Krieg in der Ukraine

Selenskyj: Zündet heute eine Kerze für uns an

Selenskyj: Zündet heute eine Kerze für uns an

Selenskyj: Zündet heute eine Kerze für uns an

Kopenhagen
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In einem dicht gepackten Landstingssaal hörten die Abgeordneten der Rede des ukrainischen Präsidenten zu. Foto: Mads Claus Rasmussen/Ritzau Scanpix

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Am Dienstag sprach der ukrainische Präsident Wolodomyr Selenskyj über Videolink zum Folketing. Er appellierte an Dänemark, sich in der EU dafür einzusetzen, den russischen Gashahn zuzudrehen.  

Der Landstingssaal auf Christiansborg ist dicht gepackt, als der Vorsitzende des Folketings, Henrik Dam Kristensen (Soz.), die Abgeordneten um 12.30 Uhr zur Übertragung der Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodomyr Selenskyj begrüßt. Es dürften fast alle 179 Mitglieder des Folketings erschienen sein.

Der Landstingssaal wurde gewählt, weil das Protokoll vorschreibt, dass im Plenarsaal ausschließlich Abgeordnete und Regierungsmitglieder sprechen dürfen.

Ganz vorne im Landstingssaal steht der ukrainische Botschafter Mykhailo Wydoinik und unterhält sich mit Staatsministerin Mette Frederiksen (Soz.) und Außenminister Jeppe Kofod (Soz.). Er zückt kurz das Handy: Es gibt offensichtlich noch praktische Details zu klären.

Grauen des Krieges

Nach einer kurzen Einleitung durch Dam Kristensen erscheint dann Wolodomyr Selenskyj auf dem Großbildschirm. Es gibt ein kleines technisches Problem, er kann nichts sehen. Nachdem man ihm versichert hat, dass man ihn sehen und hören kann, beginnt der ukrainische Präsident seine Rede und beschreibt zunächst die Grauen des Krieges in seinem Land.

„Die Besatzungsverbände haben friedliche Zivilisten auf der Flucht getötet. Unsere Flüchtlinge zählen viele Kinder, die am Wegesrand aufgesammelt wurden, als sie neben ihren toten Eltern standen“, sagte Selenskyj.

„Sinnbild von Gemütlichkeit“

Er hat bereits zu einer ganzen Reihe von Ländern gesprochen. In jeder Rede ist er gezielt auf wichtige Fragen im jeweiligen Land eingegangen, hat Gefühle geweckt.

So auch bei der Übertragung nach Kopenhagen, bei der er die dänische Bevölkerung dazu auffordert, am Dienstag eine Kerze im Gedenken an die verlorenen Menschenleben in der Ukraine anzuzünden.

„Ich weiß, dass Kerzen in Dänemark ein Sinnbild von Gemütlichkeit sind. Das ist ein Leben, das für viele Menschen in der Ukraine zu einem Traum geworden ist, den man sich kaum noch vorstellen kann“, so der Präsident zum Abschluss seiner Rede.

Er nennt nicht direkt den 4. Mai, den Befreiungstag, aber fast jedes Kind in Dänemark kennt die Bedeutung einer Kerze im Fenster.

Vor dem Haupteingang zum Folketings wurden am Dienstag zwei Fackeln gezündet. Foto: Walter Turnowsky

Krieg und Klimapolitik

Über weite Strecken der Rede verbindet er Lob für die dänische Politik mit der Aufforderung, in der EU standhaft zu bleiben.

„Die Sanktionen gegen Russland müssen gestärkt werden. Wir müssen Nein zum russischen Öl sagen, wir müssen den Handel mit Russland blockieren. Wir müssen russische Schiffe beschlagnahmen. Das muss solidarisch in der Europäischen Union geschehen.“

Er verknüpft die Klimafrage mit der aktuellen Situation und fordert dazu auf, den grünen Umbau voranzutreiben.

„Die russische Aggression gegenüber der Ukraine und gegen alles, auf dem das Leben in Europa aufbaut, ist ein weiteres Argument, diese Umstellung zu beschleunigen.“

Hoffen auf Hilfe für Wiederaufbau

Für Selenskyj geht es auch darum, in seinen Reden Siegessicherheit auszustrahlen, zu vermitteln, dass Russland nicht gewinnen könne. Daher spricht er auch von der Zeit nach dem Krieg.

„Ich möchte bereits jetzt Dänemark dazu auffordern, an der Initiative zum Wiederaufbau der Ukraine nach dem Krieg teilzunehmen. Dänische Unternehmen, dänische Experten, der dänische Staat, all das benötigen wir. Ich fordere Dänemark dazu auf, die Leitung der Arbeit zum Wiederaufbau zu übernehmen“, so der ukrainische Präsident Wolodomyr Selenskyj.

 

 

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