Grenzöffnung

Kein Hupkonzert – aber viele Proteste gegen Kopenhagen

Kein Hupkonzert – aber viele Proste gegen Kopenhagen

Kein Hupkonzert – aber viele Protest gegen Kopenhagen

Seth/Sæd
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Zwischen 300 und 400 Teilnehmer kamen zur Grenzdemo in Seth. Foto: Elise Rahbek Ohlsen

Es wurden nicht die erhofften 1.000 Menschen, die am Sonntag für die Öffnung der Grenze nach Dänemark am Grenzübergang in Seth demonstrierten. Doch die 300 bis 400 Teilnehmer wurden von sieben Politikern vom Folketing und Tonderner Stadtrat in ihrem Wunsch nach einer ungehinderten Grenzpassage bestärkt.

Campingplatzbetreiber Allan Svendsen von Röm/Rømø war mit der Teilnahme zufrieden, als am Sonntag auf seine Initiative für die Öffnung der Grenze eine Demonstration bei Seth/Sæd auf beiden Seiten der Grenze durchgeführt wurde.

Anstelle der erhofften 1.000 Teilnehmer wurden es nach Schätzungen Angaben der Polizei zwischen 300 und 400.

„Doch, ich bin dennoch zufrieden, besonders auch, dass so viele Medienvertreter gekommen sind. Das ist Gold wert, dass unsere Botschaft gehört wird“, erklärte Allan Svendsen.

„Kleiner Grenzverkehr“

Er hatte eigentlich gehofft, dass die Teilnehmer in ihren Autos sitzend vor und nach den Reden ein Hupkonzert veranstalten sollten, um die Politiker in Kopenhagen wachzurütteln.

Doch diese Pläne wurden am Freitag von der Polizei durchkreuzt. Die Demonstration dürfe nur ohne Hupkonzert über die Bühne gehen; es müsse Rücksicht auf den Grenzverkehr genommen werden, so die Begründung der Polizei, die mit vielen Kräften an der Grenze vertreten war.

Besagter Grenzverkehr war am Sonntag allerdings nur gering. Mit Mundhupen und einigen wenigen Autohupen wurden Start und Schluss der Aktion dennoch markiert.

Nur wenige Autofahrer wurden während der Demo von deutscher beziehungsweise dänischer Polizei kontrolliert. Im Hintergrund die deutschen Teilnehmer der Demo. Foto: Elise Rahbek Ohlsen

Nicht weniger als sieben Politiker traten als Rednerpult, um den gebeutelten Tourismus, Einzelhandel und die Grenzlandbewohner in ihrem Wunsch zu bestärken, dass auch Dänemark die Grenze nach Deutschland öffnen muss.

Die Deutschen sind unsere Nachbarn, Kunden und Handelspartner

Pernille Vermund, Parteivorsitzende von Nye Borgerlige

Prominenteste Rednerin war Pernille Vermund, Folketingsmitglied und Parteivorsitzende von Nye Borgerlige.

„Wir sind die Partei, die vehement gegen die Einwanderung von Fremden agitieren, die dem Land nichts bringen. In diesem Fall geht es um die Deutschen. Sie sind unsere Nachbarn, Kunden und Handelspartner“, sagte sie. Sie dürften nicht zur Geisel der Grenzschließung werden.

Parteichefin Pernille Vermund eilte nach der Grenzaktion wieder davon. Foto: Elise Rahbek Ohlsen

„Wird man im Raum Kopenhagen entlassen, so gibt es für die Arbeitslose viele Möglichkeiten, einen neuen Job zu finden. Schließt ein Betrieb, öffnet bald der nächste“. So ist das nicht in Randgebieten“, meinte Pernille Vermund.

Stadtratsmitglied Jørgen Popp Petersen und der Vorsitzende von der Schleswigschen Partei plädierten wie der Folketingsabgeordnete Nils Sjøberg (Radikale Vesntre) für eine Öffnung der Grenzen. Foto: Elise Rahbek Ohlsen

Ronald Reagan Worte

Sehr zur Enttäuschung von Allan Svendsen nahmen weder örtliche Stadtratsvertreter von Venstre noch Sozialdemokraten an der Demo teil.

Unterstützung erfuhr der Initiator von den kleineren Parteien, unter anderem der Schleswigschen Partei, die mit Stadtratsmitglied Jørgen Popp Petersen und dem Parteivorsitzenden Carsten Leth Schmidt vertreten war.

LA-Stadtratsmitglied Claus Hansen schloss seinen Appel an Bundeskanzlerin Angela Merkel und Staatsministerin Mette Frederiksen sogar mit dem legendären Satz des früheren amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan an den sowjetischen Staatspräsidenten Michail Gorbatschow, die Mauer einzureißen (Tear this wall down). Damals ging es um die Zonengrenze und die Berliner Mauer vor der Wiedervereinigung.

 

Allan Svendsen und Martin Iversen (Bildmitte) im Gespräch mit der Polizei. Foto: Elise Rahbek Ohlsen

Auch die Vorsitzenden des Touristikvereins Röm/Tondern, Martin Iversen, und des Handelsvereins Tondern, Anders Jacobsen, machten auf die fatalen Folgen der Grenzschließung für die Wirtschaft aufmerksam.

Beide Branchen lechzen nach Gästen aus Deutschland. Iversen unterstrich, dass der Tourismus wöchentlich eine Milliarde Kronen wöchentlich einbüße. Jacobsen sprach von einem Umsatzrückgang von 40 Prozent beim Einzelhandel in Tondern.

In vielen Reden wurden die ruhenden kulturellen und menschlichen Verbindungen über die Grenze bedauert. Es gebe keine vernünftigen Gründe, die Grenze nicht zu öffnen. Auch die Deutschen wüssten mit den Hygiene-Vorschriften umzugehen. Die Grenzschließung sei eine rein politische Entscheidung.

Möglichkeiten einer vorsichtigen Grenzöffnung für Deutsche und Norwegen sahen die Politiker, indem zumindest Urlauber bei einer Vorlage einer Bestätigung für einen Sommerhaus- oder Campingplatzaufenthalt einreisen dürften. Die Infektionszahlen in Dänemark und Schleswig-Holstein seien gering.

In Tondern leben rund 1.000 deutsche Staatsbürger, die ihre Familien nicht besuchen können. Die Betonklötze an den zehn Grenzübergängen tun richtig weh.

Jørgen Popp Petersen, Stadtratsmitglied der Schleswigschen Partei.

Als besonders schade empfand Jørgen Popp Petersen die Trennung zwischen Deutschland und Dänemark zum 100. Jahrestag seit der Grenzziehung. Daher müsste es im bildlichen Sinne bald zu einer Wiedervereinigung kommen, so der SP-Politiker:

„In Tondern leben rund 1.000 deutsche Staatsbürger, die ihre Familien nicht besuchen können. Die Betonklötze an den zehn Grenzübergängen tun richtig weh“.

Deutsche können nur bedingt Familienangehörige besuchen, wenn sie einen triftigen Grund haben.

SP-Chef enttäuscht

Bei Betonklötzen klingele etwas im Kopf, an einer Grenze, die das Tor zu Europa ist. Dass sich die dänische und deutsche Minderheit an die jeweiligen Regierungen wegen der Grenzöffnung gewandt hätten, sei ein Beispiel für die Zusammenarbeit und des Zusammenhalts, meinte der SP-Vorsitzende Carsten Leth Schmidt.  

„Ich war tief enttäuscht, dass die Grenzöffnung in der Phase 1 der Wiedereröffnung der Gesellschaft nicht umfasst war. Dabei könnten Fiebermessen an der Grenze, ein Virustest oder eine Schutzmaske einfache Mittel sein.

Mangel an Respekt

Einen Mangel an Respekt für das Grenzland und die Minderheiten bescheinigte Folketingsmitglied Nils Sjøberg (Radikale Venstre) der dänischen Regierung.

Tanja Steenholdt von Röm demonstrierte auch für eine Öffnung der Grenze. Auf der Insel herrsche ohne die Touristen Stillstand. Foto: Elise Rahbek Ohlsen

Von dem nach deutschen Touristen hungerndem Röm waren Tanja Steenholdt und Ulrik Ib gekommen. Seine Frau Mona betreibt auf der Ferieninsel den Laden Ib’s Gavecenter. Sie musste zu Hause im Geschäft bleiben, denn jede verdiente Krone sei wichtig, so Ulrik Ib. 

„Die Politiker öffnen unter anderem Sportvereine, denken aber nicht an die Gewerbetreibenden. Die Grenze muss jetzt geöffnet werden. Auf Röm herrscht totaler Stillstand“, erzählte Tanja Steenholdt.

Schwimmhalle zu, Baumärkte offen

Der Vorsitzende des Fremdenverkehrsvereins, Martin Iversen, der sowohl Mitinhaber und Direktor der Ferienressorts in Havneby und in Fiskenæs ist, erklärte auf Anfrage des Nordschleswigers, dass sein Unternehmen noch einigermaßen über die Runde käme.

Die Schließung des Wellnessbades würde aber herbe Verluste geben. Schwimmhallen wären geschlossen, während Baumärkte und Nachschulen geöffnet würden.

Verluste von einer Milliarde Kronen

„Was sollen die Gastwirte, die jetzt wieder öffnen dürfen, servieren, wenn es keine Touristen gibt. Der Fremdenverkehr droht auszubluten. Dänen dürfen nach Schweden fahren, nicht aber nach Deutschland“, wunderte er sich.

„Die Branche verliert wöchentlich eine Milliarde Kronen. Sie kann nicht mit Hilfspaketen überleben, das ist ihr langsamer Tod. Daher öffnet die Grenze so schnell wie möglich, aber unter gesundheitsmäßig verantwortlichen Bedingungen, sonst gibt es Massenentlassungen und Konkurse“, so Martin Iversen.

Der Vorsitzende des Touristikvereins, Martin Iversen, erklärte, dass seine Branche wöchentlich eine Milliarde Kronen einbüßt. Foto: Elise Rahbek Ohlsen

Gleicher Meinung waren Nis und Teresa Christensen aus Osterhoist, die ihre Familien in Deutschland und Polen nicht besuchen können. Ein Besuch bei den Angehörigen sei zwar möglich, wenn man eine zweiwöchige Quarantäne in Kauf nehmen wolle, und das wollte das Paar nicht.  

„Dänemark kann nicht immer wieder die Grenzöffnung auf die lange Bank  schieben. Die Infektionszahlen sind auf beiden Seiten der Grenze gering“, erklärte die gebürtige Polin.

 

Teresa und Nis Christensen nahmen an der Demonstration teil, die vollkommen friedlich verlief. Foto: Elise Rahbek Ohlsen
Zaungäste mit Klappstühlen und Abstand von der Menge: Elke und Thomas Bonnichsen, Bülderup-Bau. Foto: Elise Rahbek Ohlsen
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