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Grenzpolizisten: Dringender Arztbesuch kein Einreisegrund

Grenzpolizisten: Arztbesuch kein Grund für Einreise

Grenzpolizisten: Arztbesuch kein Grund für Einreise

Apenrade/Krusau
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Der Grenzübergang bei Krusau/Kruså Foto: Karin Riggelsen

Obwohl Immo Doege die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt und eine Bescheinigung seines Arztes vorzeigte, wollten ihn deutsche Grenzbeamte nicht einreisen lassen. Erst nach längerer Diskussion und der Ankündigung einer Ordnungsstrafe durfte er zu seiner Untersuchung nach Flensburg fahren.

Immo Doege ist deutscher Staatsbürger, lebt aber schon seit Jahrzehnten in Dänemark. Er leidet an einer sogenannten feuchten Makuladegeneration und wird deswegen in Flensburg behandelt. Ohne die Behandlung wird er erblinden, so wie es auf einem Auge schon passiert ist.

Er hat Angst, sein Augenlicht vollkommen zu verlieren. Bisher war die Einreise über die Grenze in Krusau kein Problem. Noch am Dienstag war er zum Arztbesuch in der deutschen Fördestadt. Er zeigt an der Grenze das Schreiben seines behandelnden Arztes vor, in dem steht, dass er die Behandlung dringend benötigt, und seinen deutschen Personalausweis. Seine Tochter Nina Doege, die ihn zur Behandlung fährt, durfte bisher ebenfalls problemlos mit einreisen.

Nicht lebensbedrohlich

Am Donnerstag gab es jedoch Probleme. Die deutschen Grenzpolizisten wollten ihn nicht einreisen lassen. „Die Erkrankung sei kein lebensbedrohlicher Grund“, hieß es von den Beamten. Das sieht der gebürtige Deutsche jedoch anders.

Doege ließ sich deshalb nicht von seinem dringenden Arztbesuch in Flensburg abbringen. Schließlich ging es um sein Augenlicht. Er zeigte wiederholt das Schreiben des Arztes. Nachdem ein zweiter, dritter und sogar vierter Beamter hinzugezogen wurde, hieß es weiterhin, er dürfe nicht einreisen. Seine Reise habe in den Augen der Beamten keinen triftigen Grund, der die Einreise gestatten würde, berichtete Immo Doege dem „Nordschleswiger“ aufgebracht.

Erlösende Nachricht mit Nachgeschmack

Nach 20 Minuten Diskussion kam jedoch die erlösende Nachricht für den Apenrader: Er dürfe über die Grenze, müsse sich jedoch auf eine Ordnungsstrafe gefasst machen, weil er sich strafbar gemacht habe, wie die Beamten ihm mit auf den Weg gaben. „Ich habe dem Polizisten gesagt, dass ich dagegen gerichtlich vorgehen werde“, erzählt Immo Doege, „und darauf bekam ich die Antwort, dass ich das auf jeden Fall machen solle.“

Botschaft: Einreise erlaubt

Nach der Rückfahrt setzte sich der entrüstete und von den deutschen Beamten enttäuschte 83-Jährige mit der deutschen Botschaft in Kopenhagen in Verbindung. „Dort wurde ich nach kurzer Zeit umfassend informiert und erhielt die Bestätigung, dass ich als deutscher Staatsbürger ohne Weiteres nach Deutschland einreisen könne“, berichtet Doege von seinem Gespräch mit dem Botschaftsmitarbeiter Sven Voigtmann.

Enttäuschter Staatsbürger

Enttäuscht ist Immo Doege nicht nur von dem Verhalten der Grenzpolizisten, sondern auch darüber, dass ihm für ihre Entscheidung keine rechtliche Grundlage vorgelegt werden konnte. „Außerdem stellen sich die Polizisten über die Entscheidung eines Arztes, der in seinem Schreiben die Notwendigkeit der Behandlung bestätigt“, meinte er weiter.

Der Internetseite der Botschaft ist Folgendes zu entnehmen: „Deutschen Staatsangehörigen darf die Einreise in das Bundesgebiet nicht versagt werden.“

Polizei sieht Aktion als gerechtfertigt

Die Bundespolizei antwortet auf den Vorfall, dass es den Beamten an der Grenze erlaubt sei, neben der Personenkontrolle auch weiterreichende Maßnahmen zu im Zusammenhang mit der Kontrolle durchzuführen. Zu den weitergehenden Maßnahmen gehöre es in diesem Fall, dass die Grenzpolizisten feststellen wollten, ob die Einreisevoraussetzungen bei dem 83-Jährigen erfüllt seien, was nach der zumutbaren Zeit auch gewährt wurde. Laut der Polizei dauerten diese Maßnahmen 14 Minuten.

Die Bundespolizei weist außerdem darauf hin, dass die grundsätzliche Gesetzeslage zwar so sei, dass „die Einreise deutscher Staatsangehöriger an der Grenze grundsätzlich zu erlauben ist“. Doch die Beamten vor Ort müssen außerdem auf die Landesgesetze schauen, in denen es wiederum besondere Erlasse gibt, die es einzuhalten gilt. Ob die eingehalten werden, prüfen die Polizisten auch. Und eine dritte Komponente kommt hinzu: das Gesundheitsministerium. Von dort gibt es Quarantäneauflagen. Und die Grenzpolizisten müssen ebenfalls prüfen, ob der Reisende von diesen Auflagen betroffen ist.

Zu der Darstellung von Immo Doege, dass eine Ordnungsstrafe angedroht wurde und dass die Behandlung als nicht ausreichend für eine Einreise angesehen wurde, gab es keine Antwort. Allerdings bittet die Bundespolizei um Verständnis für derartige Maßnahmen, „die zum Schutz des Gemeinwohlinteresses, in diesem Fall der Aufrechterhaltung der Gesundheit der Bevölkerung, dienen“. Außerdem heißt es dort: „Der vorliegende Fall zeigt das besondere Spannungsfeld, in welchem sich die an der Grenze eingesetzten Beamten täglich bewegen. Gleichwohl verstehen wir, dass die Situation für den 83-Jährigen Reisenden belastend war.“

Verständnisloser BDN-Hauptvorsitzender

Der Chef der deutschen Minderheit in Nordschleswig, Hinrich Jürgensen, hat für das Verhalten der Polizei überhaupt kein Verständnis.

Wenn es um die Gesundheit gehe, dürfe es kein Wenn und Aber geben, zumal es sich in diesem Fall ja sogar um einen deutschen Staatsbürger gehandelt habe, so Jürgensen. Aus seiner Sicht wurde die Sache mit der Grenzschließung in Nordschleswig nicht zu Ende gedacht. „Die Corona-Bestimmungen sind auf beiden Seiten der Grenze gleich. Da ist es egal, ob ich von Tondern nach Apenrade oder von Tondern nach Flensburg fahre. Geschäfte und Restaurants haben überall geschlossen. Zumindest für die Bewohner im Grenzland sollte es möglich sein, sich frei zu bewegen. Das hätte man anders Regeln müssen“, so der BDN-Hauptvorsitzende.

 

Anmerkung der Redaktion: Der Artikel wurde um 14.30 Uhr um die Stellungnahme der Polizei und des BDN-Hauptvorsitzenden ergänzt.

Einreise-Regeln für Schleswig-Holstein

Da die Bundesgrenze zwischen Nord- und Südschleswig zugleich auch die Landesgrenze Schleswig-Holsteins ist, greifen hier auch die in dem Bundesland geltenden Richtlinien. Diese sind auf der Internetseite des Landes Schleswig-Holstein einzusehen. Aus ihnen geht u. a. hervor:

  • Reisen aus touristischem Anlass nach Schleswig-Holstein sind untersagt.
  • Dies gilt auch für Reisen, die zu Freizeitzwecken,
  • zu Fortbildungszwecken oder
  • zur Entgegennahme von vermeidbaren oder aufschiebbaren Maßnahmen der medizinischen Versorgung, Vorsorge oder Rehabilitation unternommen werden.
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