Umfrage

Einsamkeit macht auch der Jugend in Nordschleswig zu schaffen

Umfrage: Auch Jugendliche in Nordschleswig fühlen sich einsam

Umfrage: Auch Jugendliche in Nordschleswig sind einsam

Carlotta Miede
Carlotta Miede
Apenrade/Aabenraa
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Gerade in ihrer Freizeit fühlen sich die Jugendlichen der deutschen Minderheit einsam (Symbolbild). Foto: Marle Liebelt

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2021 hat die Einsamkeit unter Jugendlichen in Dänemark erstmals seit zehn Jahren ihren Höchstwert erreicht. Eine Umfrage des „Nordschleswigers" zeigt, dass das Thema auch die Jugend der Minderheit beschäftigt.

Das Nationale Gesundheitsprofil von 2021 zeigt, dass eine von vier jungen Frauen und einer von fünf jungen Männern zwischen 16 und 24 Jahren mit Einsamkeit zu kämpfen hat. Es ist der bisherige Höhepunkt der seit zehn Jahren kontinuierlich steigenden Zahl an jungen Menschen, die sich ungewollt allein fühlen. 2021 war eines der Corona-Hochjahre – das kann die Daten beeinflusst haben. Der Trend ist trotzdem offensichtlich: Immer mehr junge Menschen kämpfen mit Einsamkeit.

Fühlen sich die Jugendlichen aus Nordschleswig allein?

Zu den Orten des Zusammentreffens für die Jugend der deutschen Minderheit gehört das Deutsche Gymnasium für Nordschleswig in Apenrade. Hier verbringen etwa 190 Schülerinnen und Schüler gemeinsam drei Jahre, in denen sie sich auf das Abitur vorbereiten. Sie fallen mitten in die Altersspanne der jungen Menschen, die in der Datenerhebung 2021 untersucht wurden.

Einer nicht repräsentative Umfrage am DGN mit 81 Teilnehmenden zufolge fühlen sich 42 Prozent der Schülerinnen und Schüler, die an der Untersuchung teilgenommen haben, während des Schulalltags nicht einsam. Etwa ein Viertel fühlt sich ab und zu einsam während der Schulzeit. Dabei geben etwa 90 Prozent an, dass sie Freundschaften innerhalb der Schule haben. 

Strategien zur Einsamkeitsbewältigung

Auch für die Jugend in nordschleswig ist Ablenkung das Mittel der Wahl, wenn sich die Einsamkeit bemerkbar macht. Die Jugendlichen hören Musik, treiben Sport, beschäftigen sich digital, schlafen oder suchen Kontakt zu Familie und Freunden.

 

In der Freizeit ein größeres Problem

Einsamer als in der Schule sind die jungen Leute in ihrer Freizeit. Ein Drittel fühlt sich außerhalb der Schulzeit alleine, auch wenn jeweils ein Drittel seine Freizeit „ab und zu“ oder „häufig“ mit Freundinnen und Freunden verbringt. Zusätzlich wohnen die meisten in der Stadt oder in Dörfern, wo Freundschaften einfacher zu pflegen sind, als für diejenigen, die noch ländlicher wohnen.

Die Jugendlichen wollen keine Hilfe

Die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums möchten mehrheitlich keine Hilfe. Auf die Frage, was sie sich von Freunden, Familie oder Schule in dem Zusammenhang wünschen, antwortet eine Teilnehmerin: „Nichts, da das Gefühl von innen kommt, habe ich das Gefühl, dass nur ich es wieder auflösen kann. Alles andere würde sich aufgezwungen anfühlen. Wenn ich mich einsam fühle, muss es nicht unbedingt heißen, dass ich alleine bin, viel eher, dass ich zum Beispiel Probleme habe, die andere nicht verstehen oder nachvollziehen können. Daran kann auch niemand was ändern.“

Ein anderer Befragter bemerkt, dass seine Freunde dagegen von alleine helfen würden und er deswegen keine externe Hilfe benötige. Denn erzwungene Hilfe habe selten den gewünschten Effekt. Zwei Drittel der Befragten verbringen ihre Freizeit regelmäßig mit Freundinnen und Freunden.

 

Eine Jugendliche wünscht sich: „Weniger Stress, sodass sich die eigenen Erwartungen nicht noch erhöhen. Man setzt sich unter einen Druck, den man sonst nicht hat und steckt Zeit, die man sonst auch mit Freunden verbringen könnte, in diese Dinge.“

Das könnte zum Beispiel durch bessere Hausaufgabenbetreuung gelöst werden oder durch weniger Hausaufgaben generell. Auch außerschulische Aktivitäten könnten helfen, die Einsamkeit zu reduzieren.

 

Wie fühlt sich Einsamkeit an?

Emil (Name von der Redaktion geändert) ist 17 Jahre alt und geht in die elfte Klasse des DGN. Auch er ist einer von den Jugendlichen, die von Einsamkeit betroffen sind.

Kronprinzessin Mary reagiert auf Einsamkeits-Höchstwert

Die Stiftung „Mary Fonden“ von Kronprinzessin Mary, die sich gegen gesellschaftliche Ausgrenzung in Dänemark einsetzt, nimmt das Ergebnis des Gesundheitsprofils von Dänemark zum Anlass, das Pilot-Projekt „Lift“ ins Leben zu rufen.

 

Mithilfe eines Fragebogens sollen die Betroffenen zwischen 16 und 20 Jahren identifiziert werden, und ihnen soll individuelle Hilfe angeboten werden. „Das Programm basiert auf der Idee, dass es verschiedene Formen von Einsamkeit gibt und dass die betroffenen jungen Menschen so unterschiedlich sind, wie jeder andere junge Mensch auch“, heißt es in einer Pressemitteilung der Organisation.

Die Jugendlichen zu identifizieren sei nicht so leicht, denn manche fühlten sich auch einsam, obwohl sie sich regelmäßig mit Freundinnen und Freunden träfen. Andere würden sich zurückziehen und isolieren. Deswegen seien individualisierte Hilfestellungen und „Mitfahrgelegenheiten“ so wichtig. Jede und jeder Einzelne solle sich mitgenommen fühlen. Dass Jugendliche sich trotz Sozialkontakten einsam fühlen können, zeigen auch die Umfrageergebnisse des Deutschen Gymnasiums für Nordschleswig.

 

Das Projekt startet erstmals in den Kommunen Vejle, Esbjerg und Ballerup. Sollte es erfolgreich sein, wird die Initiative auf ganz Dänemark ausgeweitet. 

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