Diese Woche in Kopenhagen

„Benny mit und ohne Badewanne“

Benny mit und ohne Badewanne

Benny mit und ohne Badewanne

Kopenhagen
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Benny Engelbrecht nach seiner Abschiedsaudienz bei der Königin Foto: Thomas Sjørup/Ritzau Scanpix

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Am Donnerstag musste der am Nübelnoor wohnhafte Transportminister Benny Engelbrecht zurücktreten. Bereits am Montag verstarb einer der bedeutendsten Kinderbuchautoren Dänemarks. Eine Namensgleichheit hat Walter Turnowsky dazu verleitet, die beiden Ereignisse zu verknüpfen.

Zwei Bennys prägten die Nachrichten der nun fast vergangenen Woche. Der eine wohnt in dem kleinen Dorf Atzbüll (Adsbøl) am Nübelnoor. Der andere, der mit der Badewanne, in einem Hochhaus im Kopenhagener Vorort Gladsaxe.

Nun könnte man annehmen, dass es lustiger ist, in einem Eigenheim in Nordschleswig zu wohnen als in einem Plattenbau in Høje Gladsaxe. Doch das Gegenteil ist derzeit der Fall.

Denn der Benny mit der Badewanne findet auf deren Grund unerwartet eine ganze farbenfrohe Welt.

 

Der (Benny Engelbrecht) wäre in den vergangenen Tagen wahrscheinlich auch gerne in eine Badewanne abgetaucht.

Walter Turnowsky

Dies – wie auch seine eigene Existenz – verdankt er der wild wuchernden Fantasie seines „Vaters“ Flemming Quist Møller, der am Montag verstorben ist. Auf ihn und damit auch der Radelmücke Egon und das Dschungeltier Hugo werde ich noch zurückkommen.

Wenden wir uns also zunächst dem Benny aus Atzbüll, Engelbrecht mit Nachnamen, zu. Der wäre in den vergangenen Tagen wahrscheinlich auch gerne in eine Badewanne abgetaucht (inwiefern er überhaupt eine besitzt, gehört in die Privatsphäre und geht uns daher nichts an).  

Doch mit dem Abtauchen war nichts, sondern eine Krisensitzung jagte die nächste, und am Donnerstag musste er dann sogar ein fast dreistündiges Verhör des Verkehrsausschusses über sich ergehen lassen.

Am Ende war die Einheitsliste mit seinen Antworten dann trotz aller Bemühungen Bennys nicht zufrieden. In einem kurzen Interview mit „DR“ gab er seinen Rücktritt bekannt und ist dann zunächst doch abgetaucht.

Die Chefin der Einheitsliste, Mai Villadsen, spricht Benny Engelbrecht ihr Misstrauen aus. Foto: Liselotte Sabroe/Ritzau Scanpix

Dabei waren Bennys Vergehen nicht unbedingt Kapitalverbrechen. Als er während der Infrastrukturverhandlungen sagte, es sei schwierig, den CO₂-Ausstoß von Bauprojekten zu berechnen, hat er nicht direkt gelogen. Doch es war eben auch nicht die ganze Wahrheit. Denn, wie wir jetzt wissen, gab es die Berechnungen, sie waren nur nicht genau genug.

In den meisten Fällen wäre eine Ministerin oder ein Minister mit der in der dänischen Polit-Sprache gängigen „Nase“ davongekommen, die ihm die Radikalen und die Sozialistische Volkspartei umbinden wollten.

Doch da hatte Benny – und wohl auch Mette (Frederiksen mit Nachnamen) – die Rechnung ohne die Wirtin gemacht. Und die Wirtin war in diesem Fall die Einheitsliste (EL), die wegen Unstimmigkeiten mit der Regierung in Sachen Klima und Wohlfahrt ohnehin schon frustriert – ein Kinderbuchautor hätte vielleicht gesagt „stinksauer“ – war.

Benny Engelbrecht per Rad auf dem Weg zur Königin Foto: Thomas Sjørup/Ritzau Scanpix

Und da kam ihnen jetzt der Benny, der bislang eher unauffällig gewesen war, gerade recht, um Mette eins auszuwischen. Sie wussten, dass er für sie nicht so wichtig war, dass sie ihn unbedingt halten wollte. Und so musste er sich dann Freitagmittag auf sein Fahrrad zur Abschiedsaudienz bei Königin Margrethe begeben. Danach versicherte er, er sei nicht erbittert über den Bechluss der Einheitsliste. 

Sollten sich jedoch Mette und EL-Chefin Mai (Villadsen) am Freitag auf den Gängen von Christiansborg begegnet sein, dürfte die Begrüßung eher kühl ausgefallen sein.

Doch verlassen wir jetzt, wo das Wochenende naht, diese unerquicklichen Ereignisse und wenden uns wieder dem anderen Benny zu. In einem Tümpel findet er eine Kaulquappe, die er mit nach Hause nimmt und in die Badewanne legt. In Wahrheit ist sie ein verwunschener Prinz, der aus Dankbarkeit Benny die wundersame Unterwasserwelt voller Meerjungfrauen und Kraken am Grund der Badewanne zeigt.

Der Zeichentrickfilm, den Flemming Quist Møller gemeinsam mit Jannik Hastrup 1971 über Bennys Abenteuer machte, ist als einziger Kinderfilm in den Kanon des Kulturministeriums aufgenommen worden. Quist Møller freute sich zwar, dass Kollegen den Film ausgewählt hatten, hielt jedoch von derartigen Heiligsprechungen eher wenig.

Bereits vier Jahre vor Benny kam dessen „älterer Bruder“, die Radelmücke Egon, in einem Kinderbuch zur Welt. Während alle anderen Mücken nach dem Schlüpfen aus dem Wasser stiegen und davonflogen, „tauchte die Radelmücke Egon auf einem schönen neuen Rennrad aus dem Wasser auf“. Seither saust er – bevorzugt im Sprint – auch in Zeichentrickfilmen und Theatervorstellungen durch die Gegend und trifft unterwegs auch die Tanzmücke Dagmar.

Insgesamt war 1967 ein goldenes Jahr für die dänische Kinderliteratur. Auch der kleine Virgil von Ole Lund Kierkegaard (später auch Gummi-Tarzan), Silas von Cecil Bødker und „Snøvsen“ von Benny (ja, ein weiterer) Andersen haben dieses Jahr in ihren Geburtsurkunden stehen. Die Blödelreime zum Alphabet von Halfdan Rasmussen erfreuen seit diesem Jahr ebenfalls eine Kindergeneration nach der anderen.

1988 erweckte Flemming Quist Møller das Dschungeltier Hugo in Lied, Buch und Zeichentrickfilm zum Leben. Hugo ist das einzige Tier seiner Art und zählt somit zu den seltensten überhaupt.

All diese Figuren sind schon längst – ob nun kanonisiert oder nicht – zu wichtigem dänischen Kulturgut geworden; haben Kinderliteratur, -film und -fernsehen entscheidend beeinflusst.

Und somit möchte ich dir ein schönes Wochenende wünschen. Ob du es dafür nutzt, ähnlich eines Jaques Cousteau – oder vielleicht von einem gelben U-Boot aus –, die Tiefen deiner Badewanne zu ergründen, dich einer Mücke gleich aufs Rennrad zu schwingen oder ob du dich in den Dschungel gleich nebenan begibst, um dort einen Blaubären oder gar den Glücksdrachen Fuchur zu suchen, das will ich dir selbstverständlich ganz selbst überlassen.

Und vielleicht kann ja sogar ein gestrauchelter Transportminister sich auf diese Weise ein wenig aufmuntern.

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