Haustiere

Sigrid vermisst verantwortungsvollen Umgang mit Katzen

Siegrid vermisst verantwortungsvollen Umgang mit Katzen

Sigrid vermisst verantwortungsvollen Umgang mit Katzen

Tingleff/Tinglev
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Sigrid Walter liebt Katzen und würde am liebsten alle retten. Foto: Karin Riggelsen

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Fokus Katzenwohl: Diese Themenreihe beleuchtet den Umgang mit Katzen und was passiert, wenn Katzen im deutsch-dänischen Grenzland ausgesetzt werden und verwildern. Sigrid Walter war in Deutschland im Tierschutz tätig und sorgt sich auch nach dem Umzug nach Dänemark um das Wohl von Tieren. Die 59-Jährige wünscht sich von der Gesellschaft mehr Rücksicht und von der Politik klare Regeln.

Paul, Josef und Anton heißen die samtpfotigen Mitbewohner von Sigrid Walter am Vænget in Tingleff. Insgesamt hat die 59-Jährige sechs Katzen. „Fünf habe ich mitgebracht, eine ist mir hier zugelaufen“, erzählt die Katzenliebhaberin, die vor rund einem Jahr von Südbaden in Deutschland nach Tingleff gezogen ist.

Aktuell hat die „Katzenflüsterin“, wie sie sich selbst bezeichnet, noch mehr Katzen um sich herum. Eine Katzenmama und fünf Kätzchen hat sie bei sich aufgenommen und in der Waschküche untergebracht.

Nachwuchs aufgenommen

Sie habe an einer Ecke ihres Hauses vor einigen Wochen etwas Blut gesehen und dann das Katzenweibchen entdeckt, das gerade fünf Junge zur Welt gebracht hatte. „Es war offensichtlich eine streunende Katze ohne Zuhause. Die Jungen hätten nicht überlebt. Ich habe sie daher aufgenommen und hoffe, die Kätzchen vermitteln zu können“, so Sigrid Walter, die in Flensburg (Flensborg) in Teilzeit in der Krankenpflege arbeitet.

Das Vermitteln hat bislang nicht geklappt. Interessierte dürfen sich gern an sie wenden, so Walter.  

Siegrid Walter hat einen Wurf junger Katzen samt der Mama bei sich aufgenommen. Foto: Karin Riggelsen

Es ist eine Passion der 59-Jährigen, Katzen zu retten. Das sei schon in Deutschland so gewesen, wie sie erzählt.

Sigrid Walter hat mit Erschrecken festgestellt, dass in Dänemark sehr sorglos, „um nicht zu sagen verantwortungslos“, mit Katzen und vor allem mit deren Nachwuchs umgegangen wird.

Häufiges Aussetzen

Anstatt gegen unerwünschte Katzengeburten etwas zu unternehmen, scheinen das Aussetzen und auch das Einschläfern ein verbreitetes Phänomen zu sein.

Das Einschläfern von Katzen bei ausufernder Population und überfüllten Tierheimen ist in Dänemark Praxis, darf aber nur von Tierärztinnen und Tierärzten vorgenommen werden.

Das dürfe so nicht sein, so Walter betrübt. In Deutschland ist solch ein Vorgehen nicht zulässig. Einschläfern dürfen Veterinäre Katzen nur, wenn es der Gesundheitszustand erfordert.

Ein Kätzchen im vorübergehenden Zuhause am Vænget in Tingleff Foto: Karin Riggelsen

„Eine einfache Lösung wäre, wenn Katzenweibchen und -männchen kastriert werden. Dadurch könnte unerwünschter Nachwuchs verhindert werden und somit auch, dass Menschen sich dazu hinreißen lassen, Katzenbabys in Kartons auszusetzen oder sie gar zu töten“, sagt Sigrid Walter.

„Das Kastrieren der Katze lassen Besitzerinnen und Besitzer allzu oft außer Acht. Meistens aus finanziellen Gründen“, so Walter, die ihre Katzen und auch den zugelaufenen Kater kastrieren ließ. Immer wieder lässt sie es auch bei wilden Katzen auf eigene Kosten veranlassen, wenn sich die Tiere anfassen lassen.

Da diese Bemühungen ins Geld gehen, würde sie sich über Spenden freuen, sagt die Tinglefferin.

Das „liebe“ Geld

Das Kastrieren eines Katers kostet in Dänemark etwa 750 bis 1.000 Kronen (100 bis 133 Euro). „Leute sind oft nicht bereit, dieses Geld auszugeben. Wenn es aber um das Auto oder den Urlaub geht, dann ist immer Geld da“, ärgert sich Sigrid Walter über tierunfreundliche Tendenzen in der Gesellschaft.

Katzen sind die große Leidenschaft von Sigrid Walter. Foto: Karin Riggelsen

„Wer einen Kater hat, denkt sich oft, dass er ja kein Problem mit Nachwuchs hat. Hier sollte ein Umdenken passieren, denn auch bei einer männlichen Katze hat man eine Verantwortung“, so Walter.

„Kater werden ruhiger, wenn sie kastriert sind, sie bewegen sich nicht mehr so weit von ihrem Zuhause weg und markieren nicht.  Sie kämpfen auch nicht mehr so sehr mit anderen Katern um die Weibchen und vermeiden dadurch Verletzungen, die zu gefährlichen Infektionen führen können“, ergänzt die Katzenkennerin.

Sie würde sich wünschen, dass Katzen konsequent kastriert und am besten auch registriert werden, wie man es von Hunden kennt. „In einigen Gemeinden in Deutschland gibt es eine Kastrier- und Registrierpflicht für Katzen. Es wäre schön, wenn das generell eingeführt wird – auch in Dänemark“, so Walter in Richtung der Politik.

Sigrid Walter würde es auch begrüßen, wenn in Schulen mehr Aufklärungsarbeit zum Thema Katzen und Haustiere im Allgemeinen geleistet wird.

Lösung erwünscht

Das Problem werde nicht von heute auf morgen gelöst. Es warten ein Prozess und ein Umdenken, weiß Sigrid Walter, die sich weiterhin um den Katzenschutz kümmern und dabei Kontakt zu Katzen-Hilfs-Organisationen und Freundeskreisen suchen wird, wie sie sagt. 

Auch wenn der Katzenschutz und das Verantwortungsbewusstsein in Dänemark ihrer Ansicht nach zu wünschen übrig lassen, sei es kein dänisches Problem. „Es ist ein europäisches Problem, und es wäre wünschenswert, wenn es ein einheitliches Vorgehen gibt und man sich grenzüberschreitend zusammentut“, so die Neu-Tinglefferin.

Nicht alle Katzen sind erwünscht und werden mitunter ausgesetzt. Foto: Karin Riggelsen

Aufhören müsse das wahllose Ablegen von Katzenjungen in Kartons, Taschen oder Tüten. Dass die Tiere wegen Gewissensbissen nicht getötet werden, sei scheinheilig und nicht minder verwerflich, meint Sigrid Walter. 

Kaum noch Platz

Laut eigener Zahlen des Notrufes der Tischschutzorganisation „Dyrenes Beskyttelse“ sind 2023 rund 1.000 Fälle von ausgesetzten Katzen gemeldet worden, die in Kartons, Taschen und Käfigen hinterlassen wurden. 

Diese Vierbeiner kommen in der Regel in Tier- oder Katzenheime. Hinzu kommen wilde Katzen, die von Tierschutzvereinen eingefangen werden.

„Eine Vermittlung aus einem Tierheim ist oft schwierig, da erwachsene Katzen trotz aller Mühen der Mitarbeitenden keine ausreichende Bindung zu Menschen aufbauen“, so Sigrid Walter, die durch ihr Engagement mit vielen Tierheimen zu tun gehabt hat.

Der Teufelskreis nimmt dann seinen Lauf. Da tendenziell mehr Katzen hinzukommen als vermittelt werden, wird in Dänemark das Einschläfern als letzter Ausweg gewählt.

Vor allem Katzennachwuchs wird oft ausgesetzt. Foto: Karin Riggelsen

Laut dem dänischen Tierarztverband werden jährlich zwischen 25.000 und 50.000 heimatlose Katzen eingeschläfert. 

„Das muss sich einfach ändern“, betont die „Katzenflüsterin“ aus Tingleff.

In Dänemark kursieren unterschiedliche Zahlen, wie viele wilde, heimatlose Katzen es gibt. Der Verband „Kattens Værn“ geht von 100.000 aus. Auch die Zahl 500.000 kursiert im Internet. Genau lässt sich das nicht schätzen, geschweige denn feststellen.

Auf den Menschen angewiesen

Das Problem: Die über Jahrtausende domestizierten Katzen können in freier Natur kaum überleben. Es bedarf des Zutuns von Menschen, in erster Linie des Fütterns. Auch tierärztliche Versorgung von wilden Katzen ist essenziell wichtig, da sie schnell an Krankheiten leiden oder sich verletzen. Die Behandlungen kosten wiederum Geld.

Für Tierärztinnen und -ärzte ist es ein Dilemma, Katzen einzuschläfern, weil es die Halter so wünschen oder es nirgends Platz gibt. 

Besitzerinnen und Besitzer sind oft nicht bereit, die Tierarztkosten bei einer Erkrankung oder Verletzung der Katze zu übernehmen oder wollen sie „einfach so“ loswerden. Zu Letzterem sehen sich mitunter auch Katzenheime wegen Überfüllung gezwungen.

Für Tierkliniken ist das Einschläfern von an sich gesunden Katzen ein Graus, würde man doch lieber Katzen retten und gesund machen, statt sie zu töten.

Wie Sigrid Walter hat daher auch die Tierklinik in Tingleff einen klaren Appell. Wer sich eine Katze anschafft, sollte sich seiner Verantwortung (und möglicher Kosten) bewusst sein und dafür sorgen, dass das Tier kastriert wird, um einer unkontrollierbaren Population mit einhergehender Verwahrlosung entgegenzuwirken.

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