Kommentar

Viel Wind um nichts

Viel Wind um nichts

Viel Wind um nichts

Hadersleben/Haderslev
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Die Mitgliedsinitiative von Thomas Vedsted (NB) gegen Windparks in der Kommune war der Tagesordnungspunkt, den die Politiker am längsten diskutierten. Foto: Ute Levisen

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Klimapolitik ist Sicherheitspolitik. Spätestens seit der vergangenen Woche sollte dies auch der Haderslebener Kommunalpolitik klar geworden sein. Auf der jüngsten Sitzung des Stadtrats verging die Zeit indes mit viel Wind um nichts. Und warmer Luft. Damit rückt die Energiewende keine Kilowattstunde näher. Dabei ist es 5 nach 12, meint Ute Levisen.

Die Mitgliedsinitiative „Stoppt die Windmühlenplanung“, auf den Weg gebracht von den Neuen Bürgerlichen (NB) zur zweiten Sitzung des Kommunalparlaments im neuen Jahr, sorgte für Unterhaltung. Anlass war der Vorstoß des Ausschussvorsitzenden für Technik und Klima, Carsten Leth Schmidt (Schleswigsche Partei), die grüne Umstellung in der Domstadtkommune zu forcieren – nicht zuletzt angesichts der sich dramatisch entwickelnden geopolitischen Lage.

„Naiv und hippiemäßig“

Das hatte Thomas Vedsted (NB) auf den Plan gerufen. Der Politiker und erklärte Befürworter von Atomkraft macht keinen Hehl daraus, dass er sich von den grünen Ambitionen des Ausschussvorsitzenden und dessen „naivem, Hippie-basiertem Umstellungsprojekt“ provoziert fühlt. Vedsteds Initiative zielt darauf ab, jedwede Planung für Windparks in der Kommune einzustellen.

Beschluss von 2017 noch immer nicht umgesetzt

Dies würde zugleich bedeuten, dass der politische Beschluss von 2017, höchstens 17 neue Windturbinen in der Region aufzustellen, ad acta gelegt wird – und stattdessen der ursprüngliche Plan greift, der 96 Räder zulässt. Denn man glaubt es kaum: An der Umsetzung des Beschlusses von 2017 wird noch immer gewerkelt, da diese von der Verwaltung verschlampt worden ist.

 

Der politische Beschluss von 2017, höchstens 17 Windturbinen in der Region von Kastrup-Thiset zu gestatten, ist immer noch nicht umgesetzt worden. Foto: Ute Levisen

Bürgerbeteiligung und lokale Verankerung

Schon vor der Wahl hatte Leth Schmidt eine Bresche für die Energiewende in der Kommune geschlagen und Tempo angemahnt. Vor allem die vergangenen Tage haben gezeigt, wie dringlich sein Anliegen ist. Energiegemeinschaften, Wind- und Sonnenparks in Kastrup-Thiset bzw. bei Skrydstrup mit lokaler Verankerung und Bürgerbeteiligung sind Leths Visionen für erste Schritte auf dem Weg zur Wende.

„Ruhe für die armen Menschen“

Bislang erfährt der SP-Politiker damit Gegenwind, wie die jüngste Ratssitzung erneut zeigte: Statt Action möchte die Mehrheit Ruhe für die „armen Menschen“ in Kastrup-Thiset, wie es unter anderem der sozialdemokratische Gruppenvorsitzende Henrik Rønnow formulierte.

Carsten Leth Schmidt (SP) freut sich auf friedliche Zeiten in der Haderslebener Innenstadt. Foto: Ute Levisen

Schlechte Note für Don Quichotte

Die neu-bürgerliche Mitgliedsinitiative gegen Windturbinen stößt ebenfalls auf ein überschaubares Echo: Dafür stimmten lediglich der Antragsteller, von seinem konservativen Ratskollegen Kjeld Thrane scherzhaft „Don Quichotte“ genannt, dessen Parteifreund Benny Bonde und Jon Krongaard von der Dänischen Volkspartei.

Letzterer, Lehrer von Beruf, hatte Vedsteds Mitgliedsinitiative zuvor wegen nicht dokumentierter Behauptungen als unbrauchbar bezeichnet und würde sie höchstens mit einer 0,2 benoten, wie Krongaard kopfschüttelnd kundtat – bevor er dafür votierte.

Veränderung dank Einsicht in die Notwendigkeit

Der SP-Politiker machte aus seiner Enttäuschung angesichts der jüngsten Debatte zur kommunalen Klimawende keinen Hehl: „Es wäre schön gewesen, sich zu informieren, bevor man sich mit Aussagen zu Wort meldet, als hätte sich seit 2017 nichts bewegt. Corona und die Situation in der Ukraine haben gezeigt, dass Einsicht in die Notwendigkeit Veränderungen bewirkt.“

 

Thomas Vedsted (rechts), hier zu sehen mit seiner Parteichefin Pernille Vermund, ist ein erklärter Befürworter von Atomkraft (Archivfoto). Foto: Ute Levisen

Thementreffen zur Energiewende

Immerhin: Bürgermeister Mads Skau (Venstre) kündigte zwei Themenveranstaltungen zur Energiewende an, ließ sich aber zugleich von der Sozialdemokratie das Versprechen abringen, dass es bei den dermaleinst 17 vereinbarten Windturbinen bleibt – und nicht weitere Räder „durch die Hintertüre“ eingeschleust werden.

Interessant ist, dass ausnahmslos alle Parteien im Ratsviereck zu Protokoll geben, bei allem Wenn und Aber für die grüne Umstellung zu sein.

Ließe sich die Energiewende mit heißer Luft befeuern – man hätte sie längst in Hadersleben, in der „Kommune der ungeahnten Möglichkeiten“.

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