Produktivitätsgarantie

Region lehnt „Peitschen der Mitarbeiter“ weiter ab

Region lehnt „Peitschen der Mitarbeiter“ weiter ab

Region lehnt „Peitschen der Mitarbeiter“ weiter ab

Kopenhagen/Vejle
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Foto: Scanpix

Die Sozialdemokraten auf Christiansborg wollen nun doch einer Abschaffung der Quantitätsanforderung zustimmen. In der Region Süddänemark freuen sich die Politiker darüber. Dort herrscht schon länger „Ungehorsam“.

Nun wollen auch die Sozialdemokraten  ab dem kommenden Jahr die  Produktivitätsgarantie für Krankenhäuser abschaffen. Seit Anfang der 2000er müssen die Krankenhäuser jedes Jahr effektiver werden, seit 2007 um zwei Prozent des eigenen Budgets. 

Für die Krankenhäuser bedeutet die Forderung nach stetig mehr Produktivität: immer mehr Untersuchungen und Behandlungen bei gleichbleibender finanzieller Ausstattung. 

Nachdem die Sozialdemokraten ihren Willen zur Abschaffung der Vorgabe kundgetan haben, besteht nun eine politische Mehrheit für die Abschaffung. 
Eine Aussicht, die in der Region Süddänemark für Freude sorgt. Denn bereits im vergangenen Jahr hat die Region ein Drittel der dänischen Krankenhausbereiche von der Produktivitätsgarantie befreit; ein kleiner Akt politischen Ungehorsams, den man als Versuchsordnung etikettiert hat. 

Gute Erfahrungen in Süddänemark

Und der gut funktioniert, so Regionsratsvorsitzende Stephanie Lose (V), die ihren Unwillen über die Zwei-Prozent-Forderung ihrer eigenen Partei Venstre bei der jüngsten Regionsratssitzung zum Ausdruck brachte. Man setze in der Region Süddänemark weiterhin auf Qualität statt der eingeforderten Quantität und habe damit beste Erfahrungen gemacht. „Wir sind positiv gestimmt, dass wir das auch 2018 so durchführen können“, so Lose.

Für das nun zu beschließende neue Steuerungsmodell im Gesundheitswesen müsse man zusehen, dass man die eigenen Erfahrungen aus der Region Süddänemark an die Landespolitik weitergeben kann. 

„Spielraum lassen“

Sozialdemokrat Karsten Uno Petersen stimmt mit der Venstre-Ratsvorsitzenden überein. „Christiansborg sollte lieber heute als morgen zuhören und die Produktivitätsgarantie sofort abschaffen. Unsere Erfahrungen zeigen, dass es sich lohnt, die Mitarbeiter nicht zu peitschen, damit sie mehr produzieren, sondern ihnen den Spielraum lässt, besser zu produzieren“, so der Regionsratspolitiker.

Die Produktivitätsgarantie bedeute 298  Millionen Kronen für die Region. Das muss man bei einem Budget von 24 Milliarden Kronen auch mal in Relationen setzen.“ Es sei lächerlich, das für so einen geringen Betrag die Quantität vor die Qualität gesetzt werde, so Uno Petersen. „Wir haben bewiesen, dass es sich bezahlt macht, auf die Produktivitätsgarantie zu verzichten.“

Ankündigung bringt Unsicherheit

Auf Landesebene ist Venstre kein Freund der Abschaffung. Die Ankündigung der Sozialdemokraten, die Forderung nun doch abschaffen zu wollen, schaffe Unsicherheit. „Denn man fragt sich nun: Was wollen die Sozialdemokraten stattdessen einführen?“, so Venstres Sprecherin für Gesundheitsangelegenheiten, Jane Heitmann. 

„Uns fehlt ein Gesamtplan von den Sozialdemokraten, wie wir sicherstellen, bestmögliche Gesundheit für das Geld zu erhalten.“  

Die Dänische Volkspartei hat bereits im Mai vorgeschlagen, die Zwei-Prozent-Forderung abzuschaffen, die Sozialdemokraten jedoch stimmten dagegen. Daraufhin wurde im Folketing eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die herausfinden  sollte, wie die Krankenhäuser besser gesteuert werden können. 
Diese Arbeit sei in vollem Gange. Die Sozialdemokraten würden also „eine offene Tür eintreten“, so Sprecherin Heitmann. Man müsse sich nun die Zeit nehmen, um Substanzielles in Erfahrung zu bringen. „Wir brauchen eine gründliche Analysearbeit, sodass wir vollständig klare Richtlinien haben, von denen wir dann ausgehen können.“

Analyse zu langsam

Die Vorsitzende der Sozialdemokraten, Mette Frederiksen hatte beklagt, dass die Analyse zu schleppend voranschreite. Heitmann nannte es „bizarr“, dass Frederiksen die Arbeit des Gesundheitsministeriums derart unterbewerte. Ziel sei, dass die Erarbeitung bis zum Frühjahr 2018 abgeschlossen ist, sodass man eine fachliche Grundlage habe, um mit den Regionen über die Ökonomie für 2019 zu verhandeln. Doch die Sozialdemokraten wollen den Produktivitätszwang bereits 2018 abschaffen.  

„Alle habe die enorme Kritik vernommen, die Ärzte und Krankenschwestern an der Vorgabe üben“, so Mette Frederiksen. Zudem gehe die Quantität bei einigen Behandlungen zulasten der Qualität. Ihrer Meinung nach sei die versprochene Analysearbeit der Regierung in dieser Frage nicht vorgenommen worden und „daher besteht für uns der Bedarf, umzusatteln“, so die Chef-Genossin über die Meinungsänderung der Sozialdemokraten. 

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