Geschäftsleben

Neue Vorsitzende: „Wir müssen viel mutiger werden“

Neue Vorsitzende: „Wir müssen viel mutiger werden“

Neue Vorsitzende: „Wir müssen viel mutiger werden“

Tondern/Tønder
Zuletzt aktualisiert um:
Wer Lene Andresen kennt, weiß, dass eine Powerfrau in ihr steckt. Foto: Brigitta Lassen

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Tondern muss darum kämpfen, in der Corona-Zeit verloren gegangenen deutsche und dänische Stammkunden zurückzugewinnen und neue Kundschaft anzuziehen. Lene Andresen, neue Vorsitzende des Handelsvereins, meint, dass man bislang in Tondern nicht wage, neue Wege zu beschreiten. Lieber werde am Bestehenden festgehalten.

Der Einzelhandel hat weltweit unter der Corona-Krise gelitten. Für die Stadt Tondern bedeuteten die Lockdowns viel. Nicht nur die dänische Kundschaft blieb aus. Die Deutschen konnten wegen der Grenzschließung nicht kommen. In der Grenzstadt muss jetzt um die Rückkehr der deutschen Stammkunden und -kundinnen gekämpft werden. Und das mit neuen Initiativen und einem gemeinsamen Einsatz.

Das meint die neue Vorsitzende des Tonderner Handelsvereins, Lene Andresen. Die 57-Jährige stellte sich in der vergangenen Woche bei der außerordentlichen Generalversammlung als Einzige zur Verfügung, den vakanten Vorsitzposten zu übernehmen.

 

Auflösung des Vereins drohte

„Hätten wir an dem Abend keine Vorsitzende beziehungsweise keinen Vorsitzenden gefunden, hätte dies zur Schließung des Vereins geführt“, bedauert die Geschäftsfrau, die bei der Imerco-Kette angestellt ist. In übergeordneten Angelegenheiten müsse eine Ansprechpartnerin beziehungsweise ein Ansprechpartner da sein.

Lene Andresen übernahm notgedrungen den Vorsitz im Handelsverein. Foto: Brigitta Lassen

Und es gebe viel anzupacken. „Wir leiden sehr darunter, dass unsere deutsche Stammkundschaft und Touristen nicht in dem Maß nach Tondern kommen wie früher“, bedauert sie. Die Einkäufe der Kundinnen und Kunden aus Deutschland machen ungefähr 40 Prozent der Gesamteinnahmen aus. Auch der rückläufigere Grenzhandel von Nord nach Süd, der für die Supermärkte zwar ein Konkurrent ist, spiegelt sich in den Geschäftskassen wider. 

Ihren Ehepartner nennt sie ihren besten Sparringspartner. Und sie könne von seinen Erfahrungen zehren. Dirk Andresen, der in früheren Jahren mit seiner Frau seinen elterlichen Inspirationsladen Nic. Andresen an der Großen Straße weiterführte, war auch vor einigen Jahren Vorsitzender des Handelsvereins. 

 

 

Vom Einkaufstourismus profitieren auch die Geschäfte in Tondern. „Wer kurz mal über die Grenze zum Einkaufen gefahren ist, hat auch oft der Stadt einen Besuch abgestattet“, berichtet die neue Vorsitzende.

 

Die Dänen fahren nicht mehr ganz so oft zum Einkaufen über die Grenze (Archivfoto). Foto: Jon Thulstrup

„Wir müssen alle, und damit meine ich auch die Kommune, daran arbeiten, die Stadt als Besuchs- und Einkaufsziel attraktiver zu machen. Der Handelsverein kann das nicht allein stemmen und schon gar nicht nur die sechs Leute im Vorstand. Wir benötigen Ideen und auch freiwillige Kräfte. Vor Jahrzehnten waren die Vorsitzende des Handelsvereins Geschäftsinhaber mit viel Personal, die sich Zeit nehmen konnten, die mit dem Amt verbundenen Aufgaben zu übernehmen. Heute sind wir ein Teil des wesentlich kleineren Mitarbeiterstabs und bedienen in unseren Geschäften mit“, erzählt sie.

Gespannt auf Dialog mit neuem Bürgermeister

Eine für sie naheliegende Idee wäre es zum Beispiel, dass man Bahn- oder Busgästen mit ihrer Fahrkarte und auch Sommerhausgästen günstigere oder gar kostenlose Besuche in Museen, Galerien und so weiter anbieten könne. Auch in diesem Punkt muss die Kommune mitziehen, „denn der Einzelhandel kann nicht nur die Aufgabe des Vereins sein“, meint sie. Überhaupt seien sie auf den Dialog mit dem neuen Bürgermeister Jørgen Popp Petersen (Schleswigsche Partei) und dem verhältnismäßig neu im Amt befindlichen Kommunaldirektor Lars Møldrup gespannt.

Aufgaben gemeinsam schultern

Die drei Frauen und drei Männer im Vorstand hätten sich aber in die Hand geschworen, die Aufgaben gemeinsam zu schultern, sodass nicht alle Arbeit ihnen überlassen bleibe. Auch dass die Rechenschaft heute von einem Revisionsbüro erledigt wird und dass der Verein in Erik Petersen (Koordinator für die Innenstadt) einen professionellen Sekretär habe, habe die Vorstandsarbeit sehr entlastet. 

So dicht gedrängt geht es bei der Eröffnung des Weihnachtsmarktes zu. Das Konzept muss aber erneuert werden (Archivfoto). Foto: Erik Petersen

„Aber es gibt immer noch genug Arbeit. Wir können nicht weiter in Bezug auf unseren Weihnachtsmarkt es darauf beruhen lassen, dass 50 Weihnachtsmänner am Eröffnungstag nach Tondern kommen. Das und ein paar Hütten auf dem Markt reichen nicht“, versichert Lene Andresen. „In diesem Punkt muss viel mehr gemacht werden, damit sich der Besuch in Tondern zur Weihnachtszeit lohnt. Bei dieser Aktivität kann der Verein zwar auf altbewährte Kräfte bauen, die aber nichts dagegen hätten, abgelöst zu werden.“

Rema stellte Helferinnen und Helfer

Vorbildlich wurde seitens des Rema-Supermarktes reagiert, dessen Geschäftsführer Thomas Jordt bis zu 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den Aufbau der Weihnachtsstadt zur Verfügung stellte. Wir müssen vielmehr wie Touristen denken, was wir vom Besuch der Stadt erwarten. Wir müssen etwas schaffen, was man nur bei uns finden kann.“

In unserer Region neigen wir dazu, an dem festzuhalten, was wir kennen. Uns fehlt der Mut.

Lene Andresen, Vorsitzende des Tonderner Handelsvereins

„Wir müssen mutiger und initiativfreudiger werden. Ein gutes Beispiel dafür ist die Stadt Ripen. Uns fehlen die Visionen. Wir müssen aber Strategien und Vorschläge finden, die wir mit der Kommune diskutieren können. Wenn von zehn auch nur zwei durchgeführt werden können, ist das schon ein Erfolg", meint sie.

„In unserer Region neigen wir dazu, an dem festzuhalten, was wir kennen. Uns fehlt der Mut“, erklärt die energische Vorsitzende. Und wer Lene Andresen kennt, weiß, dass Power in ihr steckt, auch als sportliche Antreiberin.

Dirk und Lene Andresen wagten einen Neuanfang. Foto: Brigitta Lassen

Neuanfang

Sie und ihr Mann Dirk bewiesen Mut, als sie im vergangenen Jahr trotz Corona und Lockdowns den Laden Glaskunsten übernahmen und in ihren eigenen Geschäftsräumen an der Großen Straße neu eröffneten. Sie war damals Geschäftsführerin bei Imerco. Er war als Anzeigenleiter des „Nordschleswigers“ im Zuge der Digitalisierung der Zeitung arbeitslos geworden.

 

Mehr lesen