Deutsche Minderheit

Neues Konzept: Kinder haben das Recht auf Mitbestimmung

Neues Konzept: Kinder haben das Recht auf Mitbestimmung

Neues Konzept: Kinder haben das Recht auf Mitbestimmung

Tondern/Tønder
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Die DKCT-Gesamtleiterin Ute Zander und ihr Team freuen sich über den neuen deutschen Kindergarten in Lügumkloster, der Anfang des Jahres bezogen wurde. Foto: Monika Thomsen

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In den drei deutschen Kindergärten und den zwei Freizeitclubs in der Kommune Tondern wird mit dem Demokratieverständnis gearbeitet. Feste Strukturen werden aufgebrochen.

Demokratieverständnis und Mitbestimmung. Das sind zwei Themen, mit denen verstärkt in den drei deutschen Kindergärten und den zwei Clubs (Schulfreizeitordnungen) in der Kommune Tondern (DKCT) gearbeitet werden soll. Diese Aufgabe stellt sich mit den in Dänemark gesetzlich vorgeschriebenen Lehrplänen.

In der Praxis sieht es so aus, dass es keine festen Kindergartengruppen mit einem eigenen Gruppenraum mehr gibt. Nur die Jüngsten von der Krippe bleiben unter sich. Ihnen wird ein gewisser Nestschutz eingeräumt. Die Tür in den Raum wird meistens geschlossen sein. Andere Kinder dürfen zu Besuch kommen und setzen ihr Symbol vor der Tür der Krippe, um ihr Kommen anzukündigen, erzählt DKCT-Gesamtleiterin Ute Zander.

 

Mit diesen Symbolen kündigen die Kinder im Kindergarten Lügumkloster ihren Besuch in der Kleinkindergruppe an. Foto: Monika Thomsen

Im Rahmen des offenen Konzepts dürfen die Kinder morgens selbst entscheiden, ob sie basteln, spielen, kochen oder ins Freie gehen wollen. Dieser Wahlvorgang setzt sich im Verlauf des Tages fort.

Kinder dürfen nicht alles bestimmen

„Man darf nicht glauben, dass die Kinder alles bestimmen dürfen und das Personal gar nichts mehr zu tun hat. Es muss auch Nein gesagt werden. Dann müssen wir Erwachsenen unsere pädagogischen Fähigkeiten einsetzen und dies erklären, wenn es nicht nach ihrem Kopf geht“, erklärt die erfahrene Pädagogin. „Aber sie sollen lernen, mitzustimmen, und es wird kein Pseudomitbestimmungsrecht sein.“

Die Kindergärten werden keine Gruppenräume mehr haben. Sie heißen künftig Funktionsräume. Der neue Kindergarten in Lügumkloster biete aufgrund seiner Einrichtung die besten Bedingungen für dieses Konzept und sei danach auch gebaut worden. Der neue Hort wurde Anfang des Jahres bezogen. 

Es wird kein Kind untergehen. Es ist auch spannend zu erleben, wie ein Kind förmlich aufblüht.

Ute Zander, DKCT-Gesamtleiterin

„Jedes Kind wird eine feste Bezugsperson haben, da auch die Entwicklungspläne ausgefüllt werden müssen“, berichtet die Gesamtleiterin. Die Erzieherin ist aus eigener Erfahrung eine große Fürsprecherin des offenen Konzepts. „Es wird kein Kind untergehen. Es ist auch spannend zu erleben, wie ein Kind förmlich aufblüht“, meint Zander, gesteht aber auch, dass es noch ausreichend Stolpersteine gebe. Der Lernprozess laufe, und dem Personal stehe auch ein Coach zur Seite.

Eltern und Kinder mit ins Boot holen

„Wir befassen uns seit eineinhalb Jahren mit dem offenen Konzept. Die Zeit des Herantastens haben wir hinter uns gebracht. Wichtig ist, Eltern und Kinder mit ins Boot zu nehmen.“

Das offene Konzept wurde bei den Elternversammlungen in Jeising (Jejsing), Lügumkloster (Løgumkloster) und Tondern thematisiert „Die Eltern waren interessiert und durchaus aufgeschlossen, obwohl es auch einige gab, die sich erst ihre Meinung darüber bilden müssen. Bei den Treffen wurde deutlich, dass sich die Elternschaft mehr Kommunikation wünscht. Diesem Wunsch werden wir entsprechen“, versicherte Zander.

Das offene Konzept stand auch beim pädagogischen Wochenende auf der Tagesordnung, das das DKCT-Team kürzlich im Tonderner Schützenhaus und am folgenden Tag im Kindergarten in Lügumkloster verbrachte.

Nach einer herausfordernden Pandemie-Zeit war das Zirkusfest des DKCT auf dem Knivsberg die erste große, gemeinsame Veranstaltung (Archivfoto). Foto: Privat

Geänderte Bedürfnisse der Kinder

In ihrem Jahresbericht ging sie darauf ein, wie wichtig dem DKCT gemeinsame Aktivitäten mit den deutschen Schulen in Tondern und Lügumkloster seien, nicht zuletzt, um gute Übergänge für die Kinder zu ermöglichen und Beziehungen zu schaffen. Für den DKCT sei auch die Zusammenarbeit mit der Pastorin in Tondern und den Pastoren, den Sozialdiensten und den örtlichen Vereinen von großer Bedeutung.

 

Beim Richtfest für den neuen Kindergarten in Lügumkloster feierten die Kleinen mit (Archivfoto). Foto: Monika Thomsen

Die Bedürfnisse der Kinder hätten sich im Laufe der vergangenen Jahre geändert. „Vor diesem Hintergrund haben wir unsere Alltagsstrukturen und das Gruppendenken geändert. Seit 2022 befinden wir uns auf der Reise in das offene Konzept. Wir wollen ansprechende, individuelle Lernmöglichkeiten für alle Kinder schaffen, in denen sie das Erleben von Mitbestimmung und Einfluss auf ihren Alltag kennenlernen.“

„Die pädagogische Kernaufgabe sehen wir darin, die deutsche Sprache und Kultur als einen selbstverständlichen Bestandteil des Alltags zu leben. Eingebunden in einem pädagogischen Lernumfeld ermöglichen wir den Kindern, die beste Ausgabe von sich selbst zu werden“, betonte Zander bei den Elternversammlungen.

Das Personal rotiert

Ute Zander ging auch auf das Rotieren des DKCT-Teams ein. Man bemühe sich mehr denn je darum, dass das Personal die Abteilungen wechseln kann. Dies geschehe aus unterschiedlichen Gründen wie Kinderzahl, Team-Herausforderungen, Kompetenzen, Weiterentwicklung und Erweiterung des Horizonts.

Im vergangenen Jahr habe man das System der Einführung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehr qualifiziert. Wichtig sei, dass neue Kräfte die DKCT-Pädagogik kennen und akzeptieren, sowie das Sprachenkonzept und sich selbst und ihren Arbeitsplatz als Teil der Minderheit zu sehen.

Die Kinder des Kindergartens in Lügumkloster bezogen Anfang des Jahres ihr neues Domizil (Archivfoto). Foto: Monika Thomsen

 

„Ich bin froh, dass wir den Eltern einen Betreuungsplatz in drei unterschiedlichen Einrichtungen anbieten können. Gerade in Jeising als unsere kleinste Abteilung haben wir sehr stabile, sogar eher steigende Kinderzahlen. Für viele Eltern ist gerade die Familieneinrichtung genau das Richtige.“

Herausforderung: Neue Kräfte finden

Eine Herausforderung für den DKCT sei, wie für dänische Einrichtungen, ausgebildetes Personal zu finden. Daher werde ungelerntem Personal die Teilnahme an einer Ausbildung ermöglicht.

Ein Dank an Mitglieder des früheren Hausvereins

Bei der Elternversammlung in Lügumkloster wurde drei Mitgliedern des aufgelösten Hausvereins – Matthias Alpen, Casper Hardegaard und Martin Bundesen – für ihren großen Einsatz gedankt. Sie hätten stets den Kindergarten unterstützt, auch wenn es um das finanzielle Fundament der Einrichtung ging, erklärte die Gesamtleiterin.

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