Deutsche Minderheit

Querdenken in Dänemark: Wie die Minderheit auf Zugezogene vom rechten Rand reagiert

Querdenken: Wie die Minderheit auf Zugezogene vom rechten Rand reagiert

Querdenken in Dänemark: Wie die Minderheit reagiert

Apenrade/Aabenraa
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Uwe Jessen und Hinrich Jürgensen
Hinrich Jürgensen (rechts, im Gespräch mit BDN-Generalsekretär Uwe Jessen) sieht keine Gefahr für das Image der Deutschen in Dänemark (Archivfoto). Foto: Cornelius von Tiedemann

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Integration: Einige Deutsche, die neu in Nordschleswig sind, fühlen sich im Kreise anderer Neulinge aus Deutschland unbehaglich. Der Chef der deutschen Minderheit im Landesteil hebt unterdessen hervor, dass das Positive überwiegt – und er erklärt, weshalb er daran glaubt, dass sich manche Probleme ganz von selbst lösen werden.

„Mir wird immer ganz mulmig, wenn ich diese Äußerungen lese und wünschte mir, diese Deutschen wären doch dort geblieben, wo sie herkommen“, schreibt eine Leserin an den „Nordschleswiger“. Gemeint sind deutsche Zugezogene, die sich in Internetgruppen hasserfüllt über Deutschland und seine Regierung, Geflüchtete oder, noch immer, die Corona-Politik südlich der Grenze äußern.

Für viele Familien mit Kindern, schreibt sie, „scheint auch eine Hauptmotivation ihres Umzugs hierher zu sein, dass es keine Schulpflicht gibt, sie ihre Kinder also selbst zu Hause unterrichten ,dürfen‘ und nicht mehr staatlich beeinflusst werden“.

Manche Zugezogene aus Deutschland wollen ihre Kinder selbst beschulen, weil sie dem staatlichen Schulsystem misstrauen (Symbolfoto). Foto: Unsplash/ Taylor Flowe

BDN-Chef: Keine auffällige Anzahl in der Minderheit

Ein Phänomen, das dem Hauptvorsitzenden des Dachverbandes der deutschen Minderheit in Dänemark (BDN), Hinrich Jürgensen, aus der Zeit der Corona-Maßnahmen noch geläufig ist.

„Ganz am Anfang habe ich einige Anrufe bekommen von Menschen, die teils auch schon nach Dänemark gezogen waren. Sie sprachen von ,Corona-Diktatur‘, die es ja in Dänemark nicht gebe. Denen habe ich gesagt, dass dies nur deshalb der Fall sei, weil wir alle durchgeimpft sind“, erinnert er sich.

Die Antwort sei dann ungläubiges Staunen gewesen.

Dass Dänemark seine Corona-Restriktionen vergleichsweise schnell wieder lockerte, lag laut Jürgensen vorwiegend daran, dass die Bevölkerung sich in großer Mehrheit an die von der Regierung vorgegebenen Maßnahmen gehalten habe – und dies viel eifriger als in anderen Ländern, zum Beispiel in Deutschland.

„Ich sagte denen, dass wir in Dänemark eine Vertrauenskultur haben und unseren Behörden glauben. Das wollten sie wiederum gar nicht glauben“, so Jürgensen, der in der Minderheit selbst keine auffällige Anzahl an sogenannten „Querdenkenden“ sieht.

Der Deckmantel Minderheit ist keine Option für Gegnerinnen und Gegner des Schulsystems

„Und wenn sie dann herausfinden, dass sie zwar keine Schulpflicht in Dänemark haben, aber Unterrichtspflicht, und dass ihre Kinder auch im muttersprachlichen Dänisch geprüft werden sollen, dann wird das ein jähes Erwachen für sie“, sagt der 63-jährige Landwirt weiter. Seit 2007 ist er Hauptvorsitzender des Bundes Deutscher Nordschleswiger.

Wie eine weitere Leserin, die sich kürzlich im „Nordschleswiger“ zu ihrem Erleben nach unangenehmen Erfahrungen mit Zugezogenen aus Deutschland geäußert hat, so sieht auch Hinrich Jürgensen keine Gefahr einer neuen Parallelgesellschaft – schon gar nicht innerhalb der Strukturen der deutschen Minderheit in Nordschleswig.

„Diese Leute werden sich kaum in die Minderheit melden, denn sie wollen ja eben nicht unsere Schulen haben, wollen sich von Deutschland und dem Deutschen verabschieden“, sagt er.

Ja, es habe ganz spezielle Fälle gegeben, wo „es Leute gab, die sich unter dem Namen der Minderheit verstecken wollen, damit sie keinen Dänisch-Test machen müssen. Da sind wir aber im Dialog mit den Kommunen und sehen da kein Problem“, stellt er klar. Die Befreiung vom Dänisch-Test gelte nämlich „nur für Kinder, die in unseren Institutionen, also beim DSSV, sind“.

Für den BDN-Chef überwiegen die positiven Aspekte der Zuwanderung „bei Weitem“

Für Jürgensen steht auch fest, dass sich niemand Sorgen zu machen braucht, dass alle Deutschen in Dänemark künftig in einen Querdenker-Topf geworfen werden. Das gelte ganz besonders für die deutsche Minderheit. „Ich glaube auch, dass die Mehrheitsbevölkerung schon unterscheiden kann, was Minderheit ist und was nicht“, sagt er.

Und er sieht die Mehrheit der Zugezogenen als absoluten Gewinn für Nordschleswig und Dänemark. „Wir haben ganz viele, die jetzt bei uns sind und ganz stabile, gute Personen sind, mit starken Familien, die sich integrieren und mitmachen“, sagt er. Dass so viele aus Deutschland kommen, sei ein Glücksfall gerade für den Landesteil Nordschleswig, der in Dänemark gerne als Randgebiet betrachtet wird.

Wenn die erst einmal herausfinden, dass das Gras nördlich der Grenze nicht grüner ist als südlich davon, dann wird sich das auch alles wieder geben.

Hinrich Jürgensen

„Wenn man sich in den Kommunen umsieht, dann brauchen wir Arbeitskräfte. Es kommen Menschen, die auch im ländlichen Raum Häuser kaufen. Das Positive überwiegt bei Weitem. Ich glaube, das sind so Einzelfälle, und ich sehe wesentlich größere Vorteile als Nachteile“, sagt er. Einen Handlungsbedarf seitens der Minderheit sieht er deshalb auch nicht.

„Die, die gegen alles sind, werden sich auch in der Minderheit nicht integrieren. Deshalb habe ich da aus unserer Sicht auch keine Befürchtungen. Es ist eine freie Entscheidung, Deutschland, aus welchen Gründen auch immer, zu verlassen. Ich glaube aber auch, dass für einige von denen ein jähes Erwachen kommen wird. In Dänemark sind sie komplett digital durchleuchtet, genau das, wovor sie eigentlich flüchten“, meint er.

„Ich glaube, wenn die erst einmal herausfinden, dass das Gras nördlich der Grenze nicht grüner ist als südlich davon, dann wird sich das auch alles wieder geben“, so Hinrich Jürgensen.

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