Geschichte

Ein Seeräuber-Schiff für die Förde: Apenrades „Piraten“ haben Rückenwind

Ein Seeräuber-Schiff für die Förde: Apenrades „Piraten“ haben Rückenwind

Apenrades „Piraten“ haben Rückenwind

Apenrade/Aabenraa
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Die „Husum“ soll für den Kieler Frieden 1814 einen wichtigen Beitrag geleistet haben. Foto: privat

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Eine Gruppe Männer mit einer Portion Salzwasser im Blut stimmt eine Entscheidung des Apenrader Kommunalrats zuversichtlich. Sie hoffen, in einigen Jahren mit einem „Kaperschiff“ über die Förde schippern zu können.

Gunnar Pedersen hat die November-Sitzung des Kommunalrates in Apenrade sehr glücklich gemacht. Das oberste politische Gremium der Fördestadt hat entschieden, eine Million Kronen locker zu machen, wenn es einem kleinen Verein gelingt, selbst die rund sechs Millionen Kronen aufzubringen, die es bedarf, um einen länger gehegten Wunsch verwirklichen zu können: den Bau eines Kaperschiffs.

Vor gut einem Jahr hat sich die Apenrader Kapergilde (Originalname: Aabenraa Kaperlaug) gebildet.

Der Vorstand der Kapergilde besteht aus (v. l.) unten: Niels Gram, Gunnar Pedersen und Poul Stenderup, oben: Povl Kylling Petersen og Svend-Erik Mundeling. Auf dem Foto fehlen Karl Lildholdt und Ejnar Callesen. Foto: Bente Staugaard/JV

Sieben Männer mit einer Idee

Gunnar Pedersen ist Vorsitzender des „Vereins“, dessen Vorstand aus insgesamt sieben Männern besteht, die allesamt eine Vorliebe fürs Segeln und für die Geschichte Apenrades haben. Ihr Plan: Sie wollen mit einem originalgetreuen Nachbau eines besonderen Holzschiffstyps die Apenrader Förde besegeln und auf diese Weise, die maritime Geschichte lebendig machen.

Die Kapergilde hat keine unlauteren Absichten und will keineswegs durch Piraterie zu Reichtum gelangen. Es soll vornehmlich als Ausflugsschiff dienen. Plan ist es, dass es Touristenscharen und Gruppen von Schulkindern während einer Bootsfahrt die maritime Geschichte Apenrades, der Schifffahrt und des Bootsbaus näherbringen soll. Das kann bei kürzeren Ausflügen auf der Förde, aber auch mehrtägigen Segeltörns geschehen.

Der ehemalige Schiffsingenieur Karl Lildholdt hat schon ein maßstabsgetreues Modell der „Husum“ gebastelt. Auch er gehört zu den sieben Gründungsmitgliedern der Kapergilde. Foto: privat

Schnell und wendig

„Bei dem Kaperschiff dreht es sich um einen Bootstyp, der sich für das küstennahe Segeln eignet. Es kann von wenigen Personen gesegelt werden, ist wendig – und wurde auch deshalb gerne von Piraten genutzt, weil es die Handelsschiffe fremder Mächte leicht einholen konnte. Schiff und Mannschaft wurden gekapert und die Beute mit dem König geteilt“, erzählt Gunnar Pedersen.

Während der Napoleonischen Kriegen wurde die dänische Flotte 1807 von den Engländern annektiert. Dänische Seeleute waren von einem Tag auf den anderen ohne Arbeit und damit ohne Einkünfte. Arbeitslose Steuerleute und Kapitäne konnten sich vom König einen sogenannten „Kaperbrief“ ausstellen lassen, um gezielt Schiffe feindlicher Nationen anzugreifen und zu erobern. Die Beute wurde an Land dann von einem Gericht zwischen König und Schiffsmannschaft aufgeteilt. Die Kaperschiffe hatten in der Regel eine Besatzung von 15 bis 20 Mann.

„Es gibt leider keine Schiffszeichnungen Apenrader Kaperschiffe“, bedauert Gunnar Pedersen, dabei ist Jørgen Bruhn (1781-1858), wohl einer der berühmtesten Kapitäne Apenrades, auf diese Weise zu Wohlstand gekommen und hat seine Schiffswerft auf Kalö (Kalvø) aufbauen können.

Um den Vermittlern die Fahrt so angenehm wie möglich zu gestalten, befand sich an Bord ein Teesalon.

Gunnar Pedersen, Vorsitzender der Apenrader Kapergilde

Ein Piratenschiff mit Teesalon

„Wir haben aber die Zeichnungen der ,Husum’ finden können“, erzählt der Gildenvorsitzende. Die „Husum“ war ein mit zwei Kanonen ausgerüstetes Holzschiff, das 1813 wahrscheinlich in Nyholm vom Stapel lief, um vornehmlich zwischen Elbe und Helgoland hin- und herzuschippern.

Eine gewisse Berühmtheit erlangte das Schiff, weil es insofern einen wichtigen Beitrag zum späteren Kieler Frieden (1814) zwischen Dänemark, Schweden und England leistete, indem es Vermittler der verschiedenen Kriegsparteien nach Helgoland frachtete.

„Um den Vermittlern die Fahrt so angenehm wie möglich zu gestalten, befand sich an Bord ein Teesalon“, erzählt Gunnar Pedersen.  Einen solchen Teesalon soll es nach Möglichkeit auch auf dem Apenrader Nachbau geben. Man möchte schließlich den künftigen Gästen eine angenehme Fahrt bereiten.

Auf der Suche nach Gönnern

Momentan erfreut sich der Vorstand der Kapergilde über die Unterstützung von rund 50 Mitgliedern, die allerdings nicht finanziell in der Lage sind, die fehlenden rund sechs Millionen Kronen aufzubringen.

Die Entscheidung von der November-Sitzung gibt uns Rückenwind.

Gunnar Pedersen, Vorsitzender der Apenrader Kapergilde

„Das Geld soll möglichst über Sponsoren und Stiftungen zusammenkommen“, sagt Gunnar Pedersen. „Die Tatsache, dass der Kommunalrat unser Projekt nicht nur gut findet, sondern es jetzt auch durch eine Million Kronen unterstützen will, ist für den nächsten Schritt ungeheuer wichtig“, betont der Vorsitzende.

„Wenn wir demnächst an Stiftungen und potenzielle Sponsoren herantreten, hat es einfach viel mehr Gewicht, wenn wir anführen können, dass das Projekt vom Kommunalrat unterstützt wird. – Die Entscheidung von der November-Sitzung gibt uns Rückenwind“, freut sich Pedersen.

Mit Speck fängt man bekanntlich Mäuse: Im Mai hatte eine Abordnung der Apenrader Kapergilde bestehend aus Svend-Erik Mundeling (l.) und Gunnar Pedersen (r.) Bürgermeister Jan Riber Jakobsen ein Foto eines Schiffsporträts der „Husum“ überreicht. Im November erhielt der Verein die Zusage über eine Million Kronen. Foto: privat

„De tre makreller“

Einen Namen hat sich die Kapergilde für ihr Projekt auch schon einfallen lassen. In Anlehnung an das Apenrader Stadtwappen soll das Schiff auf den Namen „De tre makreller“ (Die drei Makrelen) getauft werden.

Da es keine Bootswerft in Apenrade gibt, haben sich Gunnar Pedersen und Co. nach einer Schiffswerft umgesehen, die in der Lage ist, das Projekt zu stemmen. Sie sind in Ekensund (Egernsund) fündig geworden. „Christian Johnsson ist bereit. Er wartet quasi nur darauf, dass wir das Geld zusammenhaben. Dann legt er sofort los“, stellt der Gildenvorsitzende lachend fest. Ziel ist es, das Boot spätestens Ende 2024 bei der Schiffswerft in Auftrag geben zu können.

Gunnar Pedersen will beim Stapellauf unbedingt dabei sein und dann auch einen Kanonensalut abgeben. Schließlich ist er auch in der Apenrader Kanonengilde aktiv. Zu dem Zeitpunkt wird er jedoch mindestens 94 Jahre alt sein.

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