Grenzkontrollen

Deutschland lässt alle Deutschen herein – Schleswig-Holstein prinzipiell auch

Deutschland lässt alle Deutschen herein – Schleswig-Holstein prinzipiell auch

Deutschland lässt alle Deutschen herein – SH im Prinzip auch

Apenrade/Berlin
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Auf welcher Grundlage wird hier kontrolliert? Deutsche Polizisten bei der Grenzkontrolle bei Fröslee/Ellund (Archivfoto) Foto: Claus Fisker/Ritzau Scanpix

Einreise-Regeln in der Corona-Krise: Aus Berlin und Kiel sind zunächst widersprüchlich scheinende Ansagen gekommen – inzwischen wurde nachgebessert. Ein Verfassungsrechtler erklärt, weshalb er grundsätzlich keinen Konflikt sieht.

„Deutschen Staatsangehörigen darf die Einreise in das Bundesgebiet nicht versagt werden.“ Diesen Satz hat das Bundesinnenministerium in seinen Hinweisen im Rahmen der vorübergehend wiedereingeführten Binnengrenzkontrollen an den Landgrenzen zu Österreich, Schweiz, Frankreich, Luxemburg und Dänemark im März veröffentlicht.

Dennoch hat es an der dänisch-deutschen Grenze Vorfälle gegeben, bei denen Grenzbeamte in Dänemark wohnhafte Bundesbürger erst nach eingehender Prüfung einreisen ließen, unbestätigten Berichten zufolge soll es vereinzelt gar zu Abweisungen gekommen sein. 

Hintergrund war die eilig verfasste Ersatzverkündung zu den Corona-Maßnahmen des Landes Schleswig-Holstein. Die Landesverordnung sah vor, dass nur unter eng gefassten Ausnahmebedingungen nach Schleswig-Holstein eingereist werden durfte. 

Da die Bundesgrenze zwischen Nord- und Südschleswig zugleich auch Landesgrenze Schleswig-Holsteins ist, sahen sich die Bundespolizisten gezwungen, die für die Einreise in das Bundesland geltenden Bestimmungen auch für Bundesbürger aus Dänemark anzuwenden.

Inzwischen wurde die Kieler Verordnung in vielen Punkten konkretisiert. So wurden zum Beispiel Ausnahmen für Familienbesuche eingefügt.

Experte: Kontrollen grundsätzlich gestattet

Doch steht die Landesverordnung hier über dem Bundesrecht? Dürfen Bundesbürger bei der Einreise in ihr Heimatland so eingehend auf ihre Motivation für die Einreise hin überprüft werden?

Der Verfassungsrechtsexperte Franz Mayer, Professor für Öffentliches Recht an der Universität Bielefeld, erklärt auf Anfrage des „Nordschleswigers“, dass die Einreisefreiheit für deutsche Staatsbürger „nicht von der Notwendigkeit befreit, festzustellen, ob das jetzt sozusagen einer von uns ist oder nicht“.

Auch europarechtlich sei dieses Feststellen, die grundlegende Kontrolle darüber, wer ins Staatsgebiet kommt, gestattet.

Implementierungsproblem statt juristischer Konflikt

Mayer unterstreicht zudem, dass in der Fassung der Landesverordnung vom 18. April nur der Tourismus verboten ist. Aus der Begründung geht entsprechend sogar hervor, dass „arbeitsbedingter Reiseverkehr, Einkaufsfahrten in engerem räumlichen Umfeld zur Wohnung und grundsätzlich Ausflüge von geringem Umfang wie Spaziergänge und -fahrradfahrten“ auch für Bundesbürger, die nicht in Schleswig-Holstein ansässig sind, gestattet sind.

Der Jurist sieht die Landesverordnung nicht im Widerspruch zur bundesrechtlichen Einreisefreiheit. Bei möglichen Reibungen in der ersten Phase sieht er vielmehr ein „Implementierungsproblem“, die Kontrollen seien aber, „wenn man das Kontrollregime aus Infektionsschutzgründen für richtig hält, folgerichtig“.

Grenzkontrollen auf Zeit nicht anfechtbar

In Dänemark sind die Grenzen seit Sonnabend, 14. März, weitgehend abgeriegelt, nur drei Übergänge nach Deutschland bleiben unter ständiger Kontrolle in beide Richtungen geöffnet.

In Richtung Dänemark wird allerdings schon seit Januar 2016 „vorübergehend“ kontrolliert. Die Kontrollen waren infolge der sogenannten Flüchtlingskrise eingeführt und seither nicht wieder aufgehoben worden. 

Die Schengener Abkommen lassen solche stationären Kontrollen zwischen Mitgliedsstaaten nur in strikt regulierten Ausnahmefällen zu – dennoch wurden sie immer wieder verlängert und nun in der Corona-Krise drastisch verschärft.

„Die Ausnahmemaßnahme ist leider zur Dauermaßnahme geworden“, konstatiert Mayer. Doch angesichts der derzeitigen Situation und des Wunsches, die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, „werden zumindest für begrenzte Zeit juristische Einwände nicht durchgreifen“, sagt er.

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