Deutsche Minderheit
100 Jahre DST: Tradition und Veränderung
100 Jahre DST: Tradition und Veränderung
100 Jahre DST: Tradition und Veränderung
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Beim Jubiläumsempfang wurde deutlich, welche Rolle die Deutsche Schule Tingleff in den 100 Jahren ihres Bestehens spielte. Die Rednerinnen und Redner machten das ausnahmslos deutlich.
Im Spalier standen Schülerinnen und Schüler der Deutschen Schule Tingleff am Eingang der Schulaula und begrüßten die ankommenden Gäste. Die waren zum Jubiläumsempfang eingeladen, denn die DST feiert 2024 ihr 100-jähriges Bestehen.
Festlich geschmückt warteten vier lange Tafeln auf die Besucherinnen und Besucher.
Neben den Kindern und dem DST-Kollegium waren Vertreterinnen und Vertreter aus den örtlichen Vereinen und Institutionen sowie Vertreter aus dem Apenrader Stadtrat zu Gast – und es gab Besuch aus Schleswig-Holstein. So hatten sich die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien (CDU) und Walter Behrens, der Kreispräsident des Kreises Schleswig-Flensburg auf den Weg nach Tingleff begeben, um einige Grußworte zu sprechen.
100 Jahre DST: Schulleiter Nissen blickt zurück – und nach vorn
„100 Jahre Deutsche Schule Tingleff – welch ein langer Zeitraum“, eröffnet Schulleiter Tim S. Nissen die Veranstaltung. „Welche Herausforderung und Verpflichtung, Werte zu bewahren und gleichzeitig nicht zu verharren“, sagte er. „Tingleff spielte in der Geschichte schon immer eine große Rolle für die Minderheit“, so der Schulleiter beim Zug durch die Geschichte.
Der Ort sei und ist eine deutsche Hochburg in Nordschleswig. Die Schule wuchs, es wurde an und umgebaut, um den Bedürfnissen gerecht zu werden. „Nichts ist statisch. Die Schülerschaft und die Zusammensetzung des Personals ändern sich, die Räumlichkeiten ändern sich, die Arbeitsaufgaben ändern sich. Wer oder was ist also die Deutsche Schule Tingleff?“, fragt er. „Die DST ist etwas, das wir gestalten. (...) Jeder von uns ist Teil davon“, so Nissen.
„Ich glaube, dass diese Schule und deren Schülerinnen und Schüler und für viele Menschen eine Herzensangelegenheit war oder ist. Warum sollten sonst so viele hauptamtlich Tätige und auch Freiwillige so viel Aufwand in die Aufrechterhaltung der Gemeinschaft investieren? Ich glaube, dass man immer versucht hat, eine Gemeinschaft zu schaffen, in der sich unsere Schülerinnen und Schüler wohl und willkommen fühlen, in der sie nicht übersehen werden“, sagte er.
Keine Assimilation
Und auch nach 100 Jahren sind die deutschen Nordschleswiger nicht assimiliert, so wie vor 50 Jahren in der Festschrift zum 50. Jubiläum der DST befürchtet. „Im Gegenteil: Viele deutsche Zuzüglerinnen und Zuzügler bringen die unterschiedlichsten Hintergründe mit. Eines haben sie jedoch gemeinsam, nämlich dass sie deutsch sind. (...) Wir möchten eine offene Schule sein, für alle.“
Kracht und „seine“ Schule
Henning Kracht, „als Dienstältester“, wie er sagte, blickte ebenfalls auf „seine“ Schule und sprach einige Worte. Er war sogar selbst Schüler an der DST und sein Vater früherer Schulleiter. „Bei der Zahl 100 habe ich folgende Bilder vor Augen: alt, verstaubt, unmodern, das morsche Gebälk knarrt, Unterricht nach Art der Feuerzangenbowle und Abschottung von der dänischen Schule“, zählte Kracht auf. „Ich ging in einer vollkommen analogen Welt zur Schule“, erzählte der Lehrer.
Alt und verstaubt?
„Aber egal, wie alt die Schule wurde. Sie und die Menschen darin standen nahezu jährlich vor Veränderung und Neuerung. (...) Vom buch- und tafelbasierten Frontalunterricht zu cooperativ learning, positiver Psychologie, Teamteaching (...) und so weiter und so weiter. Man sieht, die DST und der Berufsstand Lehrer sind und werden immer einem stetigen Wechsel unterworfen sein“, machte er die Veränderungen deutlich.
Schule mit Lebensgefühl
Heute hier, morgen dort, das Lied von Hannes Warder sang die Versammlung während der Feier, nahm die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien (CDU), um auf den Wandel an der DST aufmerksam zu machen: „Das Lied beschreibt das Lebensgefühl eines Menschen, der auf Reisen ist, der zwischen den Kulturen lebt, der heute hier und morgen dort zu Hause ist. Und heute hier und morgen dort, beschreibt auch das Lebensgefühl in ihrer Schulgemeinschaft, denn die Deutsche Schule Tingleff hat etwas, das nur Schulen im Grenzraum genießen und leben. Sie leben zwischen Kulturen, mit mehreren Kulturen und mehreren Sprachen“, lobt sie.
Die DST sei ein Beispiel dafür, wie man das machen, den Umgang zwischen Mehrheitsgesellschaft und Minderheit, denn wenn wir uns weltweit umschauen, dann ist es nicht so, als wenn man das überall so lebt. „Diese Schule ist deshalb etwas Besonderes, denn sie steht eben auch für dieses Miteinander im Grenzland“, sagte Karin Prien. Zudem habe die Schule starke Wurzeln, und „in einer so unruhigen Zeit geben Wurzeln einem Halt und helfen dem Einzelnen durch Veränderung und Transformation in unseren Gesellschaften besser durchzukommen.“
Auch Walter Behrens, der Kreispräsident des Kreises Schleswig-Flensburg lobte den Einsatz der DST für das Grenzland. Er wolle die Förderung der Schule – die vor Jahren eingeschlafen sei – wieder aufnehmen, sagte er. Das solle durch die Teilnahme an Projekten passieren. Er schlug vor, dass Schülerinnen und Schüler der DST im kommenden Jahr an einem Projekt zur Schlacht bei Idstedt teilzunehmen.
Schulrätin Anke Tästensen beglückwünschte zum „Geburtstag“ der Schule. „Die DST war und ist der Dreh- und Angelpunkt der deutschen Gemeinschaft in Tingleff. (...) Diesen Ruf hat die Schule schon immer gehabt“, so Tästensen. Das liege auch daran, dass das Kollegium Nachmittagsangebote für die jungen Menschen machen.
Erinnerung an die eigene Schulzeit
Hinrich Jürgensen, Vorsitzender des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN) und ebenfalls ehemaliger DST-Schüler, gratulierte und sagte: „Nachdem meine jüngste Tochter die Schule verlassen hatte, war ich etwas bedrückt, denn jetzt hatte ich keinen Kontakt mehr zu ,meiner‘ Schule. Ich sage bewusst ,meine‘ Schule, denn ich kann mich noch gut erinnern, wie ich hier Theater und Handball gespielt habe.“ Er dankte den Lehrerinnen und Lehrer für die gute Arbeit, mit der sie die Kinder auf das Leben vorbereiten. „Schließlich hat das bei mir auch ganz gut geklappt“, so Jürgensen schmunzelnd.
Der Apenrader Bürgermeister Jan Riber Jakobsen (Kons.) lobte die Schule. „Die Deutschen Schulen tragen dazu bei, das Grenzland aufrechtzuerhalten. (...) Außerdem erfährt das Grenzland eine Aufwertung. Rekrutierung von Fachkräften werde so erleichtert“, sagte er.
Bei der „nordschleswigschen Kaffeetafel“ (Sønderjysk Kaffebord) saßen die Gäste noch beieinander und unterhielten sich. Einige nutzten noch die Gelegenheit, sich von Schülerinnen und Schülern die Ergebnisse der Projektarbeiten erklären und demonstrieren zu lassen.