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MSPI: Gerichtshof stärkt Europas Minderheiten den Rücken

MSPI: Gerichtshof stärkt Europas Minderheiten den Rücken

MSPI: Gerichtshof stärkt Europas Minderheiten den Rücken

Luxemburg/Apenrade
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Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg (Archivfoto) Foto: Gerichtshof der Europäischen Union

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Minderheitenrechte: Sind sie auch Angelegenheit der EU? Ein aktuelles Urteil des EuGH legt das nahe. FUEN-Jurist Hieber erklärt, weshalb er den Entscheid als politischen Erfolg für die Minderheiten verbucht – und eine juristische Signalwirkung sieht.

Die Pressemitteilung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in Luxemburg ging am Donnerstag auf Französisch, Rumänisch und Ungarisch heraus. Doch das darin verkündete Urteil dürfte bei den Minderheiten in ganz Europa für Zufriedenheit sorgen: Die Entscheidung der EU-Kommission, die Europäische Bürgerinitiative (EBI) MSPI anzuerkennen, war rechtens.  

Hinter dem Kürzel MSPI verbirgt sich ein Neun-Punkte-Plan zur Stärkung der Rechte von nationalen Minderheiten auf EU-Ebene, „Minority SafePack Initiative“.

Rumänien ging gegen Minderheiten-Initiative vor

Angezweifelt hatte deren Rechtmäßigkeit die rumänische Regierung, die zur Verwunderung mancher Beobachterinnen und Beobachter auch nach dem Regierungsbeitritt der größten Partei der Minderheit der Ungarn in Rumänien (UDMR) an der Klage festhielt.

Thomas Hieber
Der Anwalt Thomas Hieber sieht eine „Signalwirkung“ von dem Urteil ausgehen (Archivfoto). Foto: Cornelius von Tiedemann

„Aus Minderheitensicht ist das EuGH-Urteil zunächst einmal ein politischer Erfolg, denn ein weiterer Versuch, die MSPI zu destabilisieren, ist damit endgültig gescheitert“, sagt der Jurist Thomas Hieber, der die Föderalistische Union Europäischer Nationalitäten (FUEN) berät, dem „Nordschleswiger“. Der Dachverband nationaler Minderheiten in Europa steht federführend hinter der MSPI. 

„Das Urteil des EuGH war insoweit das letzte Wort in dieser Sache“, so Hieber.

„Achtung der Minderheitenrechte ist zu berücksichtigen“

Mit dem Urteil ist erneut unterstrichen, was der EuGH in der ersten Instanz bereits 2017 bezüglich der MSPI festgestellt hat: Dass „die Achtung der Minderheitenrechte und die Stärkung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt als Werte und Ziele der Union bei deren Tätigkeiten in den von der geplanten EBI erfassten Bereichen zu berücksichtigen sind“.

Ein positives Signal an die Minderheiten in Europa, gerade vor dem Hintergrund, dass sich die Europäische Kommission trotz des Erfolges der Initiative, die vom Europaparlament unterstützt worden war, geweigert hat, ihre Forderungen umzusetzen.

„Die bisherige Lesart war immer, dass Minderheitenschutz alleine Aufgabe der Mitgliedstaaten ist. Dieses Urteil stellt klar, dass die EU insoweit auch über gewisse Handlungsmöglichkeiten verfügt“, so Hieber über das Urteil von 2017, das der EuGH nun bestätigt hat.

Rasmus Andresen
Rasmus Andresen (Archivfoto) Foto: PR

Rasmus Andresen: EU kann aktive Minderheitenpolitik betreiben

Der Flensburger Abgeordnete im Europaparlament Rasmus Andresen (Grüne), der sich auf EU-Ebene für die MSPI einsetzt, sieht es ähnlich. Das Urteil „bekräftigt, dass die Wahrung kultureller Vielfalt und der Schutz von Minderheiten europäische Grundwerte sind. Die Entscheidung der EU-Kommission, sich der Bürgerinitiative MSPI anzunehmen und auf dessen Forderungen basierende Gesetzesvorschläge zu prüfen, wurde vom Europäischen Gerichtshof heute verteidigt“.

Andresen sieht die EU-Kommission unter Zugzwang. „Jetzt wurde erneut bestätigt, dass die EU aktive Minderheitenpolitik betreiben kann und somit das Wahren unserer Grundwerte der sprachlichen und kulturellen Vielfalt in ihrer Zuständigkeit und entsprechend auch in ihrer Verantwortung liegt“, so der Politiker in einem schriftlichen Kommentar.

Jurist: „Wichtige Signalwirkung“

Hieber bewertet das Urteil vom Donnerstag entsprechend auch als juristisch „bedeutsam, denn es bestätigt vollumfänglich die rechtliche Bewertung des EuGHs, der eine wichtige Signalwirkung zukommt“.

Offen bleibt nach diesem Urteil, ob die Kommission es zulässigerweise abgelehnt hat, den Forderungen der MSPI Folge zu leisten.

Das wollen die FUEN und ihr Anwalt Hieber mit einem weiteren rechtlichen Verfahren klären lassen – für welches das in Luxemburg am Donnerstag gesprochene Urteil als Omen dienen könnte: „Das Gericht hat keinen Rechtsfehler begangen, als es feststellte, dass die Achtung der Rechte von Minderheiten und die Stärkung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt als Werte und Ziele der Union im Rahmen der Maßnahmen der Union in den von diesem Vorschlag erfassten Bereichen berücksichtigt werden müssen.“

Anmerkung der Redaktion: Der Artikel wurde um 10:42 Uhr um die Aussagen Rasmus Andresens ergänzt.

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