Volkssport
Weil helfende Hände Mangelware sind: Kinderringreiten ja – Umzug nein
Weil helfende Hände Mangelware sind: Kinderringreiten ja – Umzug nein
Weil helfende Hände fehlen: Kinderringreiten ja – Umzug nein

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Karen Olsen muss schweren Herzens auf einen wichtigen Bestandteil ihrer Traditionsveranstaltung verzichten.
Vor 44 Jahren hat Karen Olsen zum ersten Mal in Loit Vestermark ein Ringreiterturnier nur für Kinder veranstaltet. Wegen Corona konnte die Veranstaltung zwei Jahre lang nicht ausgerichtet werden, weshalb das Turnier am Sonnabend, 6. August, zum 42. Mal stattfindet. Dort können Jungen und Mädchen bis 16 Jahre im gemütlichen Rahmen an den nordschleswigschen Volkssport herangeführt werden und erste Erfolgsgefühle erfahren.
Corona hat der Veranstaltung jedoch nicht gutgetan. Karen Olsen befürchtet, dass die Anzahl der Teilnehmenden stark rückläufig sein wird. „Vor Corona, also 2019, lag die Anzahl der Teilnehmenden bei 119 Kindern. Die Meldefrist ist zwar noch nicht abgelaufen, aber derzeit stehen knapp 70 Namen auf meiner Liste. Ich hoffe und denke natürlich, dass noch ein paar hinzukommen werden“, sagt Karen Olsen. Aber die 100er-Marke wird kaum übertroffen, lautet ihre realistische Einschätzung.

Zweijährige Zwangspause
Weil während des virusbedingten Lockdowns keine Turniere stattgefunden haben, sind weniger Kinder von ihren Eltern an das Ringreiten herangeführt worden. Die Auswirkungen sind in diesem Jahr allerorten deutlich zu spüren. Fast alle Veranstalter berichten davon.
Allerdings ist das nicht das einzige Post-Corona-Problem, dem sich Karen Olsen gegenübersieht. Es wird immer schwieriger, Freiwillige zu finden, die ihr bei der Organisation und Durchführung des Turniers helfen, das heißt, eigentlich hat sie genügend Helfer, sie wollen allerdings nur kürzere Schichten „arbeiten“. Dieses Problem kennen die meisten Organisatoren von Veranstaltungen jeglicher Art jedoch auch.
Auf Hilfe angewiesen
„Dabei bin ich verstärkt auf die Mithilfe von jungen Menschen angewiesen. Ich bin Jahrgang 1942, also nicht mehr die Jüngste. Darüber hinaus habe ich Rücken- und Schulterprobleme. Schwer tragen kann ich daher nicht mehr und etwas hochheben erst recht nicht“, sagt die noch 79-Jährige, die von den erwähnten Problemen abgesehen allerdings noch topfit ist. Sie läuft zweimal wöchentlich in einer Laufgruppe und kommt monatlich auf rund 100 Trainingskilometer. Hinzu kommen einige Volksläufe. „Ich bin schon 68 Halbmarathons und 8 Marathons gelaufen“, erzählt sie.

Kein Ringreiterumzug
Karen Olsen ist daher noch voller Tatendrang und Energie. Aus diesem Grund stimmt es sie auch furchtbar traurig, dass das Kinderringreiten von Loit Vestermark um einen – für sie wichtigen – Programmpunkt reduziert wird.
„Wir werden in diesem Jahr keinen Umzug durch den Ort machen können. Das war in meinen Augen sonst immer ein Höhepunkt der Veranstaltung. Ich weiß auch, dass viele Kinder das stets so gesehen haben“, sagt Karen Olsen.
Während des Umzugs wurde auch immer am Pflegeheim „Kirketoften“ haltgemacht. „Ich weiß, dass die Bewohnerinnen und Bewohner stets mit großer Vorfreude dem Besuch der fröhlichen Kinderschar auf ihren Pferdchen entgegengesehen haben. Ich musste mich in diesem Jahr überzeugen lassen, dass es uns dafür einfach an Helfenden fehlt“, stellt die Organisatorin bedauernd fest.
„Für den Umzug allein benötigt man ganz viele Personen. Sämtliche Zufahrtsstraßen müssen abgesperrt werden. Einige Leute müssen dem Umzug vorausgehen, und andere müssen anschließend alle Hinterlassenschaften der Pferde von der Straße entfernen. Und so viele Freiwillige haben wir nicht zusammenbekommen“, sagt Karen Olsen. Unterstützt wird sie jedoch von Familienmitgliedern und befreundeten Frauen und Männern. Allerdings gibt es auf dem Festplatz auch noch jede Menge zu tun.
Es gibt viel zu tun
Die Galgen sind am Montagabend aufgestellt worden. Das kann Karen Olsen also von ihrer To-do-Liste abhaken. „Das Festzelt wird leider erst am Mittwoch geliefert und muss auch noch aufgestellt werden“, sagt Karen Olsen, die es deutlich stresst, dass alles nahezu in letzter Sekunde passieren muss.
Sie ist gerne gut vorbereitet und erledigt ihre Aufgaben nach Möglichkeit schon Monate vorher. Die Gewinne für die Teilnehmenden sind schon längst gekauft. Das gehört allerdings auch zu den Aufgaben, die sie selbst beizeiten erledigt. Dieses „Husch-Husch in letzter Sekunde“ behagt ihr überhaupt nicht.

Lukrative Preise
Apropos Gewinne. Auch wenn es sich um ein Kinderringreiten handelt, bei dem der Spaß im Vordergrund steht, so geht es durchaus um lukrative Preise. Der König oder die Königin erhält immerhin 1.000 Kronen; der Kronprinz oder die Kronprinzessin erhält genau wie der Prinz oder die Prinzessin jeweils 500 Kronen. Der Wert der Prämien für die nächsten zehn Platzierten beläuft sich jeweils auf 250 Kronen.
Haupteinnahmequelle ist der Würstchen- und Getränkeverkauf auf dem Festplatz, den natürlich auch Freiwillige betreuen. Darüber hinaus wird das Kinderringreiten von der ansässigen Geschäftswelt und anderen Vereinen und Organisationen unterstützt. Karen Olsen hat in diesem Jahr allerdings keine großartige Betteltour unternommen, weil die eigene Ringreiterkasse nach zwei Jahren Pause noch recht gut gefüllt war.
Kein Ende in Sicht
Die 79-Jährige freut sich auf Sonnabend, und solange die Kinder an dem Turnier Spaß haben, will sie weitermachen und den gut gemeinten Rat einiger ihrer Angehörigen und Bekannten überhören: „Warum tust du dir das noch in deinem Alter an? Hör doch auf!“ – „Solange es mir Freude macht und ich die Kräfte habe, mache ich weiter“, lautet bislang stets ihre Antwort.
Red. Anm.: Auf Wunsch von Karen Olsen ist eine Passage am Donnerstag, 10 Uhr, etwas abgeändert worden. Die Anzahl der Helferinnen und Helfer sei eigentlich unverändert, aber sie wollen nicht mehr so viele Stunden im Einsatz sein.