Kirchenratswahlen 2024
Deutsche Pastorin: „Mitglied der dänischen Volkskirche zu sein, ist ein Stück Kultur“
Pastorin: „Mitglied der dänischen Volkskirche zu sein, ist ein Stück Kultur“
„Mitglied der Volkskirche zu sein, ist ein Stück Kultur“
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Fokus Kirchenrat: Diese Themenreihe beleuchtet Hintergründe und Bedeutung der Kirchenratswahl, die am 17. September 2024 stattfindet. Die Tonderner Pastorin Dorothea Lindow sieht Unterschiede zwischen ihrer Arbeit in Deutschland und Dänemark.
Pastorin Dorothea Lindow betreut seit 2020 die beiden deutschen Kirchengemeinden Tondern (Tønder) und Uberg (Ubjerg), hat aber vorher in Deutschland gearbeitet. Jeden Sonntag findet in der Christkirche in Tondern ein deutscher Gottesdienst. In der Uberger Kirche ist es einmal im Monat. In den Sommermonaten finden jeden Sonntag deutsche Gottesdienste auf der Ferieninsel Röm (Rømø) statt. Sie kann Unterschiede ihrer Arbeit in ihrem Heimatland und Dänemark benennen.
In Deutschland sind weniger als 50 Prozent Mitglied der Kirche. Die sexuellen Übergriffe in der Kirche sind dafür einer der Gründe. „Einige treten aus der Kirche aus, bewahren aber die Bindung zum Glauben. Andere tun es, um Steuern zu sparen. Wieder andere treten aus, weil sie sich nicht wertgeschätzt fühlen, Ärgerliches oder Verletzendes erlebt haben.“ Im Bistum Ripen (Ribe), zu dem Tondern und Uberg gehören, lag der Anteil der Mitglieder an der Gesamtbevölkerung am 1. Januar 2024 bei 80,3 Prozent, erklärt die Seelsorgerin. Vor vier Jahren wurde ein Landesdurchschnitt von 74,3 Prozent verzeichnet.
„Ich glaube, die Mitgliedschaft in der Volkskirche ist ein Stück dänischer Kultur“, glaubt Dorothea Lindow.
Halt und Sicherheit
Durch eine Mitgliedschaft gehöre man zu einer Gemeinschaft, die einem Halt und Sicherheit gibt. „Kultur heißtaber nicht, dass wir lauter fromme Menschen sind. Aber Glaube bedeutet etwas für die Menschen.“
Die Kirche sei eine Schaltstelle für das Leben als Mitglied der Kirche. „Hier wird man getauft, konfirmiert, getraut, beerdigt. Aber Kirche ist nicht nur Beerdigung. Das wäre schade, wenn die Kirche auf den Tod minimiert würde.“
Eine Pastorin oder ein Pastor sei auch Anlaufstelle für Menschen, die ein persönliches Gespräch unter vier Augen wünschen. „Wir haben Schweigepflicht bis auf eine Ausnahme. Erzählt der Gesprächspartner, dass er pädophil ist, müssen wir das als Angestellte der dänischen Volkskirche melden.“
Im Vergleich zu ihren früheren Arbeitsplätzen in Deutschland sei der Gesprächsbedarf in ihren nordschleswigschen Gemeinden relativ groß. „Das habe ich weder als Pflegeheimpastorin in Eutin noch als Gemeindepastorin in Treia-Silberstedt so erlebt.“
Es sei aber oft leichter, mit einem Außenstehenden über eine persönliche Angelegenheit zu sprechen, als beispielsweise mit einem Familienmitglied, jemandem aus dem Freundeskreis oder einem Bekannten. „Es erklärt sich manches, wenn man einen Außenstehenden hat, der einem zuhört“, meint sie.
Weniger grundlegendes Wissen
Sie findet es beängstigend, wie sehr grundlegendes Wissen über den Glauben nicht mehr vorhanden ist. „Wenn ein Konfirmand zum Beispiel fragt, ob der Reformationstag nicht der Tag der Kreuzigung Jesu ist, muss ich staunen. Das ist wie Fußballspielen, ohne die Spielregeln zu kennen.
„Es macht mir aber Spaß, wenn ich einmal im Monat in den deutschen Kindergarten in Tondern gehe und die Kinder dann zu mir in die Kirche kommen, wo ich biblische Geschichten auch mithilfe von Tüchern und Figuren erzähle. Da kann dann etwas wachsen.“
Solidarisch leben
Solidarisch zu leben, ist Dorothea Lindow ein Anliegen. Auch angesichts der weltweiten Konflikte ist es ihr wichtig, das Miteinander zu stärken. „Kirche und Glaube steht für mich für weltweite, christliche Verbundenheit. Das ist wertvoll, darum sollte man auch Mitglied der Kirche sein.“
Kirche und Glaube steht für mich für weltweite, christliche Verbundenheit. Das ist wertvoll, darum sollte man auch Mitglied der Kirche sein.
Dorothea Lindow
„Mir ist das große Ganze wichtig“, sagt Dorothea Lindow. „Kirche ist mehr, als das, was ich vor Ort erlebe. Zur Kirche gehört auch die weltweite Gemeinschaft dazu. Den Glauben im Rahmen der Kirche zu leben, ermöglicht auch grenzüberschreitendes Miteinander im besten Sinn.“
Für sie seien die deutschen Gottesdienste in der Uberger Kirche etwas Besonderes, wenn Deutsche, die südlich der Grenze wohnen, dänische Staatsbürgerinnen und -bürger, Gläubige aus den Niederlanden und Angehörige der Minderheit gemeinsam Gottesdienst feiern. Gleiches gelte für den in der Christkirche in Tondern gefeierten, ökumenischen Weltgebetstag, der jeweils das christliche Leben von Frauen aus einem besonderen Land in den Mittelpunkt stellt.
Sowohl in Uberg als auch in Tondern stehen ihr bei ihrer kirchlichen Arbeit in den Gemeinderäten Vertreterinnen und Vertreter aus der deutschen Minderheit zur Seite. Am Dienstag, 17. September, finden wieder Kirchenratswahlen statt.
Wahlvorgänge im Brorsonhaus und auf dem Hof Bjerremark
Der Wahlvorgang in Tondern beginnt um 19 Uhr im Brorsonhaus. In Uberg kann, ebenfalls ab 19 Uhr, in der Kursus- und Tagungsstätte Bjerremark gewählt werden. In beiden Gemeinden gibt es Kandidatinnen und Kandidaten, die sich besonders für die Interessen der deutschen Kirchengemeinen einsetzen.
In Uberg sind es aktuell Jacob Lorenzen (Vorsitzender), Jacob Lassen Tygsen und Irmgard Elfrieda Haagensen. Der Gemeinderat zählt fünf Mitglieder.
Ein Mitglied weniger
In Tondern gibt es noch elf Gemeinderäte. Aufgrund fallender Einwohnerzahl wird das Gremium um ein Mitglied reduziert. Im Gemeinderat für die Christkirche sitzen zur Zeit Anke Haagensen, Dirk Andresen und Jørn Vestergaard für die deutsche Minderheit. Alle drei stellen sich für eine Wiederwahl zur Verfügung.
Kirchenmitglieder der deutschen Minderheit im ländlichen Raum und in Lügumkloster (Løgumkloster), Norderlügum (Nørre Løgum) und Hoyer (Højer) sowie Osterhoist (Østerhoist), Hostrup-Jeising, fühlen sich der Nordschleswigschen Gemeinde zugehörig, haben aber kein Wahlrecht, wenn es zur Neubesetzung der Gemeinderäte geht.