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BDN zu Deutsch in Dänemark: „Jetzt muss bald etwas passieren“

BDN zu Deutsch in Dänemark: „Jetzt muss bald etwas passieren“

Deutsch in Dänemark: „Jetzt muss bald etwas passieren“

Apenrade/Aabenraa
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Harro Hallmann freut sich für die deutsche Minderheit, dass das Thema Deutsch auf der politischen Agenda auf Christiansborg steht. (Archivfoto) Foto: Karin Riggelsen

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Der Chefdiplomat der deutschen Minderheit freut sich über einen Vorstoß aus Folketing und Wirtschaft. Er verrät, weshalb die Deutschen in Nordschleswig gerne auf die exklusive Rolle als Deutsch-Versteher verzichten wollen.

Die deutsche Sprache in Dänemark – sie hat heute einen schweren Stand. Weniger Kinder und Jugendliche lernen die Sprache, weniger studieren sie – und weniger können sie angemessen unterrichten.

Wirtschaft und Politik wollen das ändern. Und aus der deutschen Minderheit in Nordschleswig kommt Beifall.

„Es ist neu und positiv, dass jetzt Handlung gefordert wird. Und das finde ich auch richtig“, sagt Harro Hallmann, Kommunikationschef und Sekretariatsleiter Kopenhagen beim Dachverband der deutschen Minderheit in Dänemark, dem Bund Deutscher Nordschleswiger (BDN).

Laut „Avisen Danmark“ fordert eine Mehrheit außerhalb der Regierung, dass die sozialdemokratische Minderheitsregierung eine neue Strategie dazu erstellt, wie die deutsche Sprache in Dänemark gestärkt werden soll.

 

Die Gründe, weshalb Wirtschaft und Politik nun schnelle Maßnahmen sehen wollen, seien dieselben, die der BDN schon Ende 2019 in einer Analyse mit dem Titel „Status der deutschen Sprache in Dänemark“ veröffentlicht hat, so Hallmann.

Eva Kjer Hansen
Eva Kjer Hansen (Venstre) gehört zu den Politikerinnen, die eine neue Deutsch-Strategie fordern. (Archivfoto) Foto: Niels Christian Vilmann/Ritzau Scanpix

Deutschunterricht in Dänemark aus Teufelskreis befreien

Ein zentraler Punkt der Analyse: ein „Teufelskreis“, der dafür sorgt, dass weniger Kinder und Jugendliche aus eigenem Antrieb* an den Volksschulen Deutsch lernen, entsprechend weniger den Unterricht am Gymnasium fortsetzen und somit weniger ein Germanistik-Studium aufnehmen oder Deutsch auf Lehramt studieren. Das führt dazu, dass sich das Angebot an Deutschunterricht in Dänemark verschlechtert – und letztlich das Image der deutschen Sprache. Womit der Teufelskreis von vorne beginnt. 

„Diesen Teufelskreis muss man brechen und an verschiedenen Stellen ansetzen“, sagt Hallmann. „Und wenn nicht bald etwas passiert, dann ist es einfach zu spät. Irgendwann ist keine Basis mehr da, und man müsste so viele Ressourcen hineinstecken, dass es unrealistisch ist“, so der Haderslebener.

Wir können jetzt nicht ein paar Jahre auf eine Evaluierung warten. Es ist deutlich, dass es hier ein Problem gibt, und deswegen muss auch gehandelt werden

Harro Hallmann

„Deswegen ist es positiv, dass jetzt etwas passiert. Und ich gebe den Stimmen recht, die sagen, dass wir nicht warten können“, nimmt er Bezug auf die ausweichenden Antworten der regierenden Sozialdemokraten zum Thema.

Regierung gibt sich derzeit zurückhaltend

In „Avisen Danmark“ hat deren kinder- und unterrichtspolitischer Sprecher Jens Joel gesagt, dass zunächst eine Analyse des Nationalen Zentrums für Fremdsprachen darüber, was Jugendliche davon abhält, eine Fremdsprache zu lernen, abgewartet werden solle. Anschließend würde die existierende Deutsch-Strategie entsprechend angepasst werden können.

„Wir können jetzt nicht ein paar Jahre auf eine Evaluierung warten. Es ist deutlich, dass es hier ein Problem gibt, und deswegen muss auch gehandelt werden“, sagt Hallmann.

Schüler
An den Schulen der deutschen Minderheit wird der Deutschunterricht naturgemäß großgeschrieben. (Archivfoto) Foto: Karin Riggelsen

Hallmann will keinen exklusiven Klub der Deutsch-Sprechenden in Nordschleswig

Doch weshalb interessiert sich die deutsche Minderheit in Nordschleswig überhaupt dafür, ob im Rest des Landes Deutsch gelernt wird?

Es stimme schon, dass man denken könnte, dass es für die Mitglieder der Minderheit von Vorteil wäre, wenn sie mit ihren Deutschkenntnissen eine Qualifikation haben, die gefordert ist – und die sonst nur wenige mitbringen.

„Aber wir sehen das anders“, sagt der Kommunikationschef und Sekretariatsleiter Kopenhagen. „Wir sehen es einmal im dänischen Interesse – aber auch, wenn es um Kommunikation und Verständnis zwischen Dänemark und Deutschland und Dänen und Deutschen geht. Und da ist die Sprache natürlich ganz entscheidend“, so Hallmann.

Und wenn es ein zunehmendes Verständnis für das große Nachbarland gibt – dann „ist das natürlich auch in unserem Interesse“.

Offenheit auf Christiansborg – auch in der Regierung

In der Regierung, sagt Hallmann, gebe es diese Haltung auch, „da ist man gar nicht anderer Meinung“. Er selbst habe gerne und viel mit Politikerinnen und Politikern über die Analyse des BDN gesprochen.

Doch Hallmann unterstreicht auch, weshalb er die Rolle der Minderheit in der Frage mehr als beratend sieht: „Es ist kein direktes minderheitenpolitisches Thema, und deswegen ist es nichts, was wir fordern. Wir haben eine Sprachpolitik, wo wir ganz spezifische Forderungen haben, was die Minderheit betrifft. Aber das wird auf diesem Gebiet nicht der Fall sein. Wir haben Vorschläge, Ratschläge und Empfehlungen, aber es ist nichts, was die Minderheit direkt betrifft.“

Die Analyse aus dem Dezember 2019 zeige zudem auch, „wo wir schon etwas in diesem Bereich machen. Das tun auch ,Der Nordschleswiger’, Grenzgenial, unsere Kulturarbeit und vor allen Dingen natürlich Kindergärten und Schulen“.

Die Analyse zum Download:

 

 

*) Anmerkung: Der Absatz zum „Teufelskreis“, sowie die Grafik, wurden am Freitag, 9. Juli 2021, um die Formulierung ergänzt, dass weniger Kinder und Jugendliche aus eigenem Antrieb an den Volksschulen Deutsch lernen. De facto lernen heute mehr Kinder Deutsch als früher, allerdings lediglich in der 7. bis 9. Klasse, weil entweder Deutsch oder Französisch, was jedoch längst nicht an allen Schulen angeboten wird, obligatorisch ist. Der gestiegene Anteil an Jugendlichen, die Deutsch lernen, hat also nicht zwangsläufig eine gestiegene Beliebtheit oder Qualität des Unterrichts zur Folge – manche Experten argumentieren, dass das Gegenteil der Fall sei. cvt

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