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Neue Ministerin: „Entwürdigend“, dass digital Herausgeforderte sich rechtfertigen müssen

Neue Ministerin: Ausnahme von digitaler Post soll leichter werden

Ministerin: Ausnahme von digitaler Post soll leichter werden

cvt/Ritzau
Kopenhagen
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Marie Bjerre
Digitalisierungsministerin Marie Bjerre (Venstre) will die Zügel beim Digitalisieren Dänemarks in der Hand halten. Foto: Ida Marie Odgaard/Ritzau Scanpix

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Digitalisierung: Wer weiterhin öffentliche Post per Brief bekommen möchte, soll künftig nur einen einzigen Antrag stellen müssen. Im Online-Vorreiterland Dänemark sind derzeit 7 Prozent der Erwachsenen von digitaler Behördenpost ausgenommen. Doch der Bedarf ist größer.

Seit Dezember vergangenen Jahres hat Dänemark ein Digitalisierungsministerium – geleitet von der Venstre-Politikerin Marie Bjerre, die auch für Gleichstellung zuständig ist. Ganz oben auf ihrer Agenda: Ein Gesetzesentwurf, der digital Herausgeforderten helfen soll.

Bjerre will es erleichtern, sich plattformübergreifend von der digitalen Post abzumelden und auf herkömmliche Briefzustellung umzuschalten.

Ein Antrag für das gesamte Behördenwesen

Ihr Vorschlag: Wer dies auf der Plattform „Digital Post“ beantragt, soll automatisch von anderen digitalen Selbstbedienungslösungen „befreit“ werden. „Man muss bisher für jeden Fall eine Ausnahmegenehmigung beantragen, und es ist enorm entwürdigend, dass man sich jedes Mal rechtfertigen muss, weshalb man den Bedarf anmeldet“, sagt sie.

Der Gesetzesentwurf liegt zur ersten Lesung vor und tritt, wenn es nach der Ministerin geht, am 1. Juni in Kraft.

Bei den unterschiedlichen digitalen Selbstbedienungslösungen geht es beispielsweise um Anträge auf Wohngeld oder Änderungen im Volksregister bei einem Umzug. Beides läuft in der Regel über das Portal borger.dk.

Längst nicht alle Betroffenen sind bereits von digitaler Post ausgenommen

Sieben Prozent der Bevölkerung über 15 Jahre sind derzeit laut Digitalisierungsbehörde von „Digital Post“ ausgenommen. 2021 kam die Behörde zu dem Schluss, dass zwischen 17 und 22 Prozent der erwachsenen Bevölkerung digital herausgefordert sind – also aus unterschiedlichen Gründen keinen oder nur eingeschränkten Zugang zum Internet haben. Also bis zu dreimal so viele, wie einen Ausnahmeantrag gestellt haben.

Dänemarks erste Digitalisierungsministerin ist trotz der Initiative nicht der Meinung, dass mehr Menschen von digitalen Selbstbedienungslösungen ausgenommen werden sollten. Es gehe lediglich darum, dies Betroffenen zu erleichtern.

„Wenn man glaubt, dass die Befreiung der Weg nach vorn ist, dann erweist man den Menschen einen Bärendienst“, sagt sie. „Wir werden immer digitalisierter. Es ist also besser, beim Digitalisieren zu helfen und zu beraten“, so die Politikerin der rechtsliberalen Venstre, die ihren Job als „koordinierende Rolle“ bezeichnet. Es müsse in der Regierung jemanden geben, der die Fäden im Hinblick auf Digitalisierung in der Hand hält, sagt sie – denn „wenn alle die Verantwortung haben, dann ist es oft so, dass sie niemand hat“.

 

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