Schengen-Abkommen

Polizei: Grenzkontrollen schützen nicht vor schwedischer Bandenkriminalität

Polizei: Grenzkontrollen schützen nicht vor schwedischer Bandenkriminalität

„Grenzkontrollen schützen nicht vor schwedischer Banden“

Kopenhagen
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Am 4. Februar 2022 wurde ein 36-jähriger schwedischer Mann in Kopenhagen erschossen. Nach Informationen der Polizei hatte er Verbindungen zum Bandenmilieu. Foto: Presse-Fotos.dk Andreas Pressefotos.dk/Ritzau Scanpix

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Die Regierung begründete die jüngste Verlängerung der Kontrollen Richtung Schweden mit dem Schutz vor organisierter Kriminalität. Die Polizei kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass sie die Aktivitäten von kriminellen Banden über den Öresund hinweg nicht verhindert hat. Ein Experte nennt die Information „bemerkenswert“.

Die Grenzkontrollen haben nicht verhindert, dass gewaltbereite schwedische Banden auch in Kopenhagen ihr Unwesen treiben. Zu dieser Erkenntnis kommt die Reichspolizei, wie eine Akteneinsicht, die „Der Nordschleswiger“ erhalten hat, belegt.

Dabei nennt der damalige dänische Justizminister Mattias Tesfaye (Soz.) die organisierte Kriminalität als Grund, die Kontrollen ab 12. November nicht nur gen Deutschland, sondern auch gen Schweden zu verlängern.

„Muster von organisierten, kriminellen Netzwerken zwischen Dänemark und Schweden geben ebenfalls Anlass zur Sorge um Dänemarks innere Sicherheit. Die Sondereinheit der dänischen Polizei besitzt Informationen über die Zusammenarbeit krimineller Netzwerke und Organisationen in Dänemark und Schweden“, schreibt Tesfaye an die EU-Kommission.

Schießereien in Kopenhagen

Die Sorge, die Gewalttaten krimineller Banden in Schweden könnten nach Dänemark überschwappen, sind keineswegs aus der Luft gegriffen. Seit einem Jahr hat es in Kopenhagen immer wieder Schießereien gegeben, die die Polizei mit Banden von der anderen Seite des Öresunds in Verbindung setzt. Allein im Dezember 2021 wurden laut „Berlingske“ vier Personen ermordet, etliche weitere verletzt.

Wie die Dokumente, die dem „Nordschleswiger“ vorliegen, zeigen, erwähnt auch die Reichspolizei in ihrer Beurteilung der Grenzkontrollen die Zusammenarbeit zwischen dänischen und schwedischen Kriminellen.

„Eine solche Zusammenarbeit kann unter anderem in gegenseitiger Unterstützung bei bewaffneten Konflikten bestehen, hierunter auch aktiver Beteiligung über die Landesgrenzen hinweg“, heißt es in der Akteneinsicht.

Kontrollen verhindern Bandenkriminalität nicht

Eine zentrale Information kommt weiter unten in dem Dokument: „Was die Bedrohungslage hinsichtlich Schweden anbelangt, ist es jedoch die Einschätzung der Polizei, dass die temporären Grenzkontrollen nicht die Aktivitäten von Bandenmitgliedern über den Öresund hinweg verhindert haben.“

„Der Nordschleswiger“ hat den Polizeiforscher Adam Diderichsen um eine Beurteilung der Dokumente gebeten. Er stutzt über ebendieses Zitat.

„Ich halte es für bemerkenswert, dass die Polizei eine Reihe von Vorbehalten (zum Effekt der Grenzkontrollen, Red.) nennt“, schreibt der Postdoc an der Süddänischen Universität.

Die Polizei schreibt weiter in dem Dokument, „der kontinuierliche Austausch“ von nachrichtendienstlichen Informationen habe zu „operativen“ Aktionen in Dänemark und Schweden beigetragen. 

Die Kontrollen am Öresund und an den Fährhäfen Richtung Schweden werden laut Reichspolizei ein- bis zweimal pro Woche durchgeführt.

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