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Grenzkontrollen: Politikerinnen und Politiker wollen Folketing überzeugen

Grenzkontrollen: Politikerinnen und Politiker wollen Folketing überzeugen

Politikerinnen und Politiker wollen Folketing überzeugen

Pattburg/Padborg
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Das Frühstück an der Grenze von den Radikalen fand unter Kolleginnen und Kollegen anderer Parteien Aufmerksamkeit. Auch die Medien waren gut vertreten. Im Bild: Lotte Rod (Radikale, rechts), Parteikollege Nils Sjøberg, stehend, und Eva Kjer Hansen, (Venstre, sitzend). Foto: Karin Riggelsen

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Die Radikalen hatten zum Grenz-Frühstück geladen, viele Kolleginnen und Kollegen aus der Politik kamen zusammen mit den Medien nach Pattburg, um dort über die Grenzkontrollen zu sprechen. Über Parteigrenzen hinweg war man sich fast einig. Aber Kopenhagen ist weit.

Nur knapp 100 Meter Luftlinie entfernt von der deutsch-dänischen Grenze liegt das Anwesen von Thorsten Westphalen – auf dänischem Boden in Pattburg (Padborg). Er ist dänischer Staatsbürger und hat eine Meinung zu den Grenzkontrollen: „Veraltet und nicht zeitgemäß“. Auf seinem Grundstück hatte die Partei Radikale Venstre – er selbst ist nach eigener Aussage kein Mitglied der Partei – am Donnerstagmorgen ab 8.30 Uhr zum Grenzfrühstück eingeladen. Die Partei lehnt die Grenzkontrollen in ihrer jetzigen Form ab.

Eine recht beachtliche Zahl von Mitgliedern verschiedener Parteien war der Einladung der Radikalen Venstre gefolgt, unter anderem: Eva Kjer Hansen von Venstre, Theis Kylling Hommeltoft (Soz.) Thiemo Koch (SSW) der später auch als betroffener Grenzpendler einige Worte sagte, Jan Køpke Christensen von den Neuen Bürgerlichen und von Radikale Venstre Sofie Carsten Nielsen (Parteivorsitzende), Lotte Rod und Nils Sjøberg. Die Idee hinter dem Treffen sei, so Lotte Rod, Vertreterinnen und Vertreter der Parteien in dieser Frage zu sammeln, um schließlich auf die Landespolitik Einfluss zu nehmen.

„Die Kontrollen müssen weg, meint die Parlamentsabgeordnete Lotte Rod, es gebe bessere Lösungen. Da waren sich nahezu alle einig, über die Parteigrenzen hinweg, außer Jan Køpke Christensen, der darauf verwies, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wohl heute Morgen ihre Haustür aus Sicherheitsgründen abgeschlossen hätten. Der Staat müsse seine Einwohnerinnen und Einwohner schützen und die Grenzen kontrollieren. Gleichwohl solle es für Pendler einfacher gemacht werden.

Hinrich Jürgensen, Hauptvorsitzender des Bundes Deutscher Nordschleswiger, der zusammen mit Harro Hallmann und Ruth Candussi am Morgentermin teilnahm, erinnerte daran, dass es nicht nur Pendler gebe, die einen einfachen Grenzübertritt ohne Wartezeit wünschten.

BDN-Hauptvorsitzender Hinrich Jürgensen erläutert die Sicht der Minderheit zu den Grenzkontrollen den anwesenden Politikerinnen und Politikern. Foto: Karin Riggelsen

Ich bin, was das anbelangt, gut ausgebildet.

Sabrina Johansen

Von der Wartezeit berichteten Thiemo Koch und Sabrina Johansen. Letztere wohnt als Dänin südlich der Grenze, arbeitet aber als Krankenschwester im Königreich. Seit 15 Jahren kreuzt sie ihren Worten nach rund fünfmal die Woche die Grenze. „Ich bin, was das anbelangt, gut ausgebildet“, sagte sie den lauschenden Politikerinnen und Politikern und ergänzte:  „Ich habe in den vergangenen Jahren viele, viele Stunden im Stau verbracht.“ Der Stress beginne schon vor der Fahrt zur Arbeit, weil sie sich ständig fragen müsse, wie der Weg über die Grenze an diesem Tag wohl werde. Sie gab den Politikerinnen und Politiker auch ein Beispiel, wie kontrolliert werde: Erst kürzlich sei ein Wagen vor ihr kontrolliert worden, ohne ihn auf die Seite zu ziehen. So mussten alle Autos dahinter länger warten, obwohl das Verkehrsaufkommen gering gewesen sei. Sabrina Johansen hofft auf die Folketingswahl, sie wünscht sich, dass sich die Situation ändert.

Thiemo Koch, SSW-Politiker und Grenzpendler Foto: Karin Riggelsen

Thiemo Koch ist da skeptischer. Als Möbel Im- und Exporteur muss er oft über die Grenze, die Grenzkontrollen belasten sein Geschäft. „Die Mehrheit der Dänen wollen ein Gefühl der Sicherheit.  Ein Wachhäuschen an der Grenze erzeugt ein Sicherheitsgefühl, auch wenn es nichts bringt“.

Zum falschen Sicherheitsgefühl sagte Bent Bak nach den Statements der Politiker dem „Nordschleswiger" auch etwas. Als Busfahrer auf der Linie Sonderburg-Flensburg hat er täglich mit den Folgen der Grenzkontrollen zu kämpfen. Der Fahrplan ist mit ihnen nicht einzuhalten – zum Missfallen der Kunden. Er kennt aber auch die unbewachten Grenzübergänge. Er beobachte dort das eine oder andere Mal Transporter, die ihm verdächtig vorkommen und die die Polizei eher einmal kontrollieren sollte.

Grenzpendlerin Sabrina Johansen erwähnte auch, dass ihr Kollege mit türkischen Wurzeln fortwährend als Grenzpendler kontrolliert und gefragt werde, was er in Dänemark wolle. Auf die Wirtschaft und Arbeit im Grenzland ging auch Jesper Arkil ein, seines Zeichens Bauunternehmer und Vorsitzender der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Udviklingsråd Sønderjylland. Er sagte, die Grenze dürfe kein Hindernis sein, gerade in Zeiten, in denen es um Arbeits- und Fachkräfte gehe. 

Grenzpendlerin Sabrina Johansen sieht keinen Sinn in den derzeitigen Kontrollen. Der Zaun übrigens ist nicht der Wildschweinzaun. Foto: Karin Riggelsen

„Versagen" gegenüber den Grenzlandbewohnern

Eva Kjer Hansen, Venstre, sieht die Grenzkontrollen als „Versagen“ gegenüber denen an, die im Grenzland wohnen und arbeiten. Zudem beeinträchtigen sie ihrer Ansicht nach den Tourismus. Sie fordert effizientere Lösungen.

Aber: Noch im Juli sagte der Fraktionssprecher der Partei, Torsten Schack Pedersen, Venstre wolle Grenzkontrollen aufrechterhalten, solange sich die Bedrohungslage nicht ändere. Dies berichtete die Zeitung „Flensborg Avis“.

Eva Kjer Hansens Haltung ist damit eine andere. So forderte sich auch am Donnerstagvormittag ihre Kollegen der anderen Parteien auf, Christiansborg zu überzeugen, die Situation zu ändern. Sie fordert neue, technischen Lösungen der Kontrollen. Ihrer Überzeugung nach wird dies eine „Herausforderung“. Ähnlich sieht es Theis Kylling Hommeltoft (Soz.). Er sagte: „Die meisten hier sind gegen die Grenzkontrollen. Wenn sich das hier ändern soll, dann müssen mehr von uns ins Parlament."

Unterdessen ist bekannt geworden, dass das Bundesland Bayern seine Grenzkontrollen zu Österreich um weitere sechs Monate verlängert. Stefan Seidler, Bundestagsabgeordneter des Südschleswigschen Wählerverbandes (SSW) bezeichnet die Verlängerung in „Flensborg Avis" als unglücklich, was die Argumentation gegen Grenzkontrollen an der deutsch-dänischen Grenze erschwere.

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