Geschichte

Tonderns maritime Vergangenheit tauchte unverhofft auf

Tonderns maritime Vergangenheit tauchte unverhofft auf

Tonderns maritime Vergangenheit tauchte unverhofft auf

Tondern/Tønder
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Um die 20 Meter der Hafenmauer sind freigelegt worden. Foto: Monika Thomsen

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Die Front des 1934 zugeschütteten Hafens ist im Zuge der Arbeiten für die Anpassung an den Klimawandel freigelegt worden. Das Museum erwartet eine Schutzmaßnahme. Wie sollen die Spuren der Vergangenheit der Nachwelt vermittelt werden?

Auf der Schiffbrücke (Skibbroen) in Tondern treffen diese Tage die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft aufeinander. Bei den maschinellen Arbeiten, die Wiedaustadt für den Klimawandel mit stärkeren Niederschlagsmengen zu rüsten, stieß das örtliche Tiefbauunternehmen Kjelkvist auf Spuren des 1934 zugeschütteten Hafens.

„Ein beeindruckendes Bauwerk"

„Es ist nicht jeden Tag, dass man einen Hafen findet. Es handelt sich um ein beeindruckendes Bauwerk, das vor 250 Jahren anhand der damaligen Ingenieur-Kunst entstanden ist“, berichtet der Archäologe Anders Hartvig, von der archäologischen Abteilung von Museum Sønderjylland in Hadersleben (Haderslev), mit Blick auf den freigelegten oberen Teil der betagten Mauer auf einer Länge von etwa 20 Metern.

Es ist nicht jeden Tag, dass man einen Hafen findet. Es handelt sich um ein beeindruckendes Bauwerk, das vor 250 Jahren anhand der damaligen Ingenieur-Kunst entstanden ist.

Anders Hartvig, Archäologe

„Auf einem großen Stein ist die Jahreszahl 1761 eingemeißelt. Es sieht danach aus, dass der Hafen zu diesem Zeitpunkt angelegt wurde. Auf der Grundlage von Pfählen wissen wir, dass es bereits im 16. Jahrhundert an dieser Stelle Leben gab“, erläutert er weiter.

Die Jahreszahl 1761 verbindet Archäologe Anders Hartvig mit dem Bau des Hafens aus Stein und 1868 mit Reparaturarbeiten. Foto: Anders Hartvig

„Die Sandschichten mit Torfresten, auf die wir gestoßen sind, geben darüber Aufschluss. Bei der großen Mandränke 1634 stand Wasser stand damals bei Tønderhus bis zu den Fenstern und auch Hamburg und Ripen waren überflutet“, so der Archäologe.

Die Jahreszahl 1878 verbindet der Archäologe mit Reparaturen am Hafen. „Es gab damals einen riesigen Kanal, durch den zusätzliches Wasser hereingeführt wurde“, berichtet er.

Von den Schiffen in Ruttebüll (Rudbøl) oder Hoyer (Højer) sei der Transport mit Lastenkähnen nach Tondern erfolgt.

Das Ende der Hafen-Ära

1934 sei der Kanal geschlossen und der Hafen zugeschüttet worden. Die damaligen Handwerker haben auch dieses Ereignis mit einer Jahreszahl im Eingang zum Tunnel fixiert.

„Viele Leute haben gesagt, dass damals viel entfernt und weggegraben worden ist. Wir haben wiederholt nach dem Hafen gesucht, ohne ihn zu finden. Wir hatten auch nicht erwartet, dass wir ihn jetzt finden würde. Er befindet sich in einer schönen Verfassung und sieht aus wie aus den Bildern“, sagt der Archäologe zu dem besonderen Fund.

„Der Hafen ist ja für die Stadt Tondern eine Form der Identität“, sagt er.

1934 wurde der Tunnel auf dem Hafengelände zugemauert Foto: Anders Hartvig

Ein spannender Fund

In den verschiedenen Kulturschichten sei sichtbar, dass die Stadt expandiert sei, indem man mit Unrat aufgefüllt und darauf gebaut hat. „Das ist ein sehr bekanntes Phänomen“, berichtet Hartvig.

„Es ist spannend, so etwas zu finden. Ich hoffe, dass die Kommune eine gute Lösung findet, um die Hafenmauer zu erhalten und nicht eine Billigausgabe“, sagt Thomas Carstensen. Der Kjelkvist-Mitarbeiter war beim Ausbuddeln für eine Abwasserleitung zu dem Relikt vorgestoßen.

 

Archäologe Anders Hartvig und Kjelkvist-Mitabeiter Thomas Carstensen an der Schiffbrücke Foto: Monika Thomsen

Verglasung erwünscht

Er hofft auf eine sichtbare Lösung mit einer Glasüberdeckung und nicht nur eine Markierung anhand von Fliesen.

„Entsprechende Beispiele gibt es in Ripen und in anderen Fußgängerzonen, wo man auf verglasten Ruinen gehen kann“, erläutert Anders Hartvig.

„Erst stießen wir auf den Tunnel. Der hat einen Durchmesser von zwei Metern“, so Carstensen.

Die Funde haben großes Interesse bei der Bevölkerung hervorgerufen und viele Interessierte kommen vorbei. Der Archäologe verweist aber darauf, dass man die Absperrung mit dem Bauzaun respektieren muss, die aus Sicherheitsgründen angebracht ist.

Die maschinellen Arbeiten ruhen im Umfeld der Fundstellen. Foto: Monika Thomsen

Schloss- und Kulturbehörde hat das Sagen

Nach dem Fund hat Museumsinspektorin Tenna Rejnholt Kristensen von der archäologischen Einheit des nordschleswigschen Museumsverbandes die staatliche Schloss- und Kulturbehörde eingeschaltet.

„Ich erwarte, dass die Behörde den Fund unter Schutz stellen wird, damit es für die Nachwelt erhalten ist. Der Hafen ist für die Geschichte Tonderns von Bedeutung. Sie nehmen die Einschätzung auf der Grundlage des von uns erstelltem Materials vor“, erläutert Tenna R. Kristensen.

Eine unterirdische Schutzmaßnahme sei eine Möglichkeit, so die Museumsinspektorin.

Tiefbauarbeiter Thomas Carstensen stieß zunächst auf den unterirdischen Tunnel, wo der Kanal vor knapp 90 Jahren seinen Lauf hatte. Nach einer gezielten Suche folgte einige Tage später die Hafenmauer. Foto: Monika Thomsen

Wie geht es weiter?

Wie das Relikt vermittelt werden soll, diese Entscheidung obliegt der Kommune Tondern als Bauherr, wie von Tenna Kristensen zu erfahren ist.

„Wenn irgendetwas gemacht werden soll, muss es auf politischer Ebene aufgenommen werden. Ich bin der Auffassung, dass in diesem Fall der zuständige Ausschuss für den Stadtkern (Midtbyudvalget) einberufen werden sollte“, sagt Bürgermeister Henrik Frandsen (Tønder Listen) auf Anfrage. Noch sei aber niemand deswegen bei ihm vorstellig geworden. Er ist Vorsitzender dieses Gremiums.

„Wenn es eine Anfrage gibt, können wir den Ausschuss einberufen“, so Frandsen. Er würde die Initiative für eine Einberufung nicht aus eigenem Antrieb ergreifen. Er weist darauf hin, dass er nur bis Jahresende Vorsitzender von „Midtbyudvalget“ ist, bevor dieser Posten an seinen Nachfolger Jørgen Popp Petersen (Schleswigsche Partei) geht.

Einberufung beantragt

Als der „Nordschleswiger" Jørgen Popp Petersen am späteren Nachmittag erreicht, berichtet er, dass er Frandsen am frühen Nachmittag schriftlich gebeten hat, den Ausschuss einzuberufen, nachdem er bereits am Vortag wegen der Sache vorgefragt hatte.

„Ich möchte gerne, dass der Ausschuss für den Stadtkern zusammentritt, damit wir prüfen können, ob wir die historischen Funde in einer Lösung integrieren können", erläutert Jørgen Popp Petersen.

Im Vorfeld habe der Ausschuss beschlossen, dass der Verlauf des Hafenkais auf dem Belag entsprechend wie die Berliner Mauer markiert werden sollte.„Die neuen Erkenntnisse erfordern aber, dass wir uns der Sache neu annehmen und über eine Lösung beraten", so Tonderns Bürgermeister ab 1. Januar.

 

 

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