Kommunalpolitik

Tagesordnung mit ganz viel „Technokratie“

Tagesordnung mit ganz viel „Technokratie“

Tagesordnung mit ganz viel „Technokratie“

Apenrade/Aabenraa
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Dem Schöpf- und Sperrwerk an der Mündung der Mühlenau wird eine zentrale Rolle bei der Klimasicherung der Stadt Apenrade zukommen. Das Projekt umfasst jedoch auch einen Aussichtsturm und ein Vermittlungscenter. Diese Skizze stammt noch aus der Ideenphase. Das endgültige Projekt könnte durchaus anders aussehen. Auf der März-Sitzung hat der Apenrader Stadtrat das Bauvorhaben in die öffentliche Anhörung geschickt. Foto: Kommune Apenrade

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Die März-Sitzungen in dänischen Kommunalvorständen sind meist sehr zahlenlastig und von Statutarischem geprägt. Es gab jedoch auch einige interessante Ausnahmen.

Apenrades Bürgermeister Thomas Andresen beschreibt Tagesordnungspunkte, die ohne große Diskussion auskommen, weil sie einfach nur abgehakt werden müssen, gern als „Gadagung“-Punkte.

Sie müssen jedoch sein, weil es das Gesetz erfordert. Von solchen Punkten gibt es vor allem auf den März-Sitzungen so einige. Anfang des Jahres findet eine finanzielle Bestandsaufnahme statt. Welche Projekte wurden durchgeführt? Wie viele unverbrauchte Mittel stehen noch zur Verfügung und warum? Oder wurde das Budget sogar überzogen?

Das alles ist schon in den zuständigen Fachausschüssen hinlänglich diskutiert und analysiert worden, muss aber dennoch dem Stadtrat zur endgültigen Stellungnahme vorgelegt werden. Auch wenn die Tagesordnung der März-Sitzung von ganz viel solcher Technokratie geprägt war, gab es auch einige interessante Ausnahmen.

Zufriedenstellender Rechenschaftsbericht

Die Kommune Apenrade schließt das Jahr 2020 mit einem Gewinn von fast 111 Millionen Kronen ab. Im Ansatz war nur mit einem Überschuss von 43 Millionen Kronen gerechnet worden.

Bürgermeister Andresen führte den großen Unterschied vor allem auf die Corona-Pandemie zurück. Zum einen seien weniger Ausgaben angefallen, und zum anderen habe die Kommune auch Kompensationszahlungen vom Staat erhalten. Er bezeichnete das Ergebnis als „zufriedenstellend“.

„Der Rechenschaftsbericht zeigt, dass wir unsere Finanzen im Griff haben, und das ist nicht zuletzt in Zeiten mit einer Corona-Pandemie eine enorme Stärke“, hob das Kommunaloberhaupt hervor.

Anlagen im Wert von 170 Millionen Kronen sind auf das laufende Jahr übertragen worden, weil sie im Jahr nicht durchgeführt wurden oder werden konnten. Allerdings wurden trotz des teilweisen Shutdowns 2020 auch etliche Projekte für fast 100 Millionen Kronen angestoßen.

„Die Kommune Apenrade hat ihren Teil dazu beigetragen, dass die hiesige Wirtschaft trotz Corona weiterläuft“, formulierte es die Fraktionssprecherin von Venstre, Kirsten Nørgård Christensen. Sie erwähnte in diesem Zusammenhang unter anderem den Pflegeheimbau in Tingleff und auch die Tatsache, dass die Kommune zur Sofortzahlung übergegangen ist, will sagen: Die Lieferanten mussten nicht die üblichen 30 oder mehr Tage auf die Rechnungsbegleichung warten.
 

Das Geld soll den Bürgern zugutekommen und nicht in der Kommunekasse landen.

Stadtratsabgeordneter Michael Christensen, SF

Michael Christensen von der Sozialistischen Volkspartei freute sich zwar auch darüber, dass die Kommune Apenrade in Zeiten der Pandemie Gemeinschaftssinn bewiesen habe, und darüber, dass die Kommune ihre Finanzen im Griff hat. Auch wenn ihm der Überschuss „zu hoch“ vorkam.

„Das Geld soll den Bürgern zugutekommen und nicht in der Kommunekasse landen“, sagte er und fand, dass dem Stadtrat gut zu Gesicht stehen würde, wenn einige dieser vielen Kronen für Fürsorge und Wohlbefinden der Bürger verwendet würden, die besonders unter dem Shutdown gelitten hätten. Er erwähnte in diesem Zusammenhang primär Kinder und Senioren.

In die gleiche Kerbe schlug Lene Dalsgaard Kræg von der Einheitsliste. Sie würde sich auch wünschen, dass die Kommune jetzt etwas von dem vielen Geld in die Hand nehmen würde, um benachteiligten Bürgern zu helfen.

Ejler Schütt, der zum ersten Mal für seine neue Partei Liberale Allianz an der Stadtratssitzung teilnahm, mahnte dazu, nicht Geld auszugeben, das der Kommune womöglich gar nicht gehört.

Als Vorsitzender des Arbeitsmarktausschusses hatte er erst kürzlich bei einer Pressekonferenz berichtet, dass die Kommune vom Staat eine Kompensationszahlung in zweistelliger Millionenhöhe erhalten habe, weil die Regierung davon ausgegangen war, dass im Zuge des Shutdowns noch mehr Bürger auf Sozialhilfe oder andere öffentliche Leistungen angewiesen sein würden.

Einen großen Batzen dieser Summe hat die Kommune noch nicht angerührt. „Wir müssen davon ausgehen, dass wir nicht die gesamten 20 Millionen Kronen behalten dürfen“, warnte Schütt deshalb auch auf der März-Sitzung des Stadtrates am Mittwoch vor voreiligen Beschlüssen.

Das stimmt mich doch sehr zuversichtlich für die bevorstehenden Haushaltsverhandlungen.

Stadtratsabgeordneter Erwin Andresen, SP

Bevor die schöne Stimmung bei der virtuellen Stadtratssitzung zu kippen drohte, ergriff Erwin Andresen von der Schleswigschen Partei (SP) das Wort. „Das Wichtigste an der Jahresabrechnung ist doch, dass sie ein Ausdruck für die gute Zusammenarbeit zwischen der Verwaltung mit den dezentralen Einrichtungen und für die gute Zusammenarbeit im Stadtrat ist. Das stimmt mich doch sehr zuversichtlich für die bevorstehenden Haushaltsverhandlungen“, sagte Andresen und hatte damit auch das letzte Wort  – zumindest vorerst. Die Jahresabrechnung wird jetzt der externen Revision zugeführt. Sobald der Revisionsbericht vorliegt, wird dieser erneut dem Stadtrat zur Stellungnahme vorgelegt.

Tourismusverein Heerweg/Ochsenweg

Der Stadtrat hat am Mittwochabend beschlossen, dass sich die Kommune einem Tourismusvorstoß in Sachen Heerweg (Hærvejen) anschließt.

Der Heerweg führt einmal quer durch die Kommune, weshalb die Teilnahme sinnvoll ist. Außerdem haben die Dänen (und ausländische Touristen) nicht zuletzt in Zeiten der Corona-Pandemie verstärkt Gefallen am Wandern und Radfahren gefunden. Erlebnistourismus ist auch etwas, was in den vergangenen Jahren immer mehr nachgefragt wird. Der Heerweg erfüllt alle diese Anforderungen.

Besonders attraktiv ist der gemeinsame Tourismusvorstoß aller Heerweg-Kommunen nicht zuletzt deshalb, weil die Stiftung „Nordea-Fonden“ bereit ist, 200 bis 300 Millionen Kronen in das Projekt zu stecken. Mit einer solchen finanziellen Unterstützung eröffnen sich attraktive Möglichkeiten.

Bürgermeister Thomas Andresen kündigte an, sich nicht nur dafür starkzumachen, dass der Gendarmensteig (Gendarmstien) auch in das Programm aufgenommen werden könnte. Das Fröslevlager sei sicherlich in diesem Zusammenhang auch auf Sicht ein Pfund, mit dem die Kommune Apenrade wuchern könne, und schließlich würde er sich freuen, wenn er die anderen Projektteilnehmer (sowie die deutschen Nachbarn) davon überzeugen könne, die Heerweg-Route über die Landesgrenze hinweg zu verlängern.

Attraktives Wohngebiet

Vor 20 Jahren ist ein Wohnbaugebiet am Kempesteensvej in Bau (Bov) erschlossen worden. Seitdem ist nur ein einziges der sieben Grundstücke verkauft worden, obwohl es in den vergangenen Jahren einige Anfragen gegeben hat. Aktuelle Interessenten fühlen sich aber vom geltenden Bebauungsplan eingeengt. Die Wünsche der Häuslebauer haben sich in den vergangenen Jahrzehnten geändert. Der geltende Bebauungsplan ist nun aktualisiert worden. Unter anderem soll auch der Bau von Holzhäusern dort künftig möglich sein. Der Stadtrat hat den modernisierten Bebauungsplan für vier Wochen in die öffentliche Anhörung geschickt.

Klimasicherung gepaart mit Vermittlung

Der Apenrader Stadtrat hat auf seiner März-Sitzung einen weiteren Plan in die öffentliche Anhörung geschickt. Es dreht sich hier um das Schöpf- und Sperrwerk mit integriertem Vermittlungscenter und Aussichtsturm an der Mündung der Mühlenau.

Das Projekt soll in Zusammenarbeit mit der kommunalen Versorgungsgesellschaft Arwos als Teil der Klimasicherung der Stadt Apenrade durchgeführt werden. Die Kosten für das Bauwerk werden mittlerweile auf knapp 35 Millionen Kronen veranschlagt. Anfangs belief sich der Kostenvoranschlag auf 33 Millionen Kronen.

Den Löwenanteil an dem Bauvorhaben – gut 24,3 Millionen Kronen (das entspricht drei Viertel der Kosten des Schöpf- und Sperrwerks) – wird die Versorgungsgesellschaft tragen. Das vierte Viertel der eigentlichen Pumpenstation übernimmt die Kommune sowie die Zusatzkosten für Vermittlungscenter und Aussichtsturm (rund 10,4 Millionen Kronen).

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