, so Popp Petersen verschmitzt auf eine entsprechende Frage der Fotografin bei unserem Besuch im Bürgermeisterbüro.

Popp gegen Popp

„Sonst bin ich seit meiner Schulzeit eigentlich nicht geradelt“, sagt er. Dass er die Strecke von Seewang nach Tondern und retour in einem überaus flotten Tempo zurücklegt, hängt mit einem Wettbewerb, den er mit sich selbst austrägt, zusammen.

Er will die Strecke binnen einer halben Stunde schaffen, wenn der Wind ihm keinen Strich durch die Rechnung macht. Termine, die von Tondern aus einen Transport auf vier motorisierten Rädern erfordern, nimmt er mit einem Auto aus dem kommunalen Fuhrpark wahr.

Beim Radfahren setzt der Bürgermeister auf Beinkraft. Foto: Jane Rahbek Ohlsen

Der frühe Vogel fängt den Wurm

Wer mit Popp Schritt halten will, der muss nicht nur früh, sondern sehr früh aufstehen.

Sein Tag fängt seit vielen Jahren früh an. „Ich mag gerne früh aufstehen. Das habe ich nahezu immer getan, da ich immer zu irgend etwas gerannt bin“, sagt der ehemalige Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Hauptvereins für Nordschleswig. Er steht um 4.15 Uhr auf, liest Zeitung und isst Haferflocken, bevor es in den Stall geht.

Nach dem morgendlichen Einsatz auf dem Hof schwingt er sich dann aufs Fahrrad, um vor 8 Uhr im Rathaus einzutreffen.

Sønderjysk als Markenzeichen

Es gebe ziemlich viele Einladungen, um etwas über „den tyske borgmester“ zu erfahren. „Das erfährt immer noch viel Aufmerksamkeit.“

Der „deutsche“ Bürgermeister hat von Anfang an in seiner neuen Position an seiner Authentizität und seinem Sønderjysk festgehalten.

„Viele kommentieren es, ich habe aber keine negativen Kommentare gehört. Ich mache das ziemlich konsequent. Ich schreibe nie hej, sondern mojn und grüß damit auch, wenn ich jemanden zufällig treffe.“

Auch in Hoyer (Højer) herrschte beim Besuch der Königin Volksfeststimmung (Archivfoto). Foto: Jane Rahbek Ohlsen

Der offizielle Besuch von Königin Margrethe in der Kommune Tondern bildete keine Ausnahme. „Darauf hat nichts hingedeutet“, so Popp Petersen zur Frage, ob sie Probleme damit gehabt habe, ihn zu verstehen.

Die Königin hatte von einem Dienstmädchen aus der Grafenfamilie Schack aus Mögeltondern (Møgeltønder) erzählt, die der Familie viel über Tondern und Nordschleswig beigebracht hatte. In der Kindheit der Königin ging es vom königlichen Sommersitz in Gravenstein (Gråsten) nach Lakolk zum Baden.

Spaß an der Begegnung mit Menschen

Vorträge bei Ældresagen und der Vortragsreihe von Det Grå Guld lockten im Herbst jeweils 100 Teilnehmende an.

„Das macht Spaß, ich rede gerne mit Menschen. Es ist wichtig, dass die Leute, die Lust haben, den Bürgermeister zu treffen, die Möglichkeit haben“, so Popp.

„Wir haben einige Klassen aus den Volksschulen und dem Gymnasium zu Gast. Für die Besuche gibt es ein kleines Konzept. Unter den Kindern und Jugendlichen gibt es viele Fragen zur deutschen Minderheit.“

Viele haben ein Anliegen

„Ich bin wohl nach wie vor davon überrascht, wie viele Menschen mit dem Bürgermeister sprechen wollen, weil sie etwas auf dem Herzen haben, oder im System mit der Stirn gegen die Wand gelaufen sind. Ich kann aber in diesen Angelegenheiten nichts ausrichten. Es hat mich aber nachhaltig von der Wichtigkeit der Bürgerberaterin überzeugt“, so der SP-Politiker.

Ein königlicher Höhepunkt

Bei der Frage nach einem Höhepunkt in seiner Bürgermeister-Tätigkeit muss er nicht lange überlegen.

„Der 6. August mit dem Besuch der Königin geht in die Geschichtsbücher ein. Es umfasst aber auch die zwei vorausgegangenen Tage mit der Schau der Gardehusaren und den Pferden aus den königlichen Ställen.“

Auch die Generalprobe im Landauer für seine Frau Elsbeth und ihm am Vortag des Besuches von Königin Margrethe sei super gewesen.

Im Landauer ging es am 6. August für den Bürgermeister und seine Frau Elsbeth mit der Königin durch die Innenstadt. Foto: Jane Rahbek Ohlsen

Eine Kutschfahrt voller Konzentration

„Bei der Fahrt am Tag danach habe ich mich auf die Königin konzentriert und ihr von den Sachen erzählt, die wir passiert haben. Vom ganzen Drumherum habe ich nichts mitbekommen. Einiges habe ich erst nachher auf Bildern gesehen“, so der Bürgermeister.

Ein Erlebnis sei zudem das Frokost vor der Generalprobe in der Kutsche in der Offiziersmesse gewesen. Da mussten erst der Bürgermeister und danach seine Frau eine Flasche Champagner mit dem Säbel öffnen. „Das klappte gut“, so Popp mit Blick auf die Premiere.

Ob am letzten Tag des Jahres 2022 im Hause Petersen der Champagner auch so geköpft worden ist, wissen wir nicht.

Zur Familie mit den vier Töchtern Didde in Seewang, Thea in Flensburg, Anna in Ebeltoft, Lene in Aarhus sowie ihren Partnern gehören mittlerweile auch drei Enkelkinder. Und der Opa hat sein erstes Jahr als Bürgermeister hinter sich.

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