Kommentar zur Konstituierung

Hat sich der Frieden über den Stadtrat gesenkt?

Hat sich der Frieden über den Stadtrat gesenkt?

Hat sich der Frieden über den Stadtrat gesenkt?

Tondern/Tønder
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Der neue Stadtrat mit 14 neuen Kräften.Die anderen 17 schafften eine Wiederwahl. Foto: Jane Rahbek Ohlsen

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Wie geht es im Tonderner Kommunalrat weiter, wenn Jørgen Popp Petersen ab 1. Januar auf dem Stuhl des Bürgermeisters sitzt? Geht es im Konfrontationskurs weiter oder besinnen sich die Streithähne, der Zusammenarbeit eine Chance zu geben.

In scheinbar gelöster Stimmung konstituierte sich der neu gewählte Stadtrat am Donnerstagabend. Die Auseinandersetzungen der zu Ende gehenden Legislaturperiode und die Diskussionen von vor, während und nach der Wahlnacht waren vielleicht zu den Akten gelegt – zumindest für den Augenblick der Verteilung der politischen Ämter.

Es schien zumindest so. Denn in einem friedlichen und netten Ton ging die „Wahl“ von Bürgermeister Jørgen Popp Petersen vonstatten. Nicht einmal abgestimmt wurde, denn keine andere Partei hatte einen Gegenkandidaten vorgeschlagen. Anders in Apenrade, wo Venstre doch noch als letzten Versuch wagte, ihren amtierenden Bürgermeister Thomas Andresen ins Rennen zu bringen, wenn auch erfolglos.

Verständlich ist, dass Henrik Frandsen immer noch nicht verkraftet hat, dass er nach seinem großen Wahlsieg den Stuhl für Jørgen Popp Petersen räumen muss. Mit 3.760 persönlichen Stimmen und mit neun Mandaten für die von ihm mitbegründeten Tønder Listen war Frandsen zumindest auf dem Papier der Gewinner der Wahl.

Auf welchem Kurs befindet sich der Stadtrat. Kapitän ist Jørgen Popp Petersen. An seiner Seite hat er seine Steuerfrau Louise Thomsen Terp. Foto: Jane R. Ohlsen

Sein regungsloser Gesichtsausdruck bei der Konstituierung sprach Bände. Er verzog keine Miene, als er zwar nicht als „Hinterbänkler", aber im Kreis seiner Fraktion Platz nehmen musste. Er hat sich bei der Konstituierung aber wichtige Plätze sowohl im Finanzausschuss als auch im neuen Ausschuss für Klima und Wirtschaft gesichert.

Nicht nur er, sondern auch einige Medienvertreter haben die Zeichen vor der Wahl nicht erkannt, dass es beim Bündnis kleinerer Parteien mit einer etwas größeren Fraktion zu einer Absetzung Frandsens kommen könnte. Dass es dann letztendlich sowohl mit den Sozialdemokraten als auch mit Venstre wurde, ist vermutlich dem hervorragenden Wahlergebnis der Bürgermeisterpartei geschuldet. Dann lieber noch eine Partei ins Boot holen, um die nötige Mehrheit und das erklärte Ziel zu erreichen, Frandsen aus dem Spitzenamt zu kippen.

Der Schachzug gelang, der schon vor dem Wahlabend als eine Art Generalprobe inszeniert worden war. Entsprechend brüsk antwortete Frandsen, als er das Rathaus nachts verließ. Die „Verbündeten“ hätten der Tønder Listen keine Gespräche angeboten. Also ein abgekartetes Spiel.

Henrik Frandsen und seine Parteikollegin Anita Uggerholt Eriksen auf dem Weg zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses. Neun Mandate wurden geholt. Es sah nach einem sicheren Sieg aus. Foto: Jane R. Ohlsen

Da hat er natürlich recht. Er ist nicht neu in der Politik und muss die Spielregeln kennen. Man muss der Niederlage ins Auge sehen. Frandsen als großer Gewinner wurde am Morgen des 17. November zum großen Verlierer. Wäre es nicht zum parteiinternenen Zerwürfnis bei Venstre gekommen, hätte man 15 Mandate gewonnen. Nur eines fehlte für die absolute Mehrheit.

Wie der 60-jährige Frandsen diese Niederlage in den kommenden vier Jahren wegsteckt, wird interessant. Schlägt er den knallharten Konfrontationskurs ein? Sein „Gegner“ Martin Iversen, Venstres Bürgermeisterkandidat und kommender 1. Vizebürgermeister, muss erst das politische Geschäft lernen. Beide Streithähne sitzen sowohl im Finanzausschuss als auch im Klima-/Wirtschaftsausschuss. Wie es dort mit der Zusammenarbeit aussehen wird, bleibt dem Normalsterblichen verborgen. Es wird sich dann bei den öffentlichen Stadtratssitzungen zeigen.

Jørgen Popp Petersen hat den Bürgermeisterplatz eingenommen und darf die Glocke bedienen. Rechts Kommunaldirektor Lars Møldrup, links Stadtratssekretärin Merete Torré Lauridsen Foto: Jane Rahbek Ohlsen

Ohne den Wahlerfolg, den Einsatz und die Beliebtheit von Jørgen Popp Petersen zu schmälern, ist seine Wahl zum Bürgermeister zum großen Teil dem  internen Zoff bei Venstre zu verdanken. Sonst hätte es auch der beliebte und fähige Vertreter der Schleswigschen Partei wohl nicht geschafft, den Bürgermeisterposten zu erobern. Die SP hat die Gunst der Stunde erkannt und klug genutzt und mit Jørgen Popp Petersen einen Mann gefunden, der dieses Amt fachlich und menschlich ausfüllen kann.

Die Erwartungen an ihn sind hoch, auch außerhalb des Rathauses. Dass er die Rolle als Dompteur bei der Bändigung von Streithähnen und -hennen übernehmen muss, ist ihm nicht zu wünschen. Dafür wünschen auch wir Popp Petersen Geschick, Ausdauer, Fingerspitzengefühl und eine glückliche Hand.

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