Nordschleswig

Regierung verlängert Kontrollen – so reagiert das Grenzland

Regierung verlängert Kontrollen – so reagiert das Grenzland

Regierung verlängert Kontrollen – so reagiert das Grenzland

kj/hee
Apenrade/Aabenraa
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Entlang der deutsch-dänischen Grenze gibt es 13 Übergänge. Drei davon sind dauerhaft bewacht. Foto: Karin Riggelsen

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Dänemark verlängert die vorübergehenden Grenzkontrollen um weitere sechs Monate bis zum 11. Mai 2022. Richtig so, finden die einen – völlig unzulässig, sagen die anderen. „Der Nordschleswiger“ hat die unterschiedlichen Reaktionen zusammengefasst.

Seit Januar 2016 verlängert die dänische Regierung die vorübergehenden Grenzkontrollen kontinuierlich. Auch in der vergangenen Woche hat die dänische Regierung der EU mitgeteilt, dass die Grenzkontrollen um weitere sechs Monate bis zum 11. Mai 2022 bestehen bleiben.

„Die anhaltende und erhebliche Bedrohung unserer öffentlichen Ordnung und inneren Sicherheit durch militante Islamisten und organisierte Kriminelle, die die Freizügigkeit im Schengen-Raum ausnutzen können, bereitet der dänischen Regierung weiterhin große Sorgen“, heißt es in dem Schreiben.

Terroristen könnten trotz des Polizeieinsatzes nach Dänemark kommen.

Hinrich Jürgensen, BDN-Hauptvorsitzender

Der Hauptvorsitzende des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN), Hinrich Jürgensen, hat wenig Verständnis für die erneute Verlängerung der dänischen Einreisekontrollen an der deutsch-dänischen Grenze unter Hinweis auf andauernde Gefahr durch Terroristen. Er begrüßt aber, dass jetzt die Kontrolle der Impfnachweise beendet wird.

„Wir, die wir im Grenzland leben, wissen, dass es hier 13 Grenzübergänge gibt. Drei werden dauerhaft bewacht. Terroristen könnten trotz des Polizeieinsatzes nach Dänemark kommen. Für mich ist das eine Vergeudung von Ressourcen, die die Polizei besser zur Kriminalitätsbekämpfung nutzen sollte“, so der Vorsitzende des kulturellen Dachverbandes der deutschen Minderheit in Dänemark.

Es kann nicht sein, dass diese Grenzkontrollen seit 2016 kontinuierlich verlängert und weitergeführt werden.

Rasmus Andresen, Europa-Abgeordneter

„Ich würde mir wünschen, dass wieder mehr gemeinsame dänisch-deutsche Hinterlandstreifen entlang der deutsch-dänischen Grenze stattfinden“, so Jürgensen, der den Eindruck hat, dass dabei für mehr Sicherheit für die Bürger gesorgt wird als durch die sehr kostspieligen Dauerkontrollen. „Die Kontrollen stören die Grenzpassage“, so der BDN-Hauptvorsitzende unter Hinweis auf die ständigen Staus in Stoßzeiten an den großen Übergängen. Er fügt hinzu, dass unter der Hand auch Polizisten berichten, wie wenig effektiv der sehr teure Einsatz von Polizistinnen und Polizisten an den Grenzübergängen ist.

Auch der Europa-Abgeordnete der Grünen aus Schleswig-Holstein, Rasmus Andresen, spricht sich gegen die Kontrollen aus: „Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass sowohl eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit als auch gegenseitiges Vertrauen unabdingbare Elemente unserer Gemeinschaft sind. Es kann nicht sein, dass diese Grenzkontrollen seit 2016 kontinuierlich verlängert und weitergeführt werden.“

Dieses Vorgehen widerspricht der Schengen-Idee und unserer Vorstellung eines offenen und freien Europas.

Birthe Pauls, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion in SH

„Die Grenzkontrollen dürfen im Rahmen des Schengen-Abkommens nur bei besonderer Gefährdungslage und gut begründet verlängert werden. Dies war bei Corona der Fall, jetzt ist es das nicht mehr. Sollte die dänische Regierung diesen Unsinn nicht eigenständig erkennen und korrigieren, ist die EU-Kommission in der Pflicht, dies zu übernehmen und das Handeln zu beenden und die Pseudo-Argumente fundiert zu widerlegen“, fordert der Europa-Abgeordnete in einem schriftlichen Kommentar. 

Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion in Schleswig-Holstein, Birthe Pauls, bedauert die Verlängerung der Kontrollen und stellt den Grund dafür infrage. „Corona ist für die dänische Regierung jetzt offenbar kein Grund mehr, dafür aber wieder oder nach wie vor die Bedrohung durch Extremisten. Wie lange will Dänemark das denn noch so weiter verlängern? Dieses Vorgehen widerspricht der Schengen-Idee und unserer Vorstellung eines offenen und freien Europas.“

Fahre regelmäßig nach DK und die Kontrollen haben mich noch nie gestört.

Facebook-Nutzer

Der Wegfall von Grenzkontrollen sei eine Errungenschaft des gemeinsamen Europas. „Anstatt Grenzen zu schließen, sollten wir alles dafür tun, um die Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union wieder zu stärken. Die Frage ist auch, wie lange sich die Europäische Kommission das noch mit ansehen möchte. Dieser Abgrenzungspolitik muss ein Ende gesetzt werden!“, so die SPD-Politikerin.

Dieser Meinung sind auch viele Facebook-Nutzerinnen und -Nutzer: „Das geht jetzt seit sieben Jahren so, dass die das einfach immer wieder verlängern ohne Grund, die werden auch so weitermachen, falls die EU Dänemark nicht bestraft/sanktioniert“ oder „Dass man gleichzeitig gegen EU-Richtlinien verstößt, kann im EU-Extra-Wurst-Regel-Land DK keinen wundern, aber hier greift die EU auch nicht durch.“

Wer nichts zu verbergen hat, muss sich doch nicht sorgen.

Facbook-Nutzerin

Allerdings gibt es in den sozialen Medien auch Zuspruch für die Entscheidung aus Dänemark: „Ich weiß nicht, wo das Problem liegt. Fahre regelmäßig nach DK und die Kontrollen haben mich noch nie gestört. Ihr fahrt so gerne in das Land, in dem man „hygge“ lebt. Dann bleibt doch auch mal locker“ oder „An jeder Landesgrenze wird kontrolliert. Verstehe das Problem nicht“ und „Ob Kontrolle oder nicht, es dient doch einfach der Sicherheit dass kontrolliert wird. Wer nichts zu verbergen hat, muss sich doch nicht sorgen“, sind nur einige der über 70 Kommentare.

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Cornelius von Tiedemann
Cornelius von Tiedemann Stellv. Chefredakteur
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