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Minderheitenrechte: FUEN-Präsident hofft auf deutsche EU-Ratspräsidentschaft

Minderheitenrechte: FUEN-Präsident hofft auf deutsche EU-Ratspräsidentschaft

Minderheitenrechte: FUEN-Präsident hofft auf Deutschland

Apenrade/Brüssel
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Loránt Vincze
Loránt Vincze setzt große Hoffnungen in das kommende halbe Jahr. (Archivfoto) Foto: Cornelius von Tiedemann

Die Minderheiten könnten als Gewinner aus den kommenden anderthalb Jahren Europapolitik hervorgehen – wenn Deutschland seinen Einfluss geltend macht und das Vorhaben, Diskriminierung zu bekämpfen, ernst nimmt.

Am 1. Juli übernimmt die Bundesrepublik Deutschland die Präsidentschaft des Rates der Europäischen Union. Für die Minderheiten in Europa könnte das eine gute Nachricht sein, meint Loránt Vincze, Präsident der Minderheiten-Organisation FUEN (Föderalistische Union Europäischer Nationalitäten). Vincze, Vertreter der ungarischen Minderheit in Rumänien, ist hauptberuflich seit 2019 Abgeordneter im Europaparlament, gehört dort der christdemokratischen Europäischen Volkspartei (EVP) an.

Hoffnung auf positive Entscheidungen

„Alle haben große Hoffnungen bezüglich der deutschen Präsidentschaft, darunter auch die Minderheiten. Wir hoffen auf Wiederaufnahme und positive Entscheidungen in Bereichen, die schon auf der EU-Agenda standen, aber von einer Präsidentschaft zur nächsten weitergereicht wurden“, so Vincze zum „Nordschleswiger“.

Möglicherweise fällt auch die Europaparlaments-Debatte zur Minderheitenrechts-Initiative MSPI in das halbe Jahr der deutschen Präsidentschaft – und anschließend die Entscheidung der EU-Komission.

Aus Gesprächen der EVP-Fraktion mit dem Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesminister des Innern, Stephan Mayer (CSU) sei hervorgegangen, dass die deutsche Präsidentschaft besonderes Augenmerk auf den Einsatz gegen Rassismus legen will. „In diesem Zusammenhang habe ich vorgeschlagen, dass dies mit einer starken Haltung beim Thema sozialer Inklusion der Roma komplettiert werden könnte“, so Vincze. Er hoffe darauf, dass die sprachliche und kulturelle Vielfalt als drittes Element berücksichtigt wird.

Weg für MSPI könnte geebnet werden

Im Rahmenprogramm zu den kommenden drei Ratspräsidentschaften bis Dezember 2021 (Deutschland, Portugal und Slowenien) ist nachzulesen, dass der Anschluss der EU an die Europäische Menschenrechtskonvention neu angestoßen werden soll. „Das wäre ein Game Changer im Bereich der Minderheitenrechte, würde aber sicherlich auch viel Opposition hervorrufen, besonders in einigen Mitgliedsstaaten“, so Vincze.

Sollte dem Rat der Europäischen Union unter deutscher, portugiesischer und schließlich slowenischer Präsidentschaft die Umsetzung ihres Programmes gelingen, würde dies „kulturelle und religiöse Vielfalt und auch die Partizipation der Jugend stärken, es würde gleiche Möglichkeiten für alle schaffen, Diskriminierung aller Art bekämpfen (…) und den regelmäßigen Dialog mit den Bürgern als wichtigen Faktor der besseren Umsetzung von EU-Konzepten erwägen“, sagt der 42-Jährige.

All dies seien Forderungen, die die FUEN und die autochthonen Minderheiten seit Jahrzehnten gestellt hätten. Wenn das kommende Präsidentschafts-Trio sie beherzige und beim Pochen auf Durchsetzung der Rechtsstaatlichkeit die Minderheitenrechte im Auge behalte, würden sie endlich erfüllt.

Es ist unsere große Chance, den Minderheitenschutz auf die Agenda der EU-Institutionen zu setzen.

Loránt Vincze

 

Die Chancen für die MSPI-Initiative sieht Vincze durch die Corona-Krise nicht gefährdet. Er selbst hat politisch dazu beigetragen, dass die Fristen für die Initiative verlängert werden. Derzeit sieht es aus, als würde die öffentliche Anhörung nun im Oktober statt im März stattfinden.

„Ich bin zuversichtlich, dass wir mit diesem Projekt Erfolg haben werden“, so Vincze, der es maßgeblich mitgetragen hat. Sämtliche Gespräche mit den politischen Gruppen „sind vielversprechend, unsere Lobbyarbeit in den Mitgliedsstaaten war auch wichtig“, obgleich vieles wegen Corona hat verschoben werden müssen.

„Es ist unsere große Chance, den Minderheitenschutz auf die Agenda der EU-Institutionen zu setzen“, sagt Vincze, der auch Hofnung in die FUEN-Aktion setzt, bei der bekannte Persönlichkeiten die Kampagne unterstützen sollen.

 

Hintergrund: Der Rat der Europäischen Union

  • Der Rat der Europäischen Union ist Teil des politischen Systems der EU.
     
  • Er ist nicht zu verwechseln mit dem Europäischen Rat (ebenfalls EU) und dem Europarat (nicht Teil der EU).
     
  • Um ihn besser unterscheiden zu können, wird er oft auch „Ministerrat“ genannt.
     
  • Im EU-System übt er gemeinsam mit dem Europaparlament die Rechtsetzung aus und repräsentiert die Regierungen der Mitgliedsstaaten.
     
  • Generalsekretär ist seit 2015 der Däne Jeppe Tranholm-Mikkelsen.
     
  • Der Vorsitz wechselt halbjährlich unter den Mitgliedsstaaten.
     
  • Im Rat der Europäischen Union treffen sich zu verschiedenen Politikbereichen jeweils die Zuständigen Minister der Mitgliedsstaaten, zum Beispiel die Gesundheitsminister oder die Justizminister.
     
  • Die Regierungschefs aller Länder treffen sich in der Regel nicht im Rat der EU, sondern im (siehe oben) Europäischen Rat, der mindestens vierteljährlich zusammenkommt und auch „EU-Gipfel“ genannt wird.
     
  • Der EU-Gipfel ist, anders als der Ministerrat, nicht an der Rechtsetzung beteiligt, sondern dient vor allem dazu, Kompromisse zwischen Mitgliedsstaaten zu finden und Impulse zu geben.   
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