Faustball-WM

Dänemark schafft das Faustball-Wunder

Dänemark schafft das Faustball-Wunder

Dänemark schafft das Faustball-Wunder

Mannheim
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Nach dem Spiel brechen alle Dämme. Foto: Moritz Kaufmann

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Sie lagen 0:2 in Sätzen zurück, standen mehrfach mit dem Rücken zur Wand und hatten sogar Matchbälle gegen sich – dennoch gewinnt die dänische Faustball-Nationalmannschaft ihr letztes WM-Vorrundenspiel gegen die USA mit 3:2 und holt sich sensationell den Gruppensieg. Trainer Diedrichsen spricht nach dem Spiel von „Mentalitätsmonstern“.

„Heute haben wir der Faustballwelt gezeigt, dass Dänemark dazugehört“, sagt ein grinsender und sichtlich erleichterter Peter Diedrichsen. Seine Mannschaft hat wenige Minuten zuvor das Comeback der bisherigen Faustball-Weltmeisterschaft hingelegt und nach einem 0:2-Rückstand am Ende die USA doch noch mit 3:2 (11:9, 12:10, 9:11, 10:12, 3:11) geschlagen, und sich damit den Gruppensieg gesichert. Vor dem Spiel prognostizierte der Nationaltrainer eine enge Partie – und er sollte recht behalten.

Schlechter Beginn

Das Spiel beginnt für die dänische Mannschaft, die wieder mit Florian Wittman und Josef Khalil in der Verteidigung, Thore Naujeck in der Mitte sowie Rune Hinrichsen und Hans Martin Asmussen im Angriff beginnt, alles andere als gut. Vor allem den beiden Angreifern gelingt es in der ersten Minuten überhaupt nicht, ins Spiel zu kommen. Die Angaben von Asmussen kommen zu ungenau, gehen ins Aus oder in die Leine und auch den Abschlüssen von Rune Hinrichsen fehlen Härte und Präzision. Schnell liegt das dänische Team mit 3:9 hinten, und der erste Satz scheint bereits nach wenigen Minuten für das dänische Team gelaufen zu sein. „Wir sind viel zu zurückhaltend gestartet, und haben uns nicht getraut, die Bälle hoch und weit genug nach vorn zu spielen. Zudem hat Rune sich nicht getraut, voll durchzuschlagen, weil er keine Fehler machen wollte. Das reicht in der Summe dann nicht, um gegen die USA zu punkten“, so Trainer Diedrichsen nach dem Spiel über die Anfangsphase im ersten Satz.

Auf Florian Wittmann konnte sich das Team auch heute wieder verlassen. Foto: Moritz Kaufmann

Trainer muss wieder laut werden

Was im Spiel gegen Belgien noch erfolglos blieb, gelingt diesmal. Lautstark wirkt der Trainer auf sein Team ein, das tatsächlich die Kurve bekommt. Nach Vorlage von Hans Martin Asmussen holt Rune Hinrichsen wieder die altbekannte rechte Kelle raus und schlägt den Ball unerreichbar durch die Reihen der Amerikaner. Plötzlich sind die Nordschleswiger wieder da. Beim Stand von 6:10 gelingt es dem Team, drei Satzbälle der USA in Folge abzuwehren. Am Ende müssen sie sich trotzdem nach einem langen Ballwechsel mit 9:11 geschlagen geben.

Enger zweiter Satz

Anschließend war die große Frage, ob das Versprechen von Kurt Asmussen, dass seine Mannschaft dieses Mal im zweiten Satz nicht wieder in ein Loch fallen wird, wirklich gehalten wird.

Ja, das sollte es.

Dänemark ist sofort präsent. Die Angaben von Hans Martin Asmussen kommen deutlich präziser und stellen die amerikanischen Abwehrspieler immer wieder vor unlösbare Aufgaben, während die Verteidigung um Wittmann und Khalil fast immer zur Stelle ist. Doch auch die Amerikaner haben einiges entgegenzusetzen. Es entwickelt sich ein enges Spiel. Keines der Teams kann sich absetzen, sodass es zum 10:10 kommt. Ausgerechnet in diesem Moment versagen bei Hans Martin Asmussen die Nerven. Zwei viel zu lange Angaben ins Aus besiegeln den 10:12 Satzverlust und den 0:2 Rückstand in den Sätzen.

Ab Satz drei gab es viel zu jubeln für das dänische Team. Foto: Moritz Kaufmann

Co-Trainer Henrik Nielsen nimmt seinen Angreifer nach dem Spiel in Schutz. „Da mache ich ihm keinen Vorwurf. Wir wussten, dass wir volles Risiko gehen müssen. Mit halber Kraft kann man so ein Spiel gegen die USA nicht gewinnen. Von daher kann das passieren. Das ist voll in Ordnung.“

Das große Aufbäumen 

Was anschließend passiert, soll ein großes Stück dänischer Faustballgeschichte werden.

Hans Martin Asmussen und Rune Hinrichsen brauchten etwas, um ins Spiel zu kommen, aber in der entscheidenden Phase des Spiels, waren sie zur Stelle. Foto: Moritz Kaufmann

Mit 0:2 in den Sätzen und dem Rücken zur Wand, kommt Dänemark ganz schlecht in den dritten Satz. Für Thore Naujeck kommt Jakob Jürgensen in die Zentrale. Doch auch mit ihm gelingt zunächst nicht die Wende. Abstimmungsprobleme in der Verteidigung und unsaubere Angaben sorgen schnell dafür, dass Dänemark mit 1:5 hinten liegt und das Spiel komplett gelaufen scheint.

Goldenes Händchen

Doch dann greift das Trainergespann abermals ein. Für Hans Martin Asmussen kommt Kurt Asmussen. Ein Wechsel, der sich als goldenes Händchen der Trainer erweisen sollte. Der 39-jährige Asmussen übernimmt sofort das Ruder. Ihm gelingt es nicht nur, mit seinen Angaben immer wieder die Amerikaner zur Verzweiflung zu bringen, er sorgt auch dafür, dass der Rest der Mannschaft in der Folge wieder in die Spur kommt. Vor allem Rune Hinrichsen bekommt er durch gute Zuspiele plötzlich immer wieder in gute Abschlusspositionen, die dieser nun in alter Manier verwerten kann.

Kapitän Naujeck spielte einen überragenden fünften Satz in der Verteidigung. Foto: Moritz Kaufmann

Aus dem 1:5 Rückstand wird schnell eine 6:5 Führung. Auch die Körpersprache der dänischen Mannschaft ist nun eine andere. Vor allem Florian Wittmann peitscht seine Vorderleute immer wieder lautstark an. Einen Satzball Dänemarks können die Amerikaner zwar noch abwehren, doch am Ende macht Kurt Asmussen mit 11:9 den Deckel drauf.

Zurück im Spiel

Dänemark ist zurück im Spiel. Auch der vierte Satz beginnt gut für die Nordschleswiger. Rune Hinrichsen, der mittlerweile zu alter Form gefunden hat, bringt die dänische Mannschaft schnell mit 2:1 in Führung.

Was dann passiert, sorgt bei allen Zuschauerinnen und Zuschauern im Stadion für großes Erstaunen, nach zwei langen Ballwechseln mit einem glücklicheren Ende für die USA macht Kurt Asmussen drei Angabenfehler in Folge. Dänemark liegt plötzlich mit 2:5 hinten. Trainer Peter Diedrichsen schlägt die Hände über den Kopf zusammen und nimmt eine Auszeit. Aus dieser wird Kurt Asmussen nicht auf das Spielfeld zurückkehren. Die Trainer wechseln seinen Bruder Hans Martin wieder ein und sollen damit abermals ein goldenes Händchen beweisen.

Der dänischen Mannschaft gelingt es schnell wieder in die Spur zu kommen und stellt zwischenzeitlich auf 7:7. Beide Mannschaften schenken sich nichts mehr. Es entwickeln sich lange Ballwechsel, in denen es Florian Wittman, Jakob Jürgensen und dem mittlerweile für den völlig ausgepowerten Josef Khalil eingewechselten Thore Naujeck immer wieder gelingt, lange harte Bälle der Amerikaner zu entschärfen. Dennoch geht die USA mit 10:8 in Führung und hat zwei Matchbälle.

„Mentalitätsmonster“

Was die dänische Mannschaft dann zeigt, ist mit dem Wort Mentalität nicht ansatzweise ausreichend beschrieben.

Mit vollem Risiko bei der Angabe und im Abschluss bringen Hans Martin Asmussen und Rune Hinrichsen ihr Team auf 10:10 heran. Und diesmal zeigt das dänische Team in der Crunch Time keine Nerven. Nach einem langen Ballwechsel ist es abermals Hinrichsen, der diesmal mit einem kurzen, überlegten Schlag die Amerikaner verlädt und auf 11:10 stellt, ehe der Sack durch einen Angabenfehler der USA zugemacht wird und der Satz mit 12:10 an Dänemark geht.

Dänemark spielte sich zum Ende in einen Rausch und hatte letztlich allen Grund zum Jubeln. Foto: Moritz Kaufmann

Im entscheidenden fünften Satz haben die in die Jahre gekommen Amerikaner den Dänen nicht mehr viel entgegenzusetzen. Wenn eine ihrer Angaben nicht im Aus oder der Leine landet, verzweifeln sie an den über sich hinauswachsenden dänischen Verteidigern Florian Wittmann, Jakob Jürgensen und Thore Naujeck, denen es sensationell gelingt, so gut wie jeden Ball der Amerikaner anzunehmen und ihnen damit endgültig den Zahn zu ziehen. Hans Martin Asmussen und Rune Hinrichsen sorgen im Angriff letztlich dafür, dass Dänemark den fünften Satz deutlich mit 11:3 gewinnt und nach einer grandiosen Aufholjagd, bei der sie sogar mit Matchbällen gegen sich vor einer sicheren Niederlage standen, das letzte Vorrundenspiel noch für sich entscheiden und damit den Gruppensieg sichern.

Trainer rudert zurück

„Ich habe es immer gesagt. Wehe, ich höre noch einmal, dass wir ein Mentalitätsproblem haben“, ruft Kapitän Thore Naujeck nach dem Spiel in Richtung seines Trainers. Dieser nickt ihm zustimmend zu: „Die Jungs haben heute gezeigt, dass sie Mentalitätsmonster sind. Solch ein Spiel nach all den Rückständen noch zu drehen, ist unglaublich. Es tut mir leid, dass ich jemals ihre mentale Stärke angezweifelt habe“, so der Trainer.

Wann ist es einem Kurt Asmussen eigentlich zuletzt passiert, dass er drei Angaben in Folge ins Aus schlägt? „Das ist tatsächlich noch nicht oft vorgekommen. Normalerweise sagt man, wenn zwei Angaben verhauen werden, ist die dritte ein sicheres Ass. Darauf habe ich mich verlassen“, sagt er laut lachend und lobt im gleichen Atemzug die Trainer. „Man muss wirklich sagen, sie haben heute alles richtig gemacht, jede Auswechslung hat sofort Wirkung gezeigt“, so Asmussen.

Nun wartet Namibia

Durch den Gruppensieg trifft Dänemark am Dienstag um 12:40 Uhr auf Namibia, um sich für das Viertelfinale zu qualifizieren. Gewinnen sie dieses Spiel, findet am Mittwoch um 19 Uhr das Viertelfinale gegen Österreich statt, verlieren sie die Quali, spielt das dänische Team am Dienstag ein zweites Mal um 19 Uhr gegen Japan, um sich für das Spiel um Platz 9 zu qualifizieren.

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