Grenzüberschreitende Zusammenarbeit

SP und SSW wollen Grenzregion gemeinsam voranbringen

SP und SSW wollen Grenzregion gemeinsam voranbringen

SP und SSW wollen Grenzregion gemeinsam voranbringen

Flensburg
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Stephan Kleinschmidt (Schleswigsche Partei), Stefan Seidler, Sybilla Lena Nitsch und Flemming Meyer (Südschleswigscher Wählerverband) präsentieren im Flensborghus ihr gemeinsames Eckpunktepapier, mit dem sie der Grenzregion einen Schub geben wollen. Foto: Nils Baum

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Die Schleswigsche Partei und der Südschleswigsche Wählerverband haben ein gemeinsames Eckpunktepapier vorgestellt, mit dem sie Nord- und Südschleswig neuen Schub als nachhaltige Wachstumsregion geben wollen. Ihr Ziel ist es, die Interessen der Minderheit in Berlin und Kopenhagen wieder sichtbarer zu machen.

SSW-Landesvorsitzender Flemming Meyer erinnert einleitend daran, dass die deutsch-dänische Grenze einst die beiden Regionen nördlich und südlich davon zu Randgebieten gemacht hatte. Das wollte man damals ändern und die Grenze stattdessen als Bindeglied verstanden wissen. Zu den größten Hindernissen zählten zunächst die Barrieren in den Köpfen, so Meyer.

Heute sei die grenzüberschreitende Zusammenarbeit auf vielen Feldern Realität, doch die Flüchtlingskrise im Jahr 2015 habe gezeigt, wie belastend eine Grenze für eine Region sein kann. Und deshalb sei es notwendig, Nord- und Südschleswig als Wachstumsregion zu fördern. Dafür stünden bereits viele Mittel bereit, doch gelte es, diese auch auszunutzen.

„Die Grenzkontrollen im Zuge der Flüchtlingskrise 2015 haben gezeigt, wie belastend die Grenze für eine Region sein kann“, gibt SSW-Landesvorsitzender Flemming Meyer zu bedenken. Foto: Nils Baum

Freude über gemeinsames Eckpunktepapier

Stephan Kleinschmidt von der Schleswigschen Partei (SP) freut sich deshalb darüber, dass es gelungen ist, die gemeinsamen Interessen beider Parteien in einem Eckpunktepapier zusammenzufassen.

Es muss den Mut geben, mal auf die andere Seite der Grenze umzuziehen.

Stephan Kleinschmidt, Schleswigsche Partei

„Hinter uns liegt ein Abgleich unserer Parteiprogramme und ein gemeinsamer Wille, ein Stück Normalität in die Grenzregion zu bringen und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit wieder voranzutreiben, mit noch mehr Schub, mit noch mehr Begeisterung. Die Zielmarke der Schleswigschen Partei ist, und wohl auch des SSW, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit nichts Außergewöhnliches ist, sondern etwas ganz Normales“, erläutert Stephan Kleinschmidt den Hintergrund für das gemeinsame Strategiepapier.

Minderheitenparteien als Brückenbauer

Sybilla Lena Nitsch, stellvertretende SSW-Landesvorsitzende, sieht die beiden Minderheitenparteien als Brückenbauer.

„Wir sehen es insbesondere als eine große Vermittlungsaufgabe an die junge Generation an, wie wir sie am besten in die grenzüberschreitende Zusammenarbeit einbinden können. Es ist ein bisschen wie die Frage nach dem Ei und dem Huhn: Was war zuerst da? Sollen sich die Jugendlichen an uns wenden, oder sollen wir, die in verschiedenen Ausschüssen sitzen, ihnen Foren und Gremien zur Verfügung stellen, sodass sie die Region und die kulturelle Zusammenarbeit dort repräsentieren können?“, fragte Sybilla Lena Nitsch rhetorisch.

Sybilla Lena Nitsch (Südschleswigscher Wählerverband) möchte vor allem die junge Generation in die grenzüberschreitende Zusammenarbeit einbinden und setzt dabei vor allem auf kulturelle Aspekte. Foto: Nils Baum

Regionale Verbundenheit entscheidend

Ein wichtiges Ziel dabei sei zu verhindern, dass junge Menschen das Gefühl bekämen, nach Hamburg oder Kopenhagen ziehen zu müssen, um beispielsweise eine Schauspielausbildung machen zu können. Deshalb sei es wichtig, auch in der Grenzregion eine entsprechende Talentausbildung anzubieten, denn nur so könne die regionale Verbundenheit unter den jungen Menschen gestärkt werden, gibt Sybilla Lena Nitsch zu bedenken.

„Je größer der Abstand zur Grenze, desto abstrakter wird auch die Kooperation. Sie funktioniert am besten dort, wo es um zwischenmenschliche Beziehungen geht. Deswegen ist die Kultur besonders gut geeignet. Wir ringen immer noch damit, dass wir von Absprache zu Absprache gehen, wir brauchen ein Festzurren der Traditionen“, ergänzt Stephan Kleinschmidt.

Nicht zwischen zwei Metropolregionen eingeklemmt werden

Stefan Seidler, der SSW-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl im September ist, erinnert an die Anfänge der Zusammenarbeit zwischen den Jungen Spitzen und der SSW Ungdom im Jahr 1999 und bezeichnet die grenzüberschreitende Zusammenarbeit als Teil der gemeinsamen DNA beider Parteien.

„Wir wollen unsere Stärken gemeinsam nutzen. Wir wollen nicht zwischen zwei Metropolregionen eingeklemmt werden. Es geht um mehr als 600.000 Menschen, die in unserer Region leben. Es kann nicht immer nur die deutsch-französische Zusammenarbeit sein, die in Berlin alle Aufmerksamkeit bekommt, vielmehr ist es an der Zeit, dass auch andere grenzüberschreitende Kooperationen mehr Aufmerksamkeit in den Hauptstädten bekommen“, sagt Stefan Seidler.

Stefan Seidler Foto: Nils Baum

Interreg, Windparks und Transport

Als ein Beispiel führt er den Energiebereich an, in dem das Grenzland weltweit eine Vorreiterstellung einnehme, ein Umstand, der vielen gar nicht bewusst sei.

„Und wenn wir über wirtschaftliche Zusammenarbeit und deren Entwicklung reden, ist das wichtigste Instrument derzeit das Interreg-Programm. Deshalb freuen wir uns, dass wieder 90 Millionen Euro zur Verfügung stehen für die Periode 2022-27. Wir haben dafür Lobbyarbeit gemacht, auch in Brüssel. Wir müssen aber weiterkämpfen, denn die EU-Kommission möchte diese Mittel kürzen. Das wird mit uns aber nicht passieren“, so Stefan Seidler.

Als weitere Beispiele für die Notwendigkeit einer engeren Koordination führt er den Bedarf einer gemeinsamen Regionalplanung bei Windparks oder Windanlagen an, wo man derzeit nicht über die Grenze hinweg aufeinander Rücksicht nehme.

Wir haben niemanden mehr, der sich noch in der Öffentlichkeit für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit einsetzt. Ich kenne auch keinen Minister mehr in Kopenhagen, der dafür einen Einsatz leisten will. Und ich kenne auch keinen in Berlin. Deshalb müssen wir das jetzt selbst machen.

Stefan Seidler, Südschleswigscher Wählerverband

Auch die Notwendigkeit einer besseren Abstimmung in Infrastrukturbelangen hält er für erforderlich.

„Wir brauchen einen gemeinsamen deutsch-dänischen Bahnhof. Mir ist es egal, ob der in Flensburg-Weiche oder in Pattburg liegt. Aber wenn wir die Schnellzüge haben wollen, brauchen wir die direkte Anbindung. Wir wollen natürlich nicht den Flensburger Bahnhof schließen, aber wenn es um die Schnellzüge geht, brauchen wir eine Lösung, die auf der Schnelltrasse liegt“, meint Stefan Seidler.

Und er fährt fort: „Wir wollen uns auch für den deutsch-dänischen ÖPNV starkmachen. Da ist die Grenzkontrolle derzeit eine der größten Hindernisse. Wir müssen aber auch auf die in beiden Ländern unterschiedliche Gesetzgebung schauen, wie beispielsweise Regelungen, wie oft welche Haltestelle angefahren werden muss.“

Grenzüberschreitende Hochschulzusammenarbeit

Aber auch die grenzüberschreitende Hochschulzusammenarbeit und der gemeinsame Zugang zu qualifizierten Arbeitskräften liegt den beiden Parteien am Herzen.

„Es muss den Mut geben, mal auf die andere Seite der Grenze umzuziehen. Sehr interessant ist der enge Dialog der SDU Sonderburg mit der Flensburger Hochschule. Und wie sehr die Unternehmen in Flensburg auch an den Studierenden der SDU interessiert sind. Deshalb müssen wir schauen, dass wir Ausbildung auf beiden Seiten der Grenze haben“, gibt Stephan Kleinschmidt zu bedenken.

Stephan Kleinschmidt (Schleswigsche Partei) meint, dass man sich zu oft von Projekt zu Projekt entlang arbeitet und dabei die langfristigen Perspektiven aus dem Blick verliert. Foto: Nils Baum

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit hängt zu oft fest

Und auch wenn die Themen so manchem sicher bekannt vorkämen, sei das Neuartige die Verständigung auf ein gemeinsames Eckpunktepapier beider Parteien.

„Das ist ein Appell, und es ist eine Grundvoraussetzung der kommunalen Entwicklung. Man ringt zu oft von Projekt zu Projekt und hat nicht die langfristigen Perspektiven im Blick. Außerdem hängt die grenzüberschreitende Zusammenarbeit immer wieder fest, weil zu viele Akteure sie zwar sehen, sie aber nur halbherzig berücksichtigen“, sagt Stephan Kleinschmidt.

Interessen in Berlin zu Gehör bringen

Stefan Seidler sieht deshalb auch einen großen Bedarf, viele der Themen nach Berlin zu tragen.

„Ich finde zwar nicht, dass die dänisch-deutsche Zusammenarbeit zurückgegangen ist, aber der Wille zur politischen Verantwortung bei Personen außerhalb der Minderheit hat nachgelassen. Wir haben niemanden mehr, der sich sonst noch in der Öffentlichkeit für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit einsetzt. Ich kenne auch keinen Minister mehr in Kopenhagen, der dafür einen Einsatz leisten will. Und ich kenne auch keinen in Berlin. Deshalb müssen wir das jetzt selbst machen.“

Das gemeinsame Eckpunktepapier mit 16 konkreten Punkten für eine noch engere deutsch-dänische Zusammenarbeit soll dafür die Grundlage bieten.

Die Präsentation des gemeinsamen Eckpunktepapiers der Schleswigschen Partei und des Südschleswigschen Wählerverbandes. Foto: Nils Baum
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Leitartikel

Cornelius von Tiedemann
Cornelius von Tiedemann Stellv. Chefredakteur
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